Ist Sachsen auf solche Hitzewellen eigentlich vorbereitet, wie sie Europa im Jahr 2018 in Atem hielten? Nicht wirklich, finden die Grünen im Sächsischen Landtag, nachdem sie eine sehr ausführliche Antwort von Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) bekommen haben. Denn das Problem der Landesregierung ist: Sie hat einfach keine Zahlen. Und sie bemüht sich auch nicht darum, welche zu bekommen.

Die Grünen verweisen dabei auf die Stadt Dresden, die aktuelle Zahlen veröffentlicht hat, wonach die Stadt den heißesten und trockensten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt hat. Das Melderegister, d. h. die kommunale Statistikstelle, hat den Monatsdurchschnitt aus den vergangenen zehn Jahren errechnet. Im August 2018 sind 517 Menschen gestorben. Das sind 112 Todesfälle mehr als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Aber welche Konsequenzen zieht nun die Staatsregierung aus dem Hitzesommer 2018 für den künftigen Gesundheits- und Bevölkerungsschutz in Sachsen? Volkmar Zschocke, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, hatte dazu ein paar Kleine Anfragen eingereicht.

„Mit Blick auf die Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel bleibt die Staatsregierung weitgehend inaktiv“, fasst Zschocke die Antworten von Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) auf seine Anfragen zusammen. „Risikogebiete für gesundheitliche Hitzebelastung werden nicht systematisch erfasst, Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit bei Hitzewellen nicht zentral koordiniert.“

Die Grünen-Landtagsfraktion hatte bereits im Jahr 2016 in einem Antrag gefordert, dass Sachsens Staatsregierung die im Jahr 2008 im „Aktionsplan Energie und Klima“ beschlossenen Klimaanpassungsmaßnahmen endlich umsetzten muss. Der Freistaat war nicht in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur gesundheitlichen Anpassung an die Folgen des Klimawandels vertreten, die unter Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Umwelt bereits damals einen Handlungsleitfaden für Hitzeaktionspläne entwickelt hatte.

Und augenscheinlich besetzen immer wieder Minister die entscheidenden Ressorts, die lieber gar nichts tun, als das Land wirklich umzukrempeln und zukunftstauglich zu machen. Also auch für den Klimawandel zu wappnen.

Denn egal, ob man die Landwirtschaft betrachtet mit ihren nunmehr spürbaren Ernteeinbrüchen, die Anfälligkeit der monokulturellen Wälder nicht nur für Hitzestress oder die strapazierten Wasserreservoire – überall sieht man, dass Sachsen nicht wirklich gewappnet ist für extremere Klimaverhältnisse.

Und dass der Freistaat nun zehn wertvolle Jahre vergeudet hat, eine Klimaanpassungsstrategie auch nur stückweise umzusetzen. Man ist immer noch im gemächlichen Trott des vergangenen Jahrhunderts – als würde der Klimawandel wirklich nur die Inseln in der Südsee und den Nordpol betreffen. Aber keinesfalls das selbstgefällige Sachsen.

Und umfassende Programme für die unter Hitze leidenden Menschen sind auch nicht vorbereitet.

„Die Staatsregierung darf die mit dem Klimawandel verbundenen Gesundheitsrisiken nicht länger ignorieren. Anhaltende Hitze belastet den menschlichen Organismus von Säuglingen, Kleinkindern, chronisch Kranken und älteren Menschen erheblich. Dazu kommen Gesundheitsrisiken durch UV-Strahlung und erhöhte Luftbelastung.

So lag laut Auskunft der Staatsregierung die Ozonbelastung in diesem Sommer an deutlich mehr Tagen als in den Vorjahren über dem Zielwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit“, geht Zschocke auf eines der Probleme ein, die mit dauernder Sonneneinstrahlung in vielen Teilen Sachsens akut werden. „Die nächste extreme Hitze kommt bestimmt. Es ist notwendig, jetzt Maßnahmen einzuleiten“, erklärt der Abgeordnete.

Deshalb habe die Grüne-Fraktion jetzt ein Aktionsprogramm „Klimaschutz und Extremwetteranpassung“ für Sachsen vorgelegt.

„Darin schlagen wir unter anderem ein Landesprogramm ‚Grüne Kommunen‘ vor, mit dem Bäume, begrünte Fassaden und Dächer sowie Parks gefördert werden sollen. Pflanzen und Bäume reinigen die Luft, bieten Schatten und senken die Temperaturen. Mit einem Trinkbrunnenförderprogramm für Kommunen soll die Einrichtung von fest installierten Trinkwasserspendern im öffentlichen Raum vorangebracht werden“, sagt Zschocke.

Leipzig hat ja bekanntlich gewaltige Schwierigkeiten, jedes Jahr auch nur die beschlossenen 1.000 Neuanpflanzungen von Straßenbäumen zu schaffen, weil dafür das Geld fehlt. Und Leipziger, die in baumlosen Straßen wohnen, wissen, wie sich die aufgestaute Hitze dort anfühlt.

„Es gibt zudem sehr konkrete Handlungsempfehlungen für Hitzeaktionspläne zum Schutz der menschlichen Gesundheit, die auch in Sachsen umgesetzt werden können. So kann es in besonders stark aufgeheizten Innenstadtbereichen helfen, wenn anfälligen Personengruppen zur Hitzeentlastung der Aufenthalt in klimatisierten Räumen von Behörden, Bibliotheken, Einkaufspassagen oder Bahnhöfen ermöglicht wird“, sagt Zschocke.

„Der Klimawandel muss insgesamt als wichtige Herausforderung für den Gesundheits-, Pflege- und Katastrophenschutzsektor anerkannt werden. Klimaschutz ist Gesundheitsschutz. Das gilt global und zunehmend auch in Sachsen“, betont Zschocke.

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