Es war eine wunde Stelle, die die Sรคchsische Staatsministerin fรผr Gleichstellung und Integration, Petra Kรถpping (SPD), am 1. August erwischte, als sie in der โ€žFreien Presseโ€œ die Kreisgebietsreform von 2008 negativ bewertete. Dass es eine ganz wunde Stelle ist, zeigte die prompte Reaktion des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Sรคchsischen Landtag, Frank Kupfer: โ€žDie pauschale Kritik von Petra Kรถpping ist unberechtigt! Es gehรถrt nicht zur Aufgabe einer sรคchsischen Ministerin, stรคndig Land und Leute schlechtzureden.โ€œ

Starker Tobak fรผr einen Koalitionspartner. Und Kupfer trat noch hรคrter zu.

โ€žFrau Kรถpping vergisst, dass ihre SPD damals bei der Reform nur noch fรผnf Landkreise haben wollte. Durch den Widerstand der CDU konnte dies verhindert werden! Aber wahrscheinlich ist sie als ehemalige Landrรคtin immer noch verbittert, bei der Fusion des Landkreises Leipzig in der Stichwahl ihrem CDU-Konkurrenten und damaligen Amtskollegen Gerhard Gey unterlegen gewesen zu sein!โ€œ, diktierte er.

โ€žIch erwarte mit meiner Fraktion von einer Ministerin in der sรคchsischen Staatsregierung, dass sie sich von der Oppositionsrolle endlich verabschiedet und sich auf ihren Aufgabenbereich im Kabinett konzentriert! Es wรคre an ihrer Stelle einfach besser, anzupacken und selbst fรผr Bรผrgernรคhe zu sorgen, anstatt einen angeblichen Mangel zu beklagen.โ€œ

Die Ausrufezeichen stammen alle von Frank Kupfer.

Besonders das nach dem Hinweis auf die Oppositionsrolle ist interessant. Denn in der Regierungskoalition knirscht es. รœbrigens schon von Anfang an. Die CDU hat sich nach 28 Jahren an der Macht in Sachsen schon lรคngst in eine Partei verwandelt, der Machterhalt รผber alles geht und die die Reformwรผnsche der SPD allesamt fรผr Zumutungen hรคlt. Deswegen dauert selbst die Umsetzung der abgeschliffenen Zusagen aus dem Koalitionsvertrag von 2014 so lange, freut sich die SPD รผber jeden kleinen Schritt, den sie gegen die von Sparen und Kรผrzen besessene CDU durchsetzt.

Die Ausrufezeichen in der Rede von Kupfer erzรคhlen von dem Frust in der Regierungsfraktion. Denn so einiges, was รผber zehn Jahre als Stein der Weisen galt, entpuppt sich mittlerweile als Irrweg. Oder zumindest als falsches Heilsversprechen. So wie die Kreisgebietsreform von 2008.

Noch viel heftiger als von der SPD wird sie von der Linkspartei kritisiert. Denn wer so eine das ganze Land betreffende Reform gegen alle Kritik und mit groรŸen Versprechungen durchdrรผckt, der muss seine Versprechungen auch irgendwann einlรถsen: Er muss beweisen, dass die Reform auch das gebracht hat, was damals versprochen wurde.

Nur zur Erinnerung. Das Versprechen der Regierung Milbradt klang so:

Mit der Kreisgebietsreform versprach sie den Bรผrgern โ€žeine leistungsstarke, moderne und ortsnah gestaltete Verwaltung zu schaffen, die somit zukunftsfรคhig ausgerichtet ist; transparente Zustรคndigkeiten und eine Verwaltung der kurzen Wege zu schaffen fรผr Bรผrgerinnen und Bรผrger (jetzt und fรผr zukรผnftige Generationen) aber auch fรผr sรคchsische Unternehmen; die Entscheidungsautonomie der Staatsbehรถrden und der Trรคger der kommunalen Selbstverwaltung zu stรคrken; die gestalterischen Handlungsspielrรคume fรผr eine ausgewogenen Politik fรผr Arbeits- und Ausbildungsplรคtze, Bildungschancen, Familien- und Generationen Politik und soziale Gerechtigkeit zu bewahren und zu erweitern; die Verwaltung im Freistaat unter Berรผcksichtigung der demografischen Entwicklung und des Gebotes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu strukturieren.

Weiterhin ging es darum, die Landkreise als moderne dienstleistende und bรผrgerorientierte Verwaltung weiterzuentwickeln, die eng mit den Segmenten Wirtschaft, Verkehr, Soziales, ร–kologie Arbeit und Leben verbunden und dadurch in der Lage sind, sich verstรคrkt als Impulsgeber der regionalen Entwicklung zu profilieren.โ€œ

Das ist eine ganze Latte von Versprechen, die man alle รผberprรผfen kann, ob sie auch eingetreten sind.

Was die Grรผnen-Fraktion 2017 รผbrigens auch forderte โ€“ und dann einfach vom damaligen Innenminister Markus Ulbig (CDU) abgebรผgelt wurde. โ€žDer zentrale Gegenstand des EntschlieรŸungsantrags besteht darin, die Auswirkungen der Kreisgebietsreform von 2008 sowie die Erreichung der mit ihr angestrebten fiskalischen Ziele anhand der im Antrag konkret benannten Faktoren zu evaluierenโ€œ, behauptete er in seiner Stellungnahme zum Grรผnen-Antrag.

โ€žFรผr eine derartige Evaluation besteht kein Bedarf, weil die Sรคchsische Staatsregierung die in dem Antrag genannten fiskalischen und sozioรถkonomischen Faktoren regelmรครŸig anhand von verschiedenen Gutachten analysiert und dem Sรคchsischen Landtag hierรผber berichte.โ€œ

Seltsam, dass nicht nur die Grรผnen das dumme Gefรผhl hatten, dass im Landtag niemand zu den Folgen der Kreisgebietsreform berichtete.

Die Folgen aber zeigten sich drauรŸen im Land. Die Bรผrgermeister (nicht nur im Erzgebirge) beschwerten sich zu Recht, dass die Kommunalfinanzierung nicht stimmt, dass sich Gemeinden und Landkreise vernachlรคssigt und รผberlastet fรผhlen, dass die vom Land einfach den Kommunen รผbergestรผlpten Aufgaben die Finanzreserven auffressen โ€“ und dass die Nรคhe von Staat und Bรผrgern nur noch eine Farce war.

Dutzende Schulen waren geschlossen worden, Kreisstรคdte verloren ihre Verwaltungssitze, Arztpraxen schlossen, Polizeistationen wurden dichtgemacht. Und im Effekt wanderten noch mehr junge Leute ab aus den Landkreisen in die groรŸen Stรคdte. Das Land blutet einfach aus. Von einer โ€žleistungsstarken, modernen und ortsnah gestalteten Verwaltungโ€œ kann auรŸerhalb der GroรŸstรคdte keine Rede mehr sein.

Natรผrlich drรผckte sich Ulbig in seiner Stellungnahme um die zentralen Fragen elegant herum.

Dazu kommen wir noch.

Schon am 30. Juli meldete sich die Linksfraktion aus Mittelsachsen zu Wort.

โ€žDie Kreisgebietsreform ist keine Erfolgsgeschichteโ€œ, stelle die Kreisvorsitzende Marika Tรคndler-Walenta fest. โ€žDie damaligen Begrรผndungen lauteten Strukturverbesserungen und Kosteneinsparungen. Einer Studie des Ifo-Institutes Dresden zufolge ist beides nicht eingetreten. Vielmehr hat die Kreisgebietsreform dazu gefรผhrt, dass der Staat sich weiter aus der Flรคche zurรผckgezogen hat.

Kern unserer Kritik liegt vor allem in der zentralen Aussage des damaligen Innenministers Albrecht Buttolo (CDU), der davon ausging, dass jรคhrlich rund 160 Mio. Euro eingespart werden. Das Gegenteil ist eingetreten โ€“ die Kommunen mussten sogar Schulden aufnehmen. Aber auch die negativen Auswirkungen auf das Lebensgefรผhl im Lรคndlichen Raum als auch auf demokratische Prozesse sind nicht zu unterschรคtzen. Wir mรถchten mit unserer รถffentlichen Aktion genau darauf hinweisen.โ€œ

Die ifo-Studie hatte รผbrigens auch Markus Ulbig angefรผhrt โ€“ als beispielhaften Beleg dafรผr, dass Sachsen ja doch die Kreisgebietsreform mit Gutachten begleiten wรผrde. Nur eben dass selbst das ifo-Gutachten von 2012 zeigte, dass von den Versprechungen von 2008 praktisch nichts eingelรถst war.

Wie auch? Man kann nicht einfach lauter Verwaltungsstrukturen ausdรผnnen und hinterher behaupten, dass die Verwaltung dadurch wohnortnah und bรผrgerfreundlicher wurde. Im Gegenteil. Denn wenn neoliberale Politiker von Effizienzsteigerung reden, meinen sie nur Kรผrzungen und Kostenersparnis, nichts anderes. Sie glauben felsenfest daran, dass โ€žverschlankteโ€œ Verwaltungen besser und โ€žeffizienterโ€œ arbeiten.

Dass sรคmtliche Anfragen im Landtag mittlerweile belegen, dass die ausgedรผnnten Verwaltungen lรคngst gewaltige Bearbeitungsstaus erzeugen, wรคre schon mal ein Hinweis darauf, wie dringend eine Evaluation des 2008 Vollbrachten wรคre.

Und auch die in den letzten Jahren so grรผndlich gekippte Stimmung in Sachsen hat zum Teil damit zu tun, denn wie das Zentrum fรผr europรคische Wirtschaftsforschung (ZEW) 2017 in einer Untersuchung feststellte, gibt es bei diesen deutschlandweit praktizierten Kreisreformen ein paar โ€žunbeabsichtigte Nebenwirkungen auf die politische Partizipation: Die Bรผrger sind weniger zufrieden mit der Demokratie und gehen seltener zur Wahl, und die Ungleichheit zwischen den Ortsteilen nimmt zu.โ€œ

Was dann am 1. August, dem 10. Jahrestag der Reform, Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im Sรคchsischen Landtag, zu der Aussage bewegte: โ€žDie CDU hat sehenden Auges regionale Identitรคt zerschnitten. Unter dem Vorwand der Effizienzsteigerung hat sie Kreise zusammengewรผrfelt, in denen der lokale Bezug verloren gehen musste. Die CDU denkt eben nur in Zahlen und nicht an die Menschen. Heute wissen wir, dass die CDU-gefรผhrten Regierungen selbst an ihrem eigenen Anspruch gescheitert sind.

Die Kosten der Gebietsreform und der Behรถrdenumzรผge รผberwiegen die Einsparungen klar. GroรŸe Einheiten lassen sich nicht automatisch besser โ€šsteuernโ€˜, sondern sie fรถrdern Demokratieverdruss, Wahlverweigerung und Ungleichheit, wie das Zentrum fรผr Europรคische Wirtschaftsforschung befunden hat. Der Flurschaden der Reform ist betrรคchtlich. Die SPD hat sich keinen Gefallen damit getan, die Plรคne zu unterstรผtzen. Denn ein Ergebnis ist Bรผrgerferne โ€“ das kann kein Gesprรคch am Kรผchentisch wieder wettmachen.โ€œ

Schon 2008 fiel tatsรคchlich auf, dass es nicht einmal eine fundierte Untersuchung zu den absehbaren regionalen Effekten der Reform gab. Man hat wirklich โ€“ wie Gebhardt sagt โ€“ nur auf die Zahlen geschaut. So wie Konzernmanager, die kurzerhand beschlieรŸen, drei, vier Werke dichtzumachen und das Personal um 1.000 Leute abzubauen. Genauso wurde Sachsen in den letzten Jahren gemanagt.

Und die Folgen spรผrt man auch in Nordsachsen.

โ€žMit Versprechen von Strukturanpassungen, mehr kommunaler Selbstverwaltung und Einsparungen in Millionenhรถhe war die CDU nicht sparsam. Die Kreisgebietsreform wurde mit Brachialgewalt durchgezogen. Nun steht fest, dass die meisten Versprechen nur Worthรผlsen warenโ€œ, sagt Dr. Michael Friedrich, Chef der Linksfraktion im Kreistag von Nordsachsen.

โ€žZwar war es richtig, die Verwaltungskraft der Landkreise zu stรคrken, indem staatliche Aufgaben samt Personal auf die Kreisebene รผbertragen wurden. Aber die รผberflรผssige Mittelebene der Verwaltung wurde nicht abgebaut, sondern nur umbenannt, und an Bรผrokratiewucher wie Fรถrdermittelbรผrokratie hat sich nichts geรคndert. Zu allem รœberfluss wurde ein unsinniges โ€šBehรถrden-Karussellโ€˜ in Gang gesetzt. Den Landkreisen aber fehlt weiter Geld, nicht nur Nordsachsen hat kaum noch Luft fรผr freiwillige Aufgaben wie Kultur, Sport, Wirtschafts- und Tourismusfรถrderung.

Der Mehrbelastungsausgleich, der fรผr die ehemals staatlichen Aufgaben gezahlt und stรคndig abgeschmolzen wird, entspricht seit Jahren nicht mehr dem Aufgabenvolumen. Die Stรคdte und Gemeinden tragen also die Lasten der Reform, wรคhrend der Freistaat Millionen bunkert. Derartige Kreisgebietsreformen sind kein Zukunftsmodell, sondern ein Auslaufmodell!โ€œ

Aber gerade beim Geld berichte man doch ausfรผhrlich und regelmรครŸig, hatte Markus Ulbig 2017 behauptet.

Das ist tatsรคchlich der einzige Aspekt aus dem Reformpaket, mit dem die Staatsregierung bis heute glaubt, steuern zu kรถnnen und รผber den sie irgendwie berichtet. Nur dass alle, die sich mit den Berichten zum Finanzausgleichsgesetz (FAG) beschรคftigen, wissen, dass es nicht ein einziges Kapitel enthรคlt, das sich mit der ausreichenden (oder eben nicht ausreichenden) Finanzierung der Kommunen beschรคftigt. Man macht es ganz betriebswirtschaftlich. Kreise und Gemeinden haben bitteschรถn mit dem zugewiesenen Geld so auszukommen, dass am Ende kein Minus steht.

Dass das dutzende sรคchsische Gemeinden nicht mehr schaffen, belegen die vielen Anfragen von Andrรฉ Schollbach (Die Linke) zu den nicht geschlossenen Haushalten.

Aber Ulbig gab sich 2017 ganz vollmundig, dass man doch dem Landtag alles berichte, was der wissen sollte: โ€žFรผr das SรคchsFAG und mithin die kommunale Finanzausstattung ist der Zielerreichungsgrad der Kreisgebietsreform im รœbrigen nicht von Relevanz. Die Verwaltungsreform wurde durch zahlreiche MaรŸnahmen im SรคchsFAG abgebildet (siehe Drs.-Nr. 4/12979). Somit spiegelt das SรคchsFAG die jeweils aktuell vorhandenen Strukturen und die sich daraus ergebenden Anforderungen an eine sachgerechte Finanzausstattung wider.

Ob mit einer anderen Kreisgebietsstruktur positivere Ergebnisse erzielt worden wรคren, ist derzeit weder fรผr Fragen des Finanzausgleichs noch fรผr Fragen der regionalen Strukturpolitik und -entwicklung relevant. Etwas anderes wรผrde gelten, wenn eine erneute Kreisgebietsreform geplant wรคre.

Dann wรผrde auf Basis eines konkreten Vorschlages und entsprechender Modellrechnungen unter Berรผcksichtigung von Einspar- und Synergieeffekten sowie bereits entstandener Kosten die Sachgerechtigkeit eines solchen Vorhabens geprรผft. Da derzeit weder allgemein noch fรผr konkrete Varianten eine erneute Kreisgebietsreform geplant ist, wรคren weder Aufwand noch Nutzen einer derart umfangreichen Datenerhebung gerechtfertigt.โ€œ

Eine fast akrobatische Konstruktion, mit der Ulbig die Forderung nach einer richtigen Evaluation der Reform von 2008 einfach vom Tisch fegt mit der Behauptung, das wรคre erst bei einer weiteren Reform notwendig.

Das Ergebnis ist simpel: Die Staatsregierung weiรŸ bis heute nichts รผber die Folgen der Kreisgebietsreform.

Und es wird noch besser. Denn nicht einmal die sehr beschrรคnkte Berichterstattung zum sรคchsischen Finanzausgleichsgesetz (FAG) enthรคlt irgendeinen Hinweis darauf, ob die Reform wenigstens beim Geld funktioniert hat. Was Ulbig freilich auf die Grรผnen-Nachfrage zur โ€žEntwicklung der Finanzausstattung der Kommunen seit der Kreisgebietsreform von 2008โ€œ so gut wie mรถglich kaschierte.

Er behauptete tatsรคchlich, alle Daten dazu lรคgen vor: โ€žHinsichtlich der unter Ziffer II Nr. 6 des Antrags erfragten Angaben wird auf die jรคhrlich erscheinenden Berichte des Statistischen Landesamtes zu den Segmenten โ€šSchulden der รถffentlichen Haushalte und ihrer รถffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Freistaates Sachsenโ€˜ und โ€šPersonal im รถffentlichen Dienst des Freistaates Sachsenโ€˜, die Statistischen Jahrbรผcher des Statistischen Landesamtes sowie die aktuelle Kassenstatistik der Gemeinden und Gemeindeverbรคnde verwiesen.

SchlieรŸlich ergeben sich fรผr die Sรคchsische Staatsregierung keine Anhaltspunkte, wonach die sรคchsischen Kommunen nur รผber eine eingeschrรคnkte finanzielle Leistungsfรคhigkeit verfรผgen. Tatsache ist vielmehr, dass den Kommunen auch zukรผnftig erhebliche finanzielle Mittel zur Verfรผgung stehen. Gemessen am Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016 wird sich die den Kommunen zur Verfรผgung stehende Finanzmasse um bis zu 679 Mio. EUR im Jahr 2020 verbessern. Allein in den Jahren 2017 und 2018 wird ein Zuwachs von jeweils mehr als 280 Mio. EUR erreicht.โ€œ

Das klingt erst einmal viel. Aber wenn das fรผr hunderte Gemeinden und ein Dutzend Kreise reichen soll, schrumpft die Summe pro Zieleinheit natรผrlich. Erst recht gemessen an der Gesamtsumme, die der Freistaat jedes Jahr an die Kommunen geben muss. 2017 bekamen Sachsens Kommunen insgesamt 5,225 Milliarden Euro, 2018 sollten es 5,334 Milliarden sein.

Die Steigerungsraten sind nicht hรถher als die Inflationsrate: 1,5 bis 2 Prozent. Das heiรŸt: Wenn Ulbig hier von einer scheinbar eindrucksvollen Steigerung redete, dann war das nichts anderes als ein Ausgleich fรผr die eigentlich normale Inflation. Selbst die Lohnabschlรผsse im รถffentlichen Dienst fielen mit 3 Prozent hรถher aus. Und von den explodierenden Baukosten kรถnnen die Bรผrgermeister ein Lied singen.

Wie man mit so einer oberflรคchlichen Rechnerei herauskriegen will, ob die Finanzausstattung der Kommunen tatsรคchlich ausreicht, erschlieรŸt sich genauso wenig wie Ulbigs Verweis auf eine scheinbar gute finanzielle Ausstattung der Kommunen, die ja von ihren staatlichen Aufsehern auch eifrig zum Schuldenabbau gedrรคngt werden. Denn ob die Gemeinden so โ€žgut wirtschaftenโ€œ, dass sie eben einfach alle notwendigen Ausgaben weglassen, die ihren Haushalt ins Minus bringen wรผrden, sagt natรผrlich gar nichts darรผber aus, ob sie auch alle Aufgaben abdecken kรถnnen.

Und es sagt erst recht nichts darรผber aus, was das Verschwinden von Verwaltungen, Polizeidienststellen und Schulen im Land fรผr Folgen hat. Folgen, die man nicht so einfach berechnen kann wie einen Gemeindehaushalt, die aber das ganze Land ganz langsam ins Rutschen gebracht haben. Der Frust in den lรคndlichen Regionen hat viele Ursachen โ€“ die Flucht des Staates aus der Bรผrgernรคhe ist eine der folgenreichsten.

Oder um selbst Frank Kupfer zu zitieren, der es ja indirekt zugibt, dass man dieses Thema vรถllig unterschรคtzt hat: Er fordert ausgerechnet die eifrig herumreisende Petra Kรถpping auf, โ€žanzupacken und selbst fรผr Bรผrgernรคhe zu sorgen, anstatt einen angeblichen Mangel zu beklagen.โ€œ

Tja, was denn nun? Wenn sie Bรผrgernรคhe herstellen soll, ist der Mangel eben nicht nur โ€žangeblichโ€œ, sondern Tatsache.

Aber wie soll man das wissen in Dresden?

Viele Kleinstรคdte auch in Sachsen haben Funktion als regionale Zentren verloren

Viele Kleinstรคdte auch in Sachsen haben Funktion als regionale Zentren verloren

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Wie war das damals: Wollte die SPD tatsรคchlich eine noch einfachere Struktur?

Per se finde ich das gar nicht so schlecht โ€“ man schaue sich einmal das Kleinstaatentum der Bundeslรคnder an und was da fรผr Dinge verbrochen werden. Aber vielleicht liegt es auch daran, welche Aufgaben und Vollmachten die โ€œTerritorienโ€ dann verwalten dรผrfen. Die ausufernde Fรถderalismus hat bspw. im Schulwesen fรผr ein Desaster gesorgt.

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