PEGIDA war nie eine harmlose Versammlung. Frühzeitig fielen diverse Teilnehmer dieser speziellen Dresdner Veranstaltung dadurch auf, dass sie pöbelten, verfassungsfeindliche Kennzeichen zeigten, fragwürdige Parolen hochhielten oder auch mal am Rand der Demo gewalttätig wurden. André Schollbach hat sich jetzt mal die Liste der Verfehlungen geben lassen.

Eine Kleine Anfrage des Dresdner Landtagsabgeordneten der Linkspartei André Schollbach hat jetzt ergeben, dass gegen Teilnehmer und Redner von PEGIDA-Versammlungen in Dresden durch die Staatsanwaltschaft bislang 198 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind. In ihrer Antwort listet die Staatsregierung sämtliche Sachverhalte, den jeweiligen Straftatbestand sowie den aktuellen Stand des Verfahrens auf.

Der Beantwortung der Kleinen Anfrage liegt eine Sonderauswertung der Polizeidirektion Dresden zugrunde. Denn Straftaten im Zusammenhang mit Versammlungen von PEGIDA werden laut Staatsregierung im Polizeilichen Auskunftssystem nicht separat erfasst und können daher nicht automatisiert ausgewertet werden.

Aber das, was die Dresdner Polizei herausgesucht hat, spricht Bände. Auch dann, wenn viele der angezeigten Straftaten nicht aufgeklärt werden konnten, weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.

Unter den genannten 198 Ermittlungsverfahren befinden sich jeweils 25 Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Weiterhin wurden 18 Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung und elf Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet.

Zudem gab es Ermittlungsverfahren wegen Raubes, Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Sachbeschädigung, Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, zählt Schollbach auf.

„Nicht nur der Anführer von PEGIDA ist ein mehrfach vorbestrafter Krimineller, auch Redner und Teilnehmer haben zahlreiche zum Teil schwerwiegende Straftaten begangen“, fasst Schollbach seine Sicht auf den Straftatenkatalog zusammen. „Die Vielzahl an Gewaltdelikten und die große Zahl an Straftaten gegen die öffentliche Ordnung verdeutlichen den demokratiefeindlichen Charakter von PEGIDA. Hier ist der demokratische Rechtsstaat gefordert. In geeigneten Fällen sollte für diese Straftaten das Instrument des beschleunigten Verfahrens gemäß § 417 StPO verstärkt angewendet werden, damit sich die Täter zügig vor Gericht verantworten müssen.“

Die angezeigten Delikte zeigen, dass PEGIDA immer auch von Rechtsradikalen genutzt wurde, die sich unter die „besorgten Bürger“ mischten. Das begann schon 2014 – weit vor der Ankunft der Geflüchteten im Sommer/Herbst 2015. Viele der Fälle wurden inzwischen eingestellt – entweder, weil von den Behörden die Täter nicht ermitteln konnten oder weil „Rechtswidrigkeit oder Schuld“ aus Sicht der Ermittler nicht nachweisbar war.

Für viele der aufgezeigten Delikte gab es oft nur Geldstrafen oder Verfahrenseinstellungen „wegen Geringfügigkeit“. Immer wieder kam es im Umfeld von PEGIDA-Demonstrationen zu gewalttätigen Übergriffen – auf Passanten, Gegendemonstranten, auch selbst gegen die eingesetzten Polizeikräfte. Was auch in dieser Auflistung bestätigt, dass PEGIDA immer auch ein Bedrohungspotenzial aufgebaut hat. Stets verbunden mit allerlei festgestellten Verstößen gegen das Versammlungsrecht (Mitführen von Pfefferspray, Messern, Böllern … ) oder dem Zeigen staatsfeindlicher Symbole.

Einige der Fälle sorgten deutschlandweit für Furore – auch weil die sächsische Justiz sich schwertat, diese zu bewerten. Man denke nur an die Rede von Akif Pirincci oder die mitgeführten Galgen, mit denen Stimmung gegen Angela Merkel und Sigmar Gabriel gemacht wurde.

Die vollständige Liste der Ermittlungsverfahren (PDF, Infosystem Landtag Sachsen)

Das Minutenprotokoll zum Vorfall mit dem Deutschlandhütchenträger am 16. August in Dresden

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