Wie bekommt man eigentlich eine gerechte Welthandelsordnung, wenn es den Bürgern so schwer zu vermitteln ist, wie man fair einkauft? Wenn ihnen fast nur noch unfair produzierte Waren begegnen und überall die „Billig! Billig!“-Werbung schreit? Die Linksfraktion im Sächsischen Landtag versucht es jetzt mal übers Vergaberecht im Land. Wenn nur noch fair produzierte Dinge vom Land gekauft werden dürfen, sollte sich doch eigentlich etwas ändern.

Man ahnt schon, dass sich da eine große Mehrheit gut bezahlter Abgeordneter mit großer Empörung wehren wird. Wie wird man denn den schönen fairen Wettbewerb durch staatliche Eingriffe stören wollen?

Die Linksfraktion versucht es trotzdem.

Mit einem neuen Gesetzvorschlag dringt sie darauf, das Vergaberecht in Sachsen (Drucksache 6/13914) zügig weiterzuentwickeln. CDU und SPD hatten das zwar schon 2014 versprochen, aber geschehen ist nichts. Dabei müssen die Regularien, nach denen öffentliche Aufträge vergeben werden, dringend modernisiert und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen zum Standard gemacht werden, kritisiert die Linksfraktion und will Vergabeentscheidungen nicht mehr allein vom Preis angebotener Leistungen abhängig machen, sondern auch von sozialen, umweltbezogenen oder innovativen Aspekten.

Dazu zählen aus ihrer Sicht Tariftreue und weitere Arbeitsbedingungen, Umweltverträglichkeit, die ILO-Kernarbeitsnormen, Gleichstellung und Ausbildungsaktivität. Vorgeschlagen werden auch ein an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder angelehntes Mindestentgelt und gezielte Mittelstandsförderung.

„Von der CDU-geführten Regierung in Sachsen ist nicht zu erwarten, dass sie für ein modernes, soziales und ökologisches Vergaberecht sorgt“, meint Klaus Tischendorf, Sprecher der Linksfraktion für Gewerkschaftspolitik. „Das ist enttäuschend und verletzt den Koalitionsvertrag. Wir haben mit vielen Partnern, denen ich hiermit herzlich danke, über anderthalb Jahre ein praktikables Gesetz erarbeitet.

Damit wollen wir dafür sorgen, dass in Vergabeverfahren auch diejenigen eine Chance bekommen, die trotz guter Arbeit bisher keine Chance hatten, weil nur der Preis für die öffentliche Hand ausschlaggebend war. Das Vergaberecht ist die einzige Möglichkeit, mit öffentlichem Geld diejenigen in der Privatwirtschaft zu unterstützen, die gute Arbeit leisten, ihre Beschäftigten anständig behandeln und nachhaltig wirtschaften.“

Und natürlich gibt es für so einen Vorstoß, der auch faire Arbeitsbedingungen in den Lieferunternehmen fordert, auch Rückendeckung durch die Gewerkschaft. Denn damit werden natürlich Unternehmen gestärkt, die faire Löhne zahlen.

„Der DGB Sachsen begrüßt den umfassenden Ansatz dieses Vergabegesetzes, durch den unter anderem Tariftreue und faire Bezahlung gestärkt werden können“, sagt Markus Schlimbach, Vorsitzender des DGB Sachsen. „Die neue Definition des wirtschaftlichen Angebotes würde die Vergabe in Sachsen endlich davon wegbringen, dass nur der Billigste den Zuschlag erhält.

Qualität muss sich lohnen! Mit dem vergabespezifischen Mindestlohn von 11,24 Euro pro Stunde würde Sachsen bundesweit eine Vorreiter-Rolle einnehmen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es notwendig, Beschäftigte mit guter Ausbildung fair zu entlohnen. Die öffentliche Hand muss ihrer Vorbild-Funktion wieder gerecht werden.“

Und der Gesetzvorschlag greift ja noch weiter. Denn er stärkt eben auch Unternehmen, die Umweltschutz und Arbeitnehmerrechte respektieren.

Warum die Polizeiuniformen der sächsischen Polizei unbedingt aus Mazedonien kommen müssen, erschließt sich zum Beispiel Antonia Mertsching, Koordinatorin der Allianz „Sachsen kauft fair“ nicht.

„Wie wir aus unseren Recherchen wissen, werden sächsische Polizeiuniformen in Mazedonien produziert“, sagt sie. „Dies geschieht unter unmenschlichen Bedingungen und zu Löhnen, von denen ein Mensch nicht leben kann. Da darf es keinen wundern, wenn sich Menschen auf den Weg machen und ihr Glück in den Ländern suchen, die von ihrem Elend profitieren.“

Ein Vorwurf, der wohl dahin trifft, wo es wehtut. Denn damit thematisiert die Allianz die Rolle der deutschen Bundesländer bei der Ausplünderung der Welt. „Billig! Billig!“ als Regierungspolitik – das kann nicht zukunftsfähig sein. Eigentlich ist es nur schäbig.

Und so sieht es auch Prof. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, eines Mitglieds der Allianz „Sachsen kauft fair“.

„Wir verlangen, dass die ,Wirtschaftlichkeit‘ der Beschaffung – also deren traditionell zentrales Kriterium – konsequent volkswirtschaftlich und nicht bloß betriebswirtschaftlich aus der Sicht des aktuellen Haushalts verstanden wird“, kritisiert er die Staatsregierung für ihr verantwortungsloses Verhalten beim Einkauf.

„Volkswirtschaftlich denken heißt, dass auch die langfristigen gesellschaftlichen Kosten durch Klimawandel oder Biodiversitätsverluste mitgedacht werden. Geht man die Sache so an, wird noch viel deutlicher, dass grundlegend andere Produkte beschafft werden müssen – oder dass manches besser gar nicht beschafft wird.“

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