Die Diskussion um die Leipziger Forstwirtschaftspläne ebbt nicht ab. Sie scheinen so überhaupt nicht in eine Zeit zu passen, in der Pflanzen- und Tierwelt massiv unter menschlichen Einflüssen leiden. Nicht nur der Sommer, auch die Winterstürme haben dem sächsischen Wald schon zugesetzt. Und die Bäume stürzten zu Tausenden um – im Wirtschaftswald. Höchste Zeit, so fordern die Grünen, dass mehr Wald wieder sich selbst überlassen wird und gesunden kann.

Die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag will deutlich mehr Wildnisgebiete in sächsischen Wäldern zulassen und damit die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt umsetzen. Ein entsprechender Antrag steht am Freitagabend, 14. Dezember, auf der Tagesordnung des Landtags.

„Bis zum Jahr 2020 soll der Rückgang der biologischen Vielfalt aufgehalten und der Trend umgekehrt werden. Das gilt auch für den Wald. Die auszuweisenden Waldschutzgebiete müssen dabei eine Flächengröße von mindestens 20 Hektar aufweisen. Nur so können Waldinnenstrukturen langfristig ausgebildet werden.

Neben den Hauptwaldgebieten sind kleinere naturbelassene Wälder für die Vernetzung der waldbewohnenden Arten als sogenannte Trittsteine unerlässlich, um den genetischen Austausch sicherzustellen“, erläutert Wolfram Günther, Fraktionsvorsitzender und Umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Sächsischen Landtag.

Ein kleiner Teil der sächsischen Wälder wird schon so naturbelassen. Im Fachdeutsch nennt sich das Prozessschutz. Was eben bedeutet: Hier werden die natürlichen Regenerationsprozesse des Waldes geduldet. Kein Förster greift ein, niemand versucht, eine künstliche Waldgesellschaft herzustellen.

Der Wald entwickelt wieder seine eigene – dem Standort angepasste – Lebensgemeinschaft. Das ist in der Regel eine artenreiche Gesellschaft und zum anderen eine sehr stabile, völlig verschieden von den nach wie vor dominierenden Monokulturen in Sachsen.

Und da das oft auch typische Rückzugsräume sind für alle die flatternden und krabbelnden Lebewesen, die derzeit auch in Sachsen massiv bedroht sind und aus exzessiv bewirtschafteten (Landwirtschafts-)Flächen regelrecht vertrieben werden, entstehen so auch wichtige Räume des Artenschutzes.

Die Grünen hatten den Wirtschaftsbetrieb Sachsenforst, der in Sachsen auch für die Wälder in Naturschutzgebieten zuständig ist, schon mehrfach für seine sehr technisierte Art der Waldbewirtschaftung kritisiert. Auch bei Sachsenforst dominieren Nutzholzkubikmeter die Berichterstattung.

„Der sogenannte ‚integrative Naturschutz‘, bei denen der Staatsbetrieb Sachsenforst inmitten des Wirtschaftswaldes Biotope anlegt bzw. belässt, kann keine umfassenden Schutzfunktionen und hochwertigen Lebensräume bieten. Das können nur echte Wildnisbiotope“, kritisiert Wolfram Günther.

Und er hätte so auch die Leipziger Sicht auf den dortigen Stadtwald kritisieren können. Forstwirtschaftsbetriebe haben nun einmal eine völlig andere Sicht auf Wald als zum Beispiel Landschafts- und Naturschützer oder (soweit vorhanden) die staatlichen Behörden, die sich um Umweltschutz kümmern sollen.

„Ein besonderes Augenmerk muss auf den Arten liegen, die an die Alters- und Zerfallsprozesse im Wald gebunden sind. Diese sind besonders gefährdet und haben nur in den ‚Urwäldern von morgen‘ eine Chance. Der Waldumbau hin zu altersgemischten einheimischen Beständen ist als Vorleistung für eine Wildnisentwicklung unerlässlich. Der Schutz von reinen Fichtenforsten ist nicht zielführend“, betont Günther.

„Das Ziel, den Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten und diesen Trend auch im Wald umzukehren, verfehlt Umweltminister Thomas Schmidt, solange der Wald wie bisher für die Holzernte genutzt wird und der Naturschutz nur das Nebenprodukt ist.“

Mindestens 10 Prozent der Landeswälder in Sachsen sollten eigentlich zu solchen Prozessschutzflächen werden – auch weil der Gesetzgeber annahm, dass private Waldbesitzer sich schwertun würden, auch nur 54 Prozent ihrer Waldfläche aus der Bewirtschaftung zu nehmen – was freilich die Landeshauptstadt Dresden getan hat. Dort hat man das Thema schon aufgegriffen. Die Prozessschutzflächen im Leipziger Auwald sind hingegen verschwindend gering und entsprechen nicht wirklich der angestrebten Schutzfunktion eines „Natura 2000“-Gebietes.

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