Mal ist es der LVZ-Ableger „Oschatzer Allgemeine Zeitung“ (OAZ), der aus den Folgen des Sturmtiefs Herwart einen wilden Alarm-Artikel über die Leipziger Rettungsleitstelle macht, mal macht der MDR dasselbe beim Sturmtief Friederike über die Rettungsleitstelle in Hoyerswerda. Beides waren Alarmgeschichten, die den Schluss nahelegen, dass die sächsischen Rettungsleitstellen völlig überfordert sind.

Beide Artikel veranlassten Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, bei der Staatsregierung nachzufragen, was an diesen Geschichten dran ist.

Und zumindest ist das dran, was Journalisten vermuten, wenn sie solche Geschichten machen: Bei großen Katastrophen kommen auch moderne Rettungsleitstellen an ihre Belastungsgrenze. Dann kommen in kurzer Zeit so viele Anrufe und Anforderungen nach Rettungskräften rein, dass es die Koordinatoren an die Grenze der Belastbarkeit bringt. Und darüber lassen sich immer brandheiße Geschichten machen. Das ist schon eingeübt. Seit vielen Sturmtiefs, Hagelschauern und Blitzeisen.

Was in den genannten Medienbeiträgen dann wie eine eigene Katastrophenmeldung klang, auch wenn die betroffenen Leitstellen auf Nachfrage des Innenministeriums in beiden Fällen sagten: „Laut Auskunft der Integrierten Regionalleitstelle Leipzig wurde die Koordinierung der Einsätze in keinem Fall eingestellt.“

Was Valentin Lippmann nicht wirklich beruhigt.

Seine Einschätzung dessen, was er jetzt erfahren hat: „Trotz erheblicher Probleme bei einer hohen Anzahl von Einsätzen, die sich bei den Stürmen ‚Herwart‘ und ‚Friederike‘ in den Integrierten Regionalleitstellen in Sachsen gezeigt haben, sieht Innenminister Prof. Roland Wöller offenbar keinen Handlungsbedarf.“

„Der Innenminister erachtet es noch nicht einmal für erforderlich, sich nach den konkreten Problemen vor Ort zu erkundigen. Dabei gehört dies zu seinen Aufgaben als oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde. Sie hat die Aufgabe, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten Aufgaben zu überwachen, nämlich den wirksamen Schutz der Bevölkerung vor Bränden, Unglücksfällen, öffentlichen Notständen und Katastrophen“, sagt Valentin Lippmann, wohl ahnend, dass das eigentliche Thema mal wieder in der Mitte liegt, in jenem großen, undurchleuchteten Raum, in dem man genau analysiert, zu welchen konkreten Überlastungen es kam. Und wie man genau das abstellen kann.

Zumindest der MDR-Bericht deutet an, dass die Idee, auch die Rettungskoordination derart straff zentral zu bündeln, wieder mal zu viel des Guten war. An normalen Tagen, wenn bis zu 400 Rettungsfälle bearbeitet werden müssen, arbeitet die Rettungsleitstelle Hoyerswerda ohne Probleme. Sturmtief „Friederike“ aber raste binnen drei Stunden über den Landkreis und löste binnen kurzer Zeit bis zu 150 Anrufe gleichzeitig aus, die von den 20 Mitarbeitern der Leitstelle natürlich nicht gleichzeitig bearbeitet werden konnten. Dazu scheinen einige Kommunikationssysteme überlastet gewesen zu sein, so dass die Feuerwehren vor Ort nicht mehr erreicht werden konnten.

Was ja bedeutet: Für erwartbare Wetterextreme, die mit der Erwärmung der Erdatmosphäre häufiger werden, sind diese zentralen Rettungsleitstellen nicht wirklich ausgelegt. Da fehlt etwas.

„Die lapidaren Antworten auf meine Anfragen zeigen jedoch keinerlei Verantwortungsbewusstsein. Wenn der Amtsleiter des Katastrophenschutz Görlitz in der Öffentlichkeit zitiert wird, dass die zentrale Leitstelle bei Flächenlagen wie den letzten großen Stürmen die Einsätze nicht mehr koordinieren könne, dann ist das ein Hilferuf, dem in einem ersten Schritt zumindest nachgegangen werden muss“, meint Valentin Lippmann. „In einem zweiten Schritt muss dann geprüft werden, ob das System der Integrierten Regionalleitstellen auch bei Großschadens- oder Flächenlagen funktioniert. Und wenn dies nicht der Fall ist, muss der Innenminister mit einer Anpassung der Verordnung zu den Leitstellen und erforderlichen Anweisungen dafür Sorge tragen, dass der Schutz der Bevölkerung vor Notständen und Katastrophen gewährleistet ist. Welche der Schritte der Innenminister zu tun gedenkt, werde ich in der nächsten Sitzung des Innenausschusses nochmals thematisieren.“

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