Einen ziemlich dicken Hund hat jetzt netzpolitik.org aufgedeckt. Denn bislang gab es in Sachsen noch eine winzige Möglichkeit, Zahlen zu den Sicherungsleistungen für die Braunkohletagebaue zu bekommen – über den Landesrechnungshof. Ein Weg, den Greenpeace nutzen wollte und den jetzt die sächsische Regierungskoalition durch eine flotte Änderung im Umweltinformationsgesetz (UIG) verbaut hat.

In den Verhandlungen für den Haushalt 2019/2020 wurde Mitte Dezember 2018 durch einen Änderungsantrag der CDU/SPD-Koalition auch das Sächsische Umweltinformationsgesetz (UIG) geändert. Nunmehr ist der Sächsische Rechnungshof gesetzlich von der Pflicht ausgenommen, Auskunft über Umweltinformationen zu erteilen. Der war der sächsischen Regierung in den letzten Jahren sowieso oft zu neugierig geworden, wenn es um all die seltsamen Versuche des Landes geht, sich als Unternehmer zu betätigen.

Die wahren Hintergründe für diese Änderung wurden jedoch erst jetzt offenkundig. Wie netzpolitik.org berichtet, handelte es sich offenbar nicht nur um eine Formsache, sondern um einen gezielten Vorstoß im Zusammenhang mit einer von Greenpeace bereits 2017 gegenüber dem Rechnungshof verlangten Auskunft zum Sonderbericht „Festsetzung von Sicherheitsleistungen im Rahmen bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen“.

Um Informationen zu diesen Sicherheitsleistungen der beiden in Sachsen tätigen Bergbaukonzerne hatten sich auch Linke und Grüne immer wieder vergeblich bemüht. Denn die Höhe dieser Sicherheitsleistungen entscheidet darüber, ob die Bergbauunternehmen nach Ende des Kohlebergbaus überhaupt in der Lage sind, die geschundene Landschaft wieder zu reparieren – oder ob dann wieder der Steuerzahler für die Bergbaufolgekosten aufkommen muss.

Das Ersuchen von Greenpeace war abgelehnt worden. Dagegen ist derzeit eine Klage durch Greenpeace am Verwaltungsgericht anhängig. Mit der Gesetzesänderung bekommt das Klageverfahren eine neue Wendung mit Folgen für die Erfolgsaussichten.

„Es ist ein unglaublicher Vorgang. Offenbar ist die Aufrechterhaltung der sächsischen Verschleierungstaktik in Bezug auf die Folgekostenrisiken der Braunkohle in so hohem Maße Staatsräson, dass den Abgeordneten zu diesen Zweck sogar Gesetzesänderungen untergejubelt werden“, kommentiert Dr. Gerd Lippold, energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, diesen Vorgang.

„Soll ein Abgeordneter sein Mandat wirkungsvoll ausüben, müssen ihm im parlamentarischen Prozess die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen unterbreitet werden. Nur so kann er sich ein eigenes Urteil zu den Intentionen und Wirkungen von Gesetzesänderungen bilden. Die hier im Rahmen des Haushaltsverfahrens vollzogene Gesetzesänderung hat direkte Auswirkungen auf ein konkretes anhängiges Gerichtsverfahren und führt zu einer wesentlichen Schlechterstellung einer Prozesspartei. Das ist eine ‚Lex Greenpeace‘, die ihre Ursache in der seit Jahrzehnten in Sachsen üblichen ‚Lex Braunkohle‘ hat.“

Im Übrigen war auch innerhalb des Landtags der Umgang mit dem Sonderbericht „Festsetzung von Sicherheitsleistungen im Rahmen bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen“ durchaus von Besonderheiten geprägt. So war er für die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr nur unter Aufsicht im Ausschusssekretariat einsehbar. Sogar eigene Notizen hatten dort in einem verschlossenen Umschlag zu verbleiben. Die Begründung für die strikte Geheimhaltung war, im Sonderbericht gehe es auch um schützenswerte Unternehmensinterna.

Die Grünen waren der Auffassung, dass das in dem Berichtsteil, in dem es um Sicherheitsleistungen im Bereich des Braunkohletagebaus ging, nicht nachvollziehbar sei. Sie hatten eine Aufhebung der Geheimhaltung für die Teile des Berichtes beantragt, die solche Unternehmensinterna nicht enthalten. Das ist nach nochmaliger Befassung im sächsischen Rechnungshof abgelehnt worden.

„Durch Verschweigen der wahren Gründe für die Änderung des UIG – nämlich die Verhinderung der Auskunftserlangung über Umweltinformationen in einem ganz konkreten Fall – wurden die Mitglieder des Landtags bewusst im Unklaren darüber gelassen, was ihre Entscheidung für Folgen hat. Damit wurde ihr Recht auf gleiche Teilhabe am Prozess der parlamentarischen Willensbildung in unerträglicher Weise verletzt“, kritisiert Lippold. „Es muss niemanden mehr wundern, dass CDU und SPD das in ihrer Koalitionsvereinbarung vereinbarte Informationsfreiheitsgesetz in dieser Wahlperiode nicht mehr vorlegen wollen. Transparenz gehört einfach nicht zum Gedankengut der CDU/SPD-Koalition in Sachsen. Das von meiner Fraktion vorgelegte Transparenzgesetz wurde im September 2018 von der Koalition abgelehnt.“

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