Da steht den Leipziger Bürgern ja am Freitag, 13. April, einiges ins Haus. Busse und Bahnen werden ausfallen, die Kinderbetreuung wird an vielen Stellen nicht oder nur eingeschränkt angeboten und eine Kundgebung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz kommt noch obenauf. Zu dieser versammeln sich ab 9:30 Uhr die öffentlichen Angestellten und die Mitarbeiter der LVB, Leobus und LSVB zur gemeinsamen Demonstration. Gleichzeitig wird es Streiks in Dresden, Chemnitz, Zwickau und Plauen geben. Dass der Ausstand von öffentlich Angestellten und Nahverkehrsmitarbeitern auf einen Tag fällt, ist dabei kein Zufall, wie Ver.di auf L-IZ – Nachfragen hin schildert.

Bei der aktuellen Tarif-Auseinandersetzung zwischen dem kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen (KAV Sachsen) und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di scheint jede Menge Feuer unter dem nun auftretenden Rauch zu sein. Wer da genau zündelte, ist schwer einzuschätzen, beim KAV hält man sich mit Pressemitteilungen noch zurück. Erst heute erfolgte die Entscheidung zum kurzfristigen Ausstand am morgigen Freitag in Teilen Sachsens vonseiten Ver.dis. Auch, weil am Sonntag, 15. April, eine wichtige Verhandlungsrunde zwischen Ver.di im Namen der öffentlich angestellten Kindererziehern und dem KAV Sachsen ansteht, von dessen Ergebnis auch die Lohnentwicklung bei der LVB und Co. abhängen könnten.

Da fordert Ver.di derzeit als Kernforderung rund sechs Prozent mehr Lohn (mindestens aber 200 Euro mehr) für die öffentlichen Angestellten. Gleichzeitig steht die Diskussion im Raum, dass eben dieser Abschluss (indirekt) auch für die Angestellten bei den Nahverkehrsbetrieben Sachsens gilt. Forderung Nummer 1 seitens der Gewerkschaft also die „materielle Übernahme des Tarifergebnisses des öffentlichen Dienstes“.

Laut Stefan Hilbig, Ver.di-Sprecher für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, bietet der KAV Sachsen in diesem Bereich etwas an, was bei der Gewerkschaft als „Provokation“ gewertet wird. Denn aus der Gewerkschaftsforderung „Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 38 Std. bei vollem Lohnausgleich“ hat der KAV einen eigenen Vorschlag gestrickt, welcher den Angestellten in Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zwickau und Plauen objektiv wenig nützt.

„Die Arbeitnehmer sollen zwar vom Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst partizipieren, allerdings dann wählen, ob sie die Lohnerhöhung als Freizeit oder Geld haben wollen.“, so Hilbig. In einem Beispiel würden bei 1.700 Euro Bruttolohn so rund 100 Euro mehr oder eben zwei Stunden Arbeit pro Woche (dann also ohne Lohnausgleich) weniger anfallen.

Für ihn eine Idee, bei welcher auch alle anderen Forderungen für die Fahrer und Angestellten der Verkehrsunternehmen unberücksichtigt bleiben. Unter anderem will Ver.di derzeit durchsetzen, dass die Ruhezeiten zwischen den Arbeitsschichten mindestens 12 Stunden betragen, derzeit seien es teils neun Stunden und weniger. Ein Umstand, der darauf hinweist, dass auch die LVB in Leipzig und andere öffentlichen Nahverkehre in Sachsen ganz grundsätzlich mit zu wenig Personal arbeiten, also müssen die, die da sind, öfter ran.

Ohne neue Einstellungen ist diese Forderung seitens Ver.di wohl kaum zu realisieren.

Was die Streikbereitschaft jedoch noch weiter befeuert hat, ist ein darüber hinausgehender Vorschlag der Arbeitgeberseite, bei welchem beispielsweise Bahnfahrern sogar noch Geld weggenommen werden soll. „Speziell geht es dabei um die 35 Prozent Zuschlag, wenn an Feiertagen wie Pfingsten oder Ostern gearbeitet werden muss.“ Diese Zuschläge wollen die Arbeitgeber derzeit ohne Ausgleich kippen.

Angesichts dieser diametral anderen Haltung ist man zudem in drei weiteren Bereichen extrem weit voneinander entfernt.

So will Ver.di erreichen, dass es „keine Kürzung der Jahressonderzahlung bei Krankheit und keine Rückzahlung beim Ausscheiden aus dem Unternehmen“ mehr gibt. Auf Nachfrage, was das heißen soll, tut sich laut Stefan Hilbig in der Tat ein absonderlicher Umstand auf. „Wenn ein Angestellter der LVB beispielsweise im März eines Jahres das Rentenalter erreicht und in den Altersruhestand geht, muss er quasi das Weihnachtsgeld aus dem Vorjahr zurückzahlen.“

Diese „Rückzahlungen“ finden zudem auch in Form von Kürzungen statt, wenn ein Arbeitnehmer erkrankt. Beides möchte Ver.di nun aus den bisherigen Regelungen herausverhandeln. Angesichts der derzeitigen Positionen dürfte auch die dritte Forderung für die Arbeitgeberseite schwer verdaulich sein.

Hierbei fordert Ver.di, dass die sogenannten „Stufenlaufzeiten“ verkürzt werden sollen. „Wir wollen, dass beispielsweise ein Fahrer der LVB nicht wie derzeit erst 15 Jahre nach dem Berufsstart, sondern bereits nach 10 Jahren die derzeit höchste Vergütung erhält.“ Und diese ist angesichts steigender Mieten und anderer Lebenshaltungskosten in Leipzig auch nicht unbedingt üppig.

Hilbig zum aktuellen Nahverkehrs-Tarifvertrag: „Ein Fahrer hat zum Berufsstart bei 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche 2.062 Euro brutto monatlich zur Verfügung. In der Endstufe sind es dann nach 15 Jahren 2.506 Euro monatlich.“

Noch schweigt man also nach einem ersten Vorschlag auf Arbeitgeberseite. Ver.di wiederum ruft nun ab morgen 3 Uhr zum Ausstand und in Leipzig ab spätestens 10 Uhr zur Kundgebung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Dann werden sich neben den Erziehern und Erzieherinnen, Straßenbahnfahrern und Angestellten der Verwaltung sicher auch der eine oder andere Angestellte der Straßenreinigung einfinden, Frank Bsirske soll eine Ansprache halten und mit viel Glück wird es nicht regnen.

Busse und Bahnen bleiben dann in der Zeit von 3 Uhr bis 14 Uhr mindestens zum Teil im Depot und Kitas und Schulhort werden entweder teilweise oder ganz geschlossen sein. (PDF der Liste zum Download) Ver.di macht zum ersten Mal Ernst in diesem Jahr.

Die LVB wird ua. über die App Easy Go, Twitter und Anzeigetafeln an den Haltestellen informieren.

Zur Berichterstattung vom Streiktag auf L-IZ.de

Alle Räder stehen still …: Impressionen vom Streiktag + Videos

Warnstreik und Kundgebung am Freitag: Kitas, Horte und Betreuungsangebote eingeschränkt + Liste der betroffenen Einrichtungen

Warnstreik und Kundgebung am Freitag: Kitas, Horte und Betreuungsangebote eingeschränkt

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