Es gab zwar inzwischen einige Prozesse zu den Müllproblemen in Sachsen. Auch die Deponie Cröbern war Thema. Aber Prozesse können die Konstruktionsfehler solcher Deponien nicht beheben. Und die Deponie im Leipziger Südraum wurde viel zu groß konstruiert für die sinkenden Abfallmengen aus der Region. Deswegen wird seit 2016 wieder massenweise gefährlicher Müll aus Italien importiert.
In den Jahren 2016 und 2017 wurde ein Großteil der Jahreskapazität der Deponie Cröbern von 1,2 Millionen Tonnen jeweils mit gefährlichen Abfällen aus Italien (147.000 (2016) bzw. 130.000 Tonnen (2017)) abgedeckt. Im Jahr 2015 wurde sogar Müll aus der Elfenbeinküste nach Sachsen importiert. Das ergab die Antwort des Umweltministers Thomas Schmidt (CDU) auf eine kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Volkmar Zschocke (Drs 6/12616).
„Die starke Zunahme von Müllimporten um mehr als das Doppelte gegenüber den Jahren 2014/15 macht mir Sorgen“, erklärt Volkmar Zschocke, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. „Diese enormen Abfallströme müssen konsequenter zurückgedrängt und unterbunden werden. Sie widersprechen dem Näheprinzip und dem Autarkie-Grundsatz in der EU und in Deutschland. Abfall sollte in einer der am nächsten gelegenen Entsorgungsanlagen beseitigt werden und zuerst im Inland, anstatt ihn kreuz und quer durch Europa zu transportieren.“
Sie entlarven freilich auch die fehlenden Grundlagen der sächsischen Abfallstrategie. Als die Deponie Cröbern als Zentraldeponie für Westsachsen geplant wurde, arbeitete man geradezu im ungehemmten Wachstumswahn der 1990er Jahre. Die Planer gingen von einer Vervielfachung von Einwohnerzahl, Wirtschaftsaufkommen und entsprechendem Konsummüll aus. Zahlen, die damals selbst in der „Boomtown“ Leipzig bezweifelt wurden. Leipzig wurde erst nach erheblichem Druck der Landesebene Mitglied im Zweckverband und damit quasi Mitbetreiber der überdimensionierten Deponie.
„Die fehlende Abfallstrategie und die am regionalen Bedarf vorbei geschaffenen Überkapazitäten der Abfallentsorgung machen Sachsen zu einem regelrechten Magnet für Abfälle. Aber Sachsen darf nicht zum Müllklo Europas werden! Es ist deshalb eine Strategie notwendig, die kommunalen Betreibern wie die der Deponie Cröbern ein langfristiges wirtschaftliches Auskommen ohne Importe ermöglicht“, erläutert Volkmar Zschocke. „Das Argument, gefährliche Abfälle doch besser in Deutschland zu behandeln, als in Ländern mit niedrigen Umweltstandards, kann ich nicht gelten lassen. Denn die hohen Entsorgungsstandards stehen in Sachsen leider allzu oft nur auf dem Papier. Es mangelt an entschlossener Durchsetzung und behördlicher Überwachung.“
Oft genug fiel das sächsische Umweltministerium in den letzten Jahren mit Ahnungslosigkeit auf, wenn es um die Müllentsorgung im Land ging.
Und mit den Kontrollen in Cröbern sieht es aus Zschockes Sicht auch nicht wirklich gut aus. So teilte Minister Schmidt selbst in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage mit, dass die Proben für gesetzlich vorgeschriebene Kontrollen ausschließlich von Deponiemitarbeitern genommen und dann vom Deponiebetreiber an ein privates Labor geschickt werden. Wenn dann doch Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden, dann erteilte die Landesdirektion Sachsen regelmäßig eine Ausnahmegenehmigung.
„Auch die aktuelle Verwaltungspraxis trägt dazu bei, dass die Entdeckungswahrscheinlichkeit von kriminellen Praktiken in der Abfallentsorgung eher gering bleibt“, sagt Zschocke. „Wir brauchen eine verstärkte staatliche Fach- und Rechtsaufsicht der abfallrechtlich relevanten Aktivitäten“, fordert Zschocke. „Dazu gehört auch eine regelmäßige unangemeldete Kontrolle aller sächsischen Deponien auf sachgemäße Sanierung und Betreibung. Die Abfallüberwachung sollte dafür personell und technisch mit einer Taskforce auf Landesebene aufgestockt werden.“
Solange die Landesregierung das Problem nicht einmal wahrnehmen möchte, wird sich aber nichts ändern. Augen zu und weitermachen, ist das Motto der sächsischen Staatsregierung.
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