So mancher L-IZ-Leser vermutete ja schon, 2019 müssten sich die Wahlkreiseinteilungen zur Landtagswahl wieder ändern. Die Wahlkreiskommission hat dem Parlament schon 2017 empfohlen, alles beim Alten zu lassen, obwohl die Abweichungen bei den Stimmberechtigten in einigen Wahlkreisen immer heftiger werden. Aber die letzte Wahlkreisreform 2014 hat ja schon gezeigt, wie sehr Wahlkreiszuschnitte ein Politikum sind.
Leipzig bekam zwar – nachdem vorher schon jahrelang gestritten worden war – endlich sieben komplette Wahlkreise zugestanden. Aber so zugeschnitten, dass sich die Chancen der CDU, überall das Direktmandat zu erringen, deutlich erhöhten.
Vorher (2004 und 2009) musste sich Leipzig das siebente Direktmandat noch mit Nordsachsen teilen, was auch dort das Direktmandat für die CDU sicherte.
Und eigentlich wären auch 2014 schon komplette acht Direktmandate – also auch Wahlkreise – für Leipzig fällig gewesen. Aber das sächsische Wahlgesetz sieht immer auch einen Puffer vor, innerhalb dessen die Wahlkreiskommission Ermessensspielraum hat. So gelten 15 Prozent Abweichung der Wahlbürger in einem Wahlkreis (egal, ob nach oben oder unten) als tolerabel. Und auch wenn die 15 Prozent überschritten werden, steht die Kommission noch nicht unter Handlungszwang. Den hat der Gesetzgeber erst bei 25 Prozent definiert.
Was auch 2019 wieder zur Folge hat, dass Leipzig mit nur sieben Wahlkreisen auskommen muss, obwohl die Stadt rechnerisch 14 Prozent der Einwohner und damit auch in etwa der Wahlbürger beherbergt. Was zumindest acht komplette Wahlkreise bedeuten würde, rechnerisch sogar 8,5. Aber in den letzten Jahren hat die Wahlkreiskommission keinen Anlass gesehen, aufgrund der Bevölkerungsverschiebung eine neue Änderung der Wahlkreise vorzuschlagen.
Die Wahlkreiskommission tagte zuletzt 2017 und schlug dem Landtag vor, auch an den Leipziger Wahlkreisen nichts zu ändern: „Die Leipziger Wahlkreise wurden bei der vorangegangenen Wahlkreiseinteilung neu eingeteilt. Im Hinblick auf den Aspekt der Kontinuität der Wahlkreise schlägt die Wahlkreiskommission keine Änderungen an den derzeitigen Abgrenzungen vor.“
Und das, obwohl vier Leipziger Wahlkreise schon mit den 2015er-Zahlen um über 15 Prozent über der durchschnittlichen Wahlkreisgröße von 65.435 Wahlberechtigten lagen. Was nicht nur Leipzig so ging. Auch Dresden und Chemnitz fielen dadurch auf, dass mehrere Wahlkreise deutlich stärker als 15 Prozent über dem Durchschnitt lagen.
Man sah trotzdem keinen Änderungsbedarf, sondern beschloss: „Aufgrund der Datenlage, welche eine Stabilität der Wahlkreise auch unter Einbeziehung der Prognose gewährleistet, entschlossen sich die Mitglieder der Wahlkreiskommission dem Prinzip der Kontinuität das Primat zu erteilen, was dazu führte, dass keine Änderungsvorschläge am gegenwärtigen Zuschnitt der 60 Wahlkreise zu verzeichnen sind.“
Anpassungsbedarf sah die Wahlkreiskommission aufgrund der damaligen Bevölkerungsprognosen erst für die übernächste Landtagswahl im Jahr 2024.
Der Innenausschuss musste sich natürlich mit der Vorlage noch einmal beschäftigen. Und heftige Kritik gab es dabei insbesondere von den Grünen: „Der Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen merkte an, dass in der letzten Wahlperiode die Staatsregierung einen Gesetzentwurf zur Anpassung der Wahlkreise eingebracht habe, welcher in erheblichem Maße an der Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen hinsichtlich der Wahlkreisgestaltung operiert hätte.
Die Wahlkreiskommission beziehe sich nun in ihren Ausführungen auf diesen Wahlkreiszuschnitt aus dem Jahr 2012/2013 und vernachlässige die ursprünglichen damaligen Überlegungen der Wahlkreiskommission weitgehend. Zudem stellte der Abgeordnete fest, dass aus dem Bericht nicht hervorginge, wie mit dem – aufgrund der jüngeren Judikatur des Bundesverfassungsgerichtes unter bestimmten Bedingungen zu berücksichtigenden – Problem der Zahl der Minderjährigen in den Wahlkreisen umgegangen wurde.“
Letztlich stimmte der Innenausschuss dann doch für die Kenntnisnahme des Berichts der Wahlkreiskommission.
Was natürlich Folgen hat, wie Wahlkreisprognose.de aus Berlin im August berechnete. Danach endet das große Pokerspiel der sächsischen CDU, unbedingt zu jeder Landeswahl auch alle Direktmandate einfahren zu müssen, 2019 auf jeden Fall, weil fast die Hälfte der Direktmandate dann rechnerisch an die AfD gehen, wenn deren prognostizierte Stimmenanteile so bleiben wie derzeit. Einzig in Leipzig und Dresden könnten einige Direktmandate an die Linkspartei gehen.
Wobei Direktmandate eben nicht über die Mehrheiten im Landtag entscheiden. Denn da das Verhältniswahlrecht gilt, werden die Mandate im Landtag so lange aufgestockt, bis alle Parteien, die die 5-Prozent-Marke geschafft haben, Mandate im Verhältnis ihres Zweitstimmenergebnisses haben.
Am Donnerstag, 6.September, hat nun das Sächsische Landesamt für Statistik das Internetangebot wahlen.sachsen.de online gestellt.
„Die neue Webpräsenz vereint die wahlstatistischen Auswertungen der amtlichen Statistikbehörde des Freistaates Sachsen mit allen formalen Bekanntmachungen und Informationen zu parlamentarischen Wahlen des Landeswahlleiters“, teilt das Amt mit.
Burkhard Müller, Präsident des Statistischen Landesamtes, zeigte sich erfreut: „Mit dem neuen Internetangebot steht ab sofort eine moderne Plattform zum Thema Wahlen zur Information bereit, von parlamentarischen Wahlen bis zu Kommunalwahlen.“
Wer Angaben zu Wahlergebnissen in seinem Wahlkreis oder seiner Gemeinde sucht, wird diese zu den vergangenen Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen sowie auch aktuell im Jahr 2018 stattfindenden Bürgermeisterwahlen erhalten. Neben den rein wahlstatistischen Ergebnisdarstellungen ermöglicht die repräsentative Wahlstatistik auch Auswertungen zum Wahlverhalten nach Altersgruppen und Geschlecht, so das Landesamt.
Relevante Informationen im Vorfeld von Wahlen, wie den in 2019 planmäßig anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament (Ende Mai 2019) und dem Sächsischen Landtag (voraussichtlich September 2019), sind ebenso verfügbar. Die fachliche Betreuung des neuen Internetangebotes erfolgt durch das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen. Der Präsident des Statistischen Landesamtes Burkhard Müller hat gleichzeitig die Funktion des Landeswahlleiters inne.
Wer die Seite zur Landtagswahl aufruft, findet denn auch die Wahlkreiskarte mit der Wahlkreiseinteilung, wie sie auch zur letzten Landtagswahl 2014 gültig war. Und die beruht auf Bevölkerungszahlen von 2012. Ist also gewissermaßen recht historisch, auch wenn sie 2019 wieder gilt.
Wozu führen aber die nun auch von der Wahlkreiskommission festgestellten Abweichungen?
Unter anderem dazu, dass der Landtag wieder aufgebläht wird mit Ausgleichsmandaten. Und man denkt an die nicht unwichtige Empfehlung der Wahlkreiskommission von 2017, dass eigentlich eine Verminderung der Direktmandate auch in Sachsen angebracht wäre. Denn je mehr sich die Stimmen der Wähler auf immer mehr Parteien immer gleichmäßiger verteilen, umso mehr Ausgleichsmandate braucht es, um das Wahlergebnis im Landtag widerzuspiegeln.
Das ursprünglich angedachte Verhältnis von 60 direkt gewählten Abgeordneten und weiteren 60, die über die Zweitstimme ins Parlament kommen, ist nicht mehr zu erreichen. Wahlrechtexperten empfehlen deshalb schon lange, den Anteil der direkt gewählten Abgeordneten auf 30 bis 40 Prozent abzusenken. Was natürlich eine deutliche Reduzierung der Zahl der Wahlkreise bedeuten würde.
Die nächste Bevölkerungsprognose für Leipzig gibt es im Frühjahr 2019
Die nächste Bevölkerungsprognose für Leipzig gibt es im Frühjahr 2019
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Ich will nur darauf hinweisen, dass die letzten beiden Absätze falsch sind bezüglich der derzeitigen Prognosen.
(http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/sachsen.htm).
Sollte sich bewahrheiten, dass CDU und AFD sich in etwa die Hälfte der Direktmandate aufteilen und zudem noch beide um die 25% Stimmenanteil erhalten, ist mit nur wenigen Ausgleichsmandaten zu rechnen.
Warum?
Alle 120 vorgesehenen Mandate im Sachsen verteilen sich zu gleichen Teilen auf 60 Direktmandate und 60 Listenmandate. Gewinnt die AfD oder CDU jeweils die Hälfte der Direktmandate, haben sie 30 Mandate sicher, was exakt 25% Stimmenanteil entspricht.
Eine Notwendigkeit zum Ausgleich von Mandaten entsteht somit nur, wenn es der CDU (oder der AfD) gelingen sollte, mehr Direktmandate zu erlangen als ihrem Zweitstimmenanteil entspricht.
Die Empfehlung der Wahlkreiskommission stimmt mathematisch also nur, wenn es eine Hegemonialpartei gibt, wie derzeit bundesweit zu beobachten ist. Das ist aber in Sachsen derzeit nicht mehr der Fall, glaubt man den Umfragen!