Am Freitag, 12. Januar, haben CDU, CSU und SPD die Ergebnisse der Sondierungsgespräche für die neue Große Koalition im Bund bekanntgegeben. Die Kommentare landauf, landab waren so ziemlich alles zwischen Frohundglücklich bis hin zu „Totaler Stillstand“. Kommentatoren schrieben sich die Finger wund. Das machen wir nicht. Wir sammeln hier einfach, was die sächsischen demokratischen Parteien dazu kommentieren. Kommt Sachsen nun irgendwie drin vor oder nicht?

SPD: Sondierungsergebnisse sind ein vernünftiger Kompromiss für unser Land

Martin Dulig, Vorsitzender der SPD Sachsen: „Die SPD hat immer die Frage gestellt, was gut für unser Land ist. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche setzen nun wichtige und richtige Akzente für die Zukunft unseres Landes. Deshalb hat sich die SPD in ihrer heutigen Parteivorstandssitzung mehrheitlich dafür ausgesprochen, dem Parteitag am 21. Januar zu empfehlen, in Koalitionsverhandlungen über eine mögliche Regierungsbildung einzutreten. Wir haben darüber diskutiert, wie wir Deutschland voranbringen können. Denn wir stehen vor großen Aufgaben: Wenn es uns gelingt, zum Beispiel die Digitalisierung und die sich verändernde Arbeitswelt aktiv mitzugestalten, wenn es uns gelingt, dieses Land so zu gestalten, dass es den Menschen tatsächlich Verbesserungen bringt, dann haben wir die richtigen Akzente gesetzt.

Sicher gibt es eine Reihe an Themen, bei denen die Unterschiede zwischen den Verhandlungspartnern deutlich werden. Das ist aber gut so, denn wir sind ja auch unterschiedliche Parteien. Schlussendlich kommt es darauf an, dass man zu einem vernünftigen Kompromiss findet und vor allem, dass man gemeinsame Ziele benennt. Dass ein Sondierungspapier nur die Eckpunkte formuliert, muss erstmal klar sein. Jetzt muss es konkret darum gehen, wie wir auch die Interessen des Ostens stärker in den Mittelpunkt rücken. Die SPD Sachsen hat mit der Aufarbeitung der Nachwendezeit und der Forderung nach einem Gerechtigkeitsfonds bereits viel auf die Tagesordnung gesetzt, das für den Osten wichtig ist.

Zukunftsgestaltung ist maßgebliche Aufgabe der Politik. Deshalb bin ich froh, dass wir jetzt eine Grundlage haben, auf der wir diskutieren können. In der kommenden Woche und schließlich auf dem Parteitag in Bonn werden wir weiter diskutieren.“

Linke: Sondierung hat Sachsen nichts Substanzielles gebracht

Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: „Der Wutausbruch von Ministerpräsident Kretschmer am Rande der Sondierungen ist offenbar verpufft, für die Menschen in Sachsen ist nichts Substanzielles herausgekommen. Die Verständigung von CDU und SPD ist vor allem unverbindlich, zieht sich aufs wolkige ‚Wir wollen‘ oder ‚lassen uns davon leiten‘ zurück, statt klar zu sagen, was konkret gemacht wird. Sie ist halbherzig, wie beim Thema Bildung die Ankündigung eines nationalen Bildungsrats bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Aufhebung des Kooperationsverbots zeigt.

CDU und SPD greifen in ihrer Rat- und Kraftlosigkeit zur Uralt-Ausflucht: Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man ‚nen Arbeitskreis. Also werden statt eigenen Konzepten verschiedene Kommissionen in Aussicht gestellt. Streckenweise sind die Sondierungsergebnisse einfach nur peinlich, wie die auf Jahre gestreckte ‚Erhöhung‘ des Kindergelds um 25 Euro. Die soziale Ungleichheit wird auch zwischen den Jüngsten der Gesellschaft weiter wachsen. Geradezu lächerlich ist es, die Wiederherstellung der von der SPD selbst abgeschafften paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung als Erfolg zu feiern, dafür kommt die Bürgerversicherung, die ein echter Fortschritt wäre, eben nicht.

Innovation geht anders. Wenn es die SPD ernst meint mit Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit, darf sie dieser Verständigung nicht zustimmen und eben nicht in Koalitionsverhandlungen mit der CDU eintreten. Man wird sehen, ob SPD-Landesvorsitzender Dulig seinen Genossinnen und Genossen trotz allem die ‚GroKo‘ schmackhaft zu machen versucht.“

CDU: Das Ergebnis ist ein Kompromiss

CDU-Landesvorsitzender und Ministerpräsident Michael Kretschmer: „Die langen Verhandlungen zeigen das intensive Ringen um eine Regierung für Deutschland. Die CDU hat Wort gehalten, es wird keine Steuererhöhungen geben. Familien werden durch eine Erhöhung des Kindergeldes um 25 Euro entlastet. Am Ende der Legislaturperiode werden 90 Prozent aller Deutschen keinen Solidaritätszuschlag mehr bezahlen müssen. Die Entscheidungen zur Migration und dem Familiennachzug gehen in die richtige Richtung. Das Gesetz zur Aussetzung des Familienachzugs wird noch im Januar in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Das Ergebnis ist ein Kompromiss. Mehr war nicht möglich. In der Legislaturperiode müssen weitere Entscheidungen für Zukunftsinvestitionen getroffen werden.

Für Sachsen sind die Entscheidungen zur Energiepolitik und das Bekenntnis zur Unterstützung des Strukturwandels besonders wichtig. Die Unterschiede zur Sondierung mit FDP und Grünen sind hier am sichtbarsten. Der gesunde Menschenverstand hat sich durchgesetzt.

Wir werden bei dem richtigen Projekt einer Grundrente in den Koalitionsverhandlungen die besondere Situation der ostdeutschen Erwerbsbiographien nach 1990 verankern.

1,5 Milliarden Euro wollen wir für die Regionale Strukturentwicklung investieren. Das ist eine sehr gute Nachricht für das Mitteldeutsche Revier und die Lausitz – der Bund investiert in Zukunftschancen für die Menschen.

Der Osten hat die frühkindliche Bildung und die Ganztagsschule in die deutsche Einheit eingebracht. Wie sehr beides zum Standard in Deutschland geworden ist, zeigt das Sondierungsergebnis. 5,5 Milliarden Euro sollen in diese Aufgaben investiert werden.“

Grüne: Große Koalition ist kein Aufbruch für ein modernes Deutschland

Christin Melcher, Landesvorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen: „Die Große Koalition macht weiter Politik von vorgestern. Eine neue Idee, ein neuer Impuls für unser Land ist nicht in Sicht.

CDU und SPD fallen weit hinter den Erwartungen zurück. Die dringenden Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes werden nicht beantwortet. Die Klimaschutzziele 2020 sind erreichbar, wenn man den politischen Willen zum Gestalten hat und sich nicht von der Braunkohlelobby bevormunden lässt. Wichtige Zukunftschancen werden verspielt. Die Verkehrswende, die unsere Autoindustrie modernisiert und unsere Städte sauberer macht, wird nicht angegangen. Die Zwei-Klassen-Medizin wird fortgeführt und unsere Gesellschaft weiter gespalten. Besonders bitter ist die weitere menschenunwürdige Verschärfung des Asylrechts.

Diese Große Koalition ist weder christlich noch sozial. Vor allem aber ist diese Große Koalition kein Aufbruch für ein modernes Deutschland.“

FDP: Sondierungsergebnis ist ein „Weiter so“ mit kleinen Korrekturen

Holger Zastrow, Landesvorsitzender der FDP Sachsen: „Das Sondierungsergebnis ist nach dem vorausgegangenen Trommelwirbel, insbesondere bei der SPD, wenig überraschend. Nach den gemeinsamen schwarz-roten Regierungsjahren gibt es ein ‚Weiter so‘ mit kleinen Korrekturen. Ein echter politischer Aufbruch findet leider nicht statt. Die potenziellen Regierungspartner schweißt vor allem die Angst vor Neuwahlen und die Lust aufs Geldausgeben aufgrund voller öffentlicher Kassen zusammen.

Bei den Themen Bildung und Digitales fehlt den Sondierungspartnern komplett der Ehrgeiz. Die fleißige Mitte unserer Gesellschaft wird nur mit einem Bruchteil der durch sie selbst erwirtschafteten Steuermehreinnahmen des Staates entlastet. Eine Rückkehr zu Rationalität und Vernunft ist auch in der Energie- und Klimapolitik nicht sichtbar. Wirtschaftswachstum spielt im gesamten Sondierungspapier faktisch kaum keine Rolle. Besonders bitter kommt es für Unternehmen: Ihre Freiheiten werden an vielen Stellen weiter eingeschränkt. So gelingt es mit Sicherheit nicht, mehr Menschen für die Selbständigkeit zu gewinnen und die Lücke zu den digitalen Wirtschaftschampions in den USA und in Asien zu schließen.

Das Sondierungsergebnis zeigt auch: Eine Jamaika-Koalition mit einer derart anspruchslosen Kanzlerin und ihrer inhaltlich entkernten Union wäre nicht gutgegangen. Die Freien Demokraten haben sich richtigerweise für die Opposition entschieden.“

Die wichtigsten Punkte aus Sicht der SPD

Ihre ganz großen Themen – Bürgerversicherung oder höhere Steuern für Reiche – hat die SPD nicht durchbekommen. Aus ihrer Sicht hat die sächsische SPD zusammengestellt, was an Wichtigem trotzdem ereicht wurde:

„Ein demokratisches, solidarisches und soziales Europa: Mit sozialen Mindeststandards, Angleichung der Unternehmensbesteuerung, Kampf gegen Steueroasen und dem Ende der einseitigen Sparpolitik.

– Sichere Arbeit, gute Löhne, eine innovative Wirtschaft: Mit einem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, regionale Strukturförderung in Ost und West, Mindestausbildungsvergütung und einem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für Frauen und Männer, die lange schon keine Arbeit gefunden haben.

– Echte Gleichberechtigung von Frauen und Männern: Mit dem Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit und auf Ganztagsbetreuung in Kita und Schule. Und mit sozialen Berufen, die aufgewertet werden – und vor allem auch besser bezahlt!

– Mehr für Familien: Mit Steuerentlastungen für kleine und mittlere Einkommen und dem Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut. Mit gebührenfreien Kitas, der Aufhebung des Kooperationsverbots und mit Kinderrechten im Grundgesetz.

– Sichere Renten und ein faires Gesundheitssystem: Mit einem stabilen Rentenniveau, der Grundrente und der Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung.

– Mehr Investitionen: Mit dem flächendeckenden Ausbau des schnellsten Internets und mehr Geld für Straßen und für die Kommunen. Erstmalig soll es ein Klimaschutzgesetz mit ambitionierteren Zielen geben.“

***

Trotzdem wird gerade die SPD ihren Mitgliedern den Kompromiss erst einmal überzeugend vermitteln müssen. Das passiert als nächstes auf der Mitgliederkonferenz am kommenden Donnerstag in Chemnitz: Mitgliederkonferenz der SPD Sachsen zu den Ergebnissen der Sondierungsgespräche mit CDU/CSU am 18. Januar um 19:00 Uhr in der „Kantine“, Am Rathaus 2 in Chemnitz.

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