Am Donnerstag, 31. Januar, war es endlich so weit: Mit drei Jahren Verspätung wurde der 5. Frauenförderbericht der Sächsischen Regierung veröffentlicht. Und das auch erst, nachdem die Linksfraktion mithilfe eines Antrages Druck gemacht hatte. „Sonst wäre der Bericht wohl verschleppt worden, bis die Vier-Jahresfrist abgelaufen und bereits der 6. Bericht anzufertigen gewesen wäre“, sagt Sarah Buddeberg.

Sie ist die Sprecherin für Gleichstellungs- und Queerpolitik in der Linksfraktion im Landtag.

„Die verwendeten Daten stammen mithin von 2015“, sagt sie. „Schon jetzt ist der Bericht veraltet. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Staatsregierung geltendes Recht missachtet und Instrumente ungenutzt lässt, um die Situation für Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.“

Eine der zentralen Erkenntnisse des nicht einmal mehr aktuellen Berichts lautet: „Somit gilt, dass die im Vierten Frauenförderungsbericht festgestellten geschlechtsspezifischen horizontalen und vertikalen Ungleichheiten nach wie vor vorhanden sind, wobei weibliche Beschäftigte in den höchsten Führungspositionen, Laufbahn- sowie Entgeltgruppen unterrepräsentiert sind. Im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen kann damit keine hinreichende Öffnung der Karrierewege für Frauen festgestellt werden.“

Für Sarah Buddeberg zeigt der Bericht, der tatsächlich zwei Jahre lang unveröffentlicht in der Schublade lag: „In Sachen Gleichstellung kriecht Sachsen wie eine Schnecke. Die Landesregierung nimmt Ungleichheit und strukturelle Diskriminierung von Frauen einfach hin. Deshalb ist es eine Katastrophe, dass die Regierungskoalition – trotz der Vereinbarung im Koalitionsvertrag – nicht in der Lage ist, das Gleichstellungsgesetz zu überarbeiten.

Ministerin Köpping hat selbst gesagt, dass der Bericht deutlich mache, wie wichtig das Gesetz ist. Dabei war das schon ‚nur‘ ein Minimalkompromiss, den der Gleichstellungsbeirat mitgetragen hätte, obwohl er eigentlich eine verpasste Chance war. Doch nicht einmal das will die CDU mittragen. Sie findet es offensichtlich nicht weiter schlimm, wenn Menschen aufgrund ihres Geschlechts ungleich behandelt werden. Dabei müsste gerade der öffentliche Dienst Verantwortung übernehmen und seiner Vorbildfunktion gerecht werden!“

Da passt dann wie die Faust aufs Auge die Nachricht vom Donnerstag, dass der Landtag von Brandenburg die Parteien verdonnert, künftig nur noch paritätisch besetzte Wahllisten aufzustellen.

„Brandenburg hat als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, das von Parteien bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer auf den Listen verlangt. Der Landtag votierte in Potsdam mit den Stimmen der rot-roten Regierungsfraktionen und den Grünen für die Änderung des Wahlgesetzes. Die Regelung tritt im Sommer 2020 in Kraft und damit erst nach der anstehenden Wahl“, berichtete die „Zeit“.

Denn dass sich Männerdominanz in Behörden und Regierungen manifestiert, hat eben damit zu tun, dass Männer auch bei einigen Parteien die Wahllisten dominieren. Sie setzen ihre Themen um und sie sorgen dafür, dass Männer in die Entscheidungspositionen gewählt werden. Egal, ob sie für das Amt befähigt sind oder nicht.

„Dass die CDU ein wirkungsvolles Gleichstellungsgesetz blockiert, ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen in Sachsen, die sich für gleiche Rechte engagieren“, sagt Buddeberg. „Jetzt muss wenigstens unmittelbar der nächste Bericht in Auftrag gegeben werden, damit endlich bald ein aktuelles Papier vorliegt. Die Landesregierung muss aber schon vorher handeln!“

Unterstützung bekommt sie von Katja Meier, gleichstellungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

„Die Ergebnisse des Berichts sind nicht überraschend. Seit dem letzten Bericht stagniert der Anteil von Frauen in Führungspositionen. In manchem Ressort sinkt er sogar mittlerweile. Angesichts dessen müssen jetzt in allen Ministerien die Alarmglocken ununterbrochen schrillen. Der Freistaat muss seinen Beschäftigten attraktive Arbeitsbedingungen bieten können, um im Wettbewerb um guten Nachwuchs zu bestehen. Dazu gehören auch Karriereförderung für Frauen und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, benennt Meier das eigentlich Selbstverständliche, das aber augenscheinlich in Sachsen an der Selbstüberschätzung der etablierten Männer abprallt.

„Der Bericht war bereits im Jahr 2016 fällig. Das könnte noch erklären, warum mittlerweile völlig veraltete Daten mit Stand 2015 verwendet werden. Das beantwortet aber nicht die Frage, warum Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD) erst Anfang 2017 die Zuarbeiten der anderen Ministerien eingefordert hat. Dass diese Zuarbeiten dann noch zwei Jahre auf sich warten ließen zeigt, dass der Staatsregierung offensichtlich alles andere wichtiger ist als die Förderung fähiger Frauen im öffentlichen Dienst des Freistaats Sachsen.“

Es sei nun einmal keine Hexerei, zu berichten, wie die Frauenförderpläne der einzelnen Dienststellen umgesetzt wurden und welche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, zur Unterstützung von Frauen beim beruflichen Aufstieg oder zur Stärkung der Arbeit der Frauenbeauftragten ergriffen wurden.

„Hier liegt etwas grundsätzlich im Argen“, sagt Meier. „Die Bemühungen um die Gleichstellung sind in den einzelnen Dienststellen sehr unterschiedlich. Das liegt an der fehlenden Verbindlichkeit des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes. Bleibt die Dienststellenleitung untätig, bleibt das unsanktioniert. Frauenbeauftragte haben keine Beschwerde- oder gar Klagerechte.

Das Gesetz ist ein zahnloser Tiger. Dieser untragbaren Situation hätte der Sächsische Landtag im November 2018 effektiv abhelfen können. Jedoch lehnte die Koalition aus CDU und SPD den Entwurf für ein modernes Gleichstellungsgesetz der Grünen-Fraktion, das die Missstände wirksam bekämpft hätte, ab. Dass die Koalition nicht einmal einen eigenen Gegenentwurf zustande gebracht haben, ist nicht nur peinlich. Es passt auch ins Gesamtbild.“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar