Die sogenannten „sozialen Medien“ befördern augenscheinlich nur eins: Geschwätz, Tratsch, Gerede und Gerüchtemacherei. Etwas, was auch Politiker immer öfter erfahren. Eine kleine Äußerung genügt, und schon tratschen alle möglichen Leute los, von denen alle irgendetwas wissen. Und irgendwann steht das Gerücht als „unumstößlich“ in der Welt. Da sieht sich auch die Leipziger Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe (SPD) gezwungen, wieder zu klassischen Kommunikationsmitteln zu greifen, um das Gerede um ihre Person richtigzustellen.

Aktuell ist die 38-jährige Physikerin, die die Politik zu ihrem Hauptberuf gemacht hat, auch noch Generalsekretärin der sächsischen SPD. Das ist sie seit drei Jahren. Aber auf dem ordentlichen Parteitag der SPD Sachsen am 27. und 28. Oktober in der Messe Dresden wird sie nicht mehr als Generalsekretärin antreten. Über diese Entscheidung unterrichteten sie und der Landesvorsitzende der SPD Sachsen, Martin Dulig, den Landesvorstand der SPD Sachsen auf der Sitzung am Freitagabend, 24. August, in Dresden.

„Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, erklärt Daniela Kolbe. „Ich bin seit 2015 Generalsekretärin des schönsten Landesverbandes unserer stolzen Partei, es war und ist mir eine große Freude und Ehre. Den Entschluss, dieses wundervolle Amt aufzugeben, habe ich nach langem Ringen getroffen und bereits vor Monaten mit meinem Landesvorsitzenden besprochen.“

Dass da jede Menge Raum zum Gemunkel ist, zeigen ja die Umfragen zu möglichen Wahlergebnissen der SPD, wenn in Sachsen am Sonntag Landtagswahlen wären – zwischen 9 und 12 Prozent bekäme die SPD, nachdem sie schon 2014 nur bei 12,4 Prozent gelandet ist. Aber mit ziemlicher Sicherheit hat das weniger mit der Arbeit der SPD in der sächsischen Regierung zu tun, als mit einem Effekt, den auch die Bundes-SPD erlebt: Sie wird in den immer neuen Großen Koalitionen mit der CDU immer weiter zerrieben. Die Wähler machen den Junior in der Koalition immer auch für die Arbeit des Seniors verantwortlich.

Auch in der SPD war ja das Sträuben gegen die erneute „Große Koalition“ in Berlin mehr als deutlich: „Wir wollen nicht schon wieder den Wasserträger für die CDU machen“, hieß es in vielen Kreisverbänden.

Und da die meisten Wähler von der Landespolitik so gut wie gar nichts mitkriegen und sich von den Berliner Entwicklungen leiten lassen, leiden seit dem Frühjahr die sächsischen Sozialdemokraten quasi doppelt.

Aber das war für Daniela Kolbe nicht der Grund, den Posten der Generalsekretärin abzugeben.

„Ich habe mit mir gerungen, da das Amt der Generalsekretärin ein Großartiges ist und die Aufgabe in diesen Zeiten eine sozialdemokratische Partei in Sachsen mit zu führen, eine, die man nicht leichtfertig abgibt. Ich freue mich auf mein zweites Kind und stelle an mich selbst den Anspruch, auch im Privaten Gleichberechtigung zu leben. Das ist bei zwei kleinen Kindern, mit einem Mandat in Berlin und der großen Verantwortung für unsere Partei und die Landespolitik in Dresden schwer bis gar nicht zu vereinbaren“, legt sie ihre Beweggründe dar.

Auch Politik ist nicht unbedingt ein Arbeitsfeld, das man gut mit einer Familie vereinbaren kann.

Erst recht, wenn Daniela Kolbe, nachdem sie schon in der Vergangenheit eine Enquete-Kommission zu Wachstum und Wohlstand geleitet hat, nun wieder eine solche Kommission übernehmen will, diesmal als Vorsitzende der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz“ im Deutschen Bundestag.

Außerdem ist sie Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und Mitglied des Parteivorstandes der SPD.

„Mir ist es wichtig, auch weiterhin Verantwortung für die SPD zu übernehmen. Ich freue mich beispielsweise auf die Arbeit als Leiterin der Programmkommission für das Regierungsprogramm der SPD Sachsen zur Landtagswahl 2019. Im Parteivorstand will ich außerdem aktiv am dringend notwendigen Erneuerungsprozess unserer SPD mitarbeiten“, erklärt Daniela Kolbe. Zu tun hat sie also genug.

Nur deutet sich zumindest an, dass die Arbeit des Generalsekretärs oder der Generalsekretärin in Sachsen in den nächsten zwölf Monaten sehr arbeitsintensiv wird, wenn die SPD wirklich als politische Alternative zur mittlerweile regelrecht ausgebrannten CDU wahrgenommen werden soll.

Aber wie das so ist in Zeiten, wo es um Profilierung geht: die Neider sind nicht weit. Und denkbar gieren allerlei Leute nach Gerüchten über Zoff in der Landesspitze.

„Ganz großer Quatsch! Ich arbeite eng und vertrauensvoll mit Martin Dulig und den anderen die SPD Sachsen prägenden Menschen zusammen. Mehr noch: die Zusammenarbeit macht riesengroßen Spaß“, betont die Leipziger Bundestagsabgeordnete. „Wenn wir doch mal unterschiedlicher Auffassung waren – beispielsweise zur Großen Koalition – habe ich das persönlich als Gewinn für unsere Partei empfunden, die ja ebenfalls ernsthaft und kollegial mit sich gerungen hat. Solche Auseinandersetzungen sind wichtig für eine demokratische Partei und etwas, von dem andere sich noch eine Scheibe abschneiden können.“

Und auch Martin Dulig, Vorsitzender der SPD Sachsen und stellvertretender Ministerpräsident, sieht keinen Grund für Klage: „Ich danke Daniela Kolbe für die jahrelange engagierte und gute Zusammenarbeit. Ihre Entscheidung das Amt aufzugeben verdient vor allem eins: Respekt! Ich bin ihr sehr dankbar für ihren Einsatz und freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit im bereits laufenden Programmprozess für die Wahl im kommenden Jahr.“

Über das weitere Vorgehen und die Besetzung des Postens des Generalsekretärs der SPD Sachsen unterrichtete Dulig den Landesvorstand ebenfalls. Jetzt muss er trotzdem jemanden finden, der das Amt gerade im kommenden Wahlkampf mit Verve auszufüllen vermag.

„Zur nächsten Sitzung des Landesvorstandes am 21. September werde ich der Partei einen neuen Generalsekretär oder Generalsekretärin vorschlagen“, sagt Dulig.

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