Eines der ersten Opfer der Ulbigschen "Polizeireform 2020" war die drastische Reduzierung von Verkehrskontrollen in Sachsen. Abschleppdienste in den Orten an den sächsischen Autobahnen konnten gleich mit Ulbigs Ankündigung neue, leistungsstarke Abschleppfahrzeuge kaufen. Die machten sich in den nächsen Jahren schnell bezahlt. Denn der kraftstrotzende Mensch ist nun einmal so: Wenn weniger kontrolliert wird, tritt er aufs Gaspedal. Auch die neuesten Zahlen bestätigen Enrico Stange.

Der ist innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag und nervt natürlich die Staatsregierung ständig mit Fragen zu den direkten Auswirkungen der Ulbigschen “Polizeireform”- zu Krankenständen, Soll-Besetzungen und Überstunden der Polizisten, aber auch zu den Kontrollen auf den Autobahnen.

Anhaltekontrollen der sächsischen Polizei seit 1997. Grafik: Linksfraktion Sachsen
Anhaltekontrollen der sächsischen Polizei seit 1997. Grafik: Linksfraktion Sachsen

“Raser, Drängler und Hochrisiko-Autofahrer haben auf Sachsens Autobahnen und Fernstraßen leichtes Spiel. Auch im vergangenen Jahr ist die Zahl der Stunden, in denen die Polizei Geschwindigkeitskontrollen durchführen konnte, gesunken. Sie hat einen besorgniserregenden Allzeit-Tiefstand erreicht”, stellt der Landtagsabgeordnete der Linken fest.

Kontrollierte die Polizei 2007 noch insgesamt in 67.420 Stunden die Geschwindigkeit, schaffte sie dies 2017 nur noch für 21.646 Stunden.

“Damit sind die Kontrollstunden innerhalb von zehn Jahren um sage und schreibe zwei Drittel gesunken. Noch deutlicher fiel der Rückgang bei Kontrollen mittels sogenannter ProViDa-Systeme auf”, sagt Stange. „Proof Video Data System“ (ProViDa) steht für das Kontrollverfahren, bei dem zivile Fahrzeuge der Polizei verwendet werden, die mittels einer Videokamera die Geschwindigkeit und sonstige Verkehrsverstöße vorausfahrender Fahrzeuge aufnehmen können. “Hier ging die geleistete Kontrollstundenzahl von 11.741 im Jahr 2007 auf 2.958 im vergangen Jahr zurück – ein Minus von fast 75 Prozent. Damit stehen in den Depots der sächsischen Polizei teure Fahrzeuge und Geschwindigkeitsmessgeräte, die mangels Personals und wegen riesiger Überstundenberge und Krankenstände nicht eingesetzt werden können.”

Zahl der Anhaltekontrollen bei Geschwindigkeitskontrollen. Grafik: Linksfraktion Sachsen
Zahl der Anhaltekontrollen bei Geschwindigkeitskontrollen. Grafik: Linksfraktion Sachsen

Nicht nur die Zahl der Kontrollstunden, auch die Gesamtzahl der Kontrollen ist stark rückläufig, kann Stange nach seiner erneuten Anfrage wieder feststellen. Die Antwort bekam er vom neuen sächsischen Innenminister Dr. Roland Wöller (CDU) am 25. Januar. Kam es 2007 noch zu 1.358.418 Kontrollen, so sank die Zahl bis 2017 trotz eines leichten Aufwuchses gegenüber dem Vorjahr um fast 65 Prozent auf 482.479 Anhalte-Kontrollen.

“Die CDU/SPD-Politik des kostengetriebenen Personalabbaus der zurückliegenden zehn Jahre setzt die Sicherheit aufs Spiel und hat Wildwest-Zustände zugelassen”, kommentiert Stange die Zustände, wie sie mittlerweile auf Sachsens Autobahnen herrschen. “Es gilt verkehrswissenschaftlich als gesichert, dass dem Rückgang der Geschwindigkeitskontrollen zeitverzögert mittelfristig ein Anstieg der Unfälle folgt. Ohne Kontrollen verändert sich das individuelle Fahrverhalten hin zu höheren Geschwindigkeiten, deutlich reduzierten Sicherheitsabständen, riskanten Überholmanövern und aggressiven Drängeleien auf Autobahnen und Fernstraßen. So wächst das Unfallrisiko und die Schwere der Unfälle nimmt deutlich zu. Die Folge sind mittel- und langfristig höhere gesamtgesellschaftliche Kosten und mehr traumatische Einzelerfahrungen bei Unfällen.”

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