Am Freitag, 13. April, ging es im Umweltausschuss des Sächsischen Landtages um die Bienen. Nicht um alle. So mutig war der Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Belegstellenschutzgesetz in Sachsen nicht. Man dachte wieder sehr klein. Das Maß gab ein einziger Verband vor. Aber für einen einzigen Verband so ein Gesetz zu machen, das bringt nicht wirklich viel und sorgt in Wirklichkeit für Ärger. Logisch, dass zwei Fraktionen kopfschüttelnd aus der Expertenanhörung gingen.
Mit dem von der Regierung vorgelegten Gesetz sollen erstmals Belegstellen für Honigbienen in Sachsen eingeführt werden, um deren Reinzucht in einem dafür extra ausgewiesenen Gebiet zu ermöglichen. Mit diesen Schutzräumen soll die Einschleppung von Krankheiten und Schadorganismen über andere, nicht an der Zucht beteiligte Bienenvölker, künftig verhindert werden.
„In der heutigen Anhörung würdigten die Sachverständigen mit großer Mehrheit das vorgelegte Belegstellenschutzgesetz“, befand der agrarpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Heinz, nach der Sitzung. „Damit werden wir in Sachsen erstmals die Möglichkeit eröffnen, Einrichtungen für die natürliche Verpaarung von Bienen als ‚Belegstelle‘ staatlich anzuerkennen. Wir sehen darin einen wesentlichen Beitrag zum Schutz und dem Erhalt von gesunden Honigbienenpopulationen in unserem Land.“
„Augen-zu-und-durch“-Mentalität
Eine Aussage, die Dr. Jana Pinka, umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, schlicht als „ahnungslos“ bezeichnete.
„Die Anhörung zum sogenannten Belegstellenschutzgesetz zeigte an verschiedenen Stellen überdeutlich die Gräben zwischen den Imkern und Imkerverbänden. Geholfen ist mit dem aktuell von der Staatsregierung vorgelegten Gesetzentwurf wohl in erster Linie dem etablierten Landesverband Sächsischer Imker. Die Vertreter der anderen auch hier gehaltenen Bienenrassen – Buckfast und Dunkle Biene – sehen sich im vorliegenden Gesetzentwurf nicht vertreten“, stellte Pinka fest. „Bei der CDU/SPD-Koalition scheint sich eine ‚Augen-zu-und-durch‘-Mentalität eingestellt zu haben. Minderheitenschutz ist nicht das Thema der Regierungskoalition, und der Wille, am Gesetz noch mal grundlegend etwas zu ändern, scheint äußerst gering. Dadurch wird die Chance vergeben, etwas für die Begünstigung einer wirklich vielseitigen Bienenzucht hier in Sachsen zu tun. Das von Sachverständigen vorgeschlagene Gremium von Imkerverbandsvertretern, das die Belange der Belegstellen erörtern und gemeinsam entscheiden sollte, böte zudem die Chance, die sichtbaren Unstimmigkeiten zwischen den Verbänden im allseitigen Interesse auszuräumen.“
Das Ergebnis der Anhörung war also ganz und gar nicht so sinnvoll, wie Andreas Heinz suggerierte.
Dr. Jana Pinka: „Gesetze, die nicht erforderlich oder nicht in der Lage sind, allen Betroffenengruppen annähernd gerecht zu werden, sind nicht zu erlassen. Ich fordere daher die Staatsregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und mit den beteiligten Verbänden nochmals den Austausch zu suchen. Zu viele Fragen sind ungeklärt. Problematisch ist unter anderem auch das gesetzlich definierte Zuchtziel, das vorsieht, die ‚Leistungseigenschaften‘ der Bienen – sprich den Honigertrag – zu verbessern. Dabei liegt es auf der Hand, dass beispielsweise die Varroatoleranz oder andere Eigenschaften für das langfristige Überleben der Bienen wesentlich wichtiger sind.“
Und dann geht die studierte Mineralogin auf die seltsame Aussage des Agro-Ingenieurs Andreas Heinz ein – die mit der „Verpaarung der Bienen“. Jana Pinka: „Die von der CDU in ihrer Pressemitteilung gelieferte Erklärung ‚Mit diesen Schutzräumen soll die Einschleppung von Krankheiten und Schadorganismen über andere, nicht an der Zucht beteiligte Bienenvölker künftig verhindert werden‘ geht auch fachlich komplett an der Definition einer Belegstelle vorbei: Belegstellen dienen der Paarung von Bienenköniginnen mit ausgewählten Drohnen – die ‚Einschleppung von Krankheiten und Schadorganismen über andere, nicht an der Zucht beteiligte Bienenvölker‘ ist eine Nebelkerze, die damit überhaupt nichts zu tun hat. Die Erklärung zeigt, dass die CDU keine Ahnung hat, worum es hier eigentlich geht.“
Wie in Sachsen üblich: Masse statt echter Bienenschutz
Und auch Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, erlebte augenscheinlich eine völlig andere Veranstaltung als der CDU-Mann Andreas Heinz.
„Die Vielfalt der Bienenrassen ist uns wichtig. Die qualifizierten Beiträge der Sachverständigen unterstrichen die dringende Verbesserungswürdigkeit des Gesetzentwurfes. Darin bestand Einigkeit unter allen Sachverständigen. Mehrere Sachverständige erklärten, dass der vorliegende Entwurf im Ergebnis sogar mehr schaden als nützen würde. Insbesondere die Verbandsvertreter der Rassen Dunkle Biene und Buckfast hoben das hervor“, geht Günther auf die offensichtlichen Fehlstellen des Gesetzentwurfes ein. „Hauptkritikpunkt ist dabei der Schutzradius. Der Schutzradius entsprechend den Flugradien der Königinnen und der Drohnen muss wesentlich erhöht werden. Sieben Kilometer, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, sind nicht ausreichend, da die Paarungsdistanz bis 12, im Einzelfall sogar bis 16 Kilometer betragen kann. Um genetisch sauber zu sein, legen die Bienen einen weiten Weg zurück. Daher wird gefordert, dass als Kompromiss im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit wenigstens 10 Kilometer als Mindestumkreis festgelegt werden.“
Und die Sachverständigen hoben auch hervor, dass der Gesetzentwurf wesentliche Fragen gar nicht beantwortet.
„Diese beziehen sich auf die mögliche Verdrängung von Imkern, die fachliche Begründung für die Ausweisung einzelner Belegstellen oder die Definition von Belegstellen im Sinne der gesetzlichen Regelung“, so Günter.
Der durch die Grünen-Fraktion benannte Sachverständige Sven Büchner (Bioland-Imker) unterstrich, dass wenn selbst die Ausmaße der amerikanischen Faulbrut nicht leicht einzugrenzen seien, es auch bei einer Belegstelle nicht möglich wäre, sauber zu züchten. Der Ertrag der sächsischen Bienen wäre im innerdeutschen Vergleich jetzt schon höher. Das Erreichen der Varroatoleranz sei wesentlich relevanter.
Die Varroose ist eine durch die Varroamilbe hervorgerufene Seuche, die die Honigbienenvölker bedroht.
„Damit ist das Ziel des Gesetzes unglücklich formuliert. Die Zuchtziele sollten Gesundheit, Sanftmut, Schwarmträgheit und Varroatoleranz sein, nicht allein die Honigproduktion“, geht Günther auf das alte, rein auf Masseproduktion fixierte Denken in diesem Gesetzentwurf ein. Mit einer nachhaltigen Bienenwirtschaft hat das wirklich nichts zu tun – aber mit dem alten Tonnage-Denken aus den Agro-Fabriken. „Weniger Medikamente in der Haltung sind das Hauptziel, auch wenn es mit weniger Honigproduktion einherginge.“
Und was er auch noch vermisst, ist der Wille der Staatsregierung, auch zu kontrollieren, was sie ins Gesetzt gegossen hat: Sie bringt zwar lauter Gesetze ein und versucht alles bis zum kleinsten Fitzel zu regeln – aber es gibt keine wissenschaftliche Begleitforschung. Gerade ja wieder erlebt beim großen Insektenschwund: Der Umweltminister stellt sich hin und meint, Berlin solle das machen.
„Wenn schon die Belegstellen per Gesetz geschützt werden, sollte, um den Aufwand zu rechtfertigten, eine jährliche wissenschaftliche Begleitung sichergestellt werden“, fordert Sven Büchner.
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