Dass die Genehmigung des Sächsischen Umweltministeriums zum Abschuss eines Wolfes augenscheinlich gegen geltendes Recht verstößt, darüber haben wir schon berichtet. Dass der Bautzener Landrat Michael Harig von Wölfen wenig Ahnung hat, das machte er noch am 30. Oktober öffentlich. Die kompetente Kritik bekam er am Mittwoch, 1. November, direkt vom Verein Wolfsschutz-Deutschland. Der hat sich nämlich die fahrlässigen Zustände in der Lausitz selbst angeschaut.

Landrat Michael Harig ließ am 30. Oktober verlauten: „Die Erteilung des Einvernehmens zur Bejagung im Bereich des Rosenthaler Rudels ist ein erster wichtiger Schritt, um die Konflikte zwischen Artenschutz und Nutztierhaltung zu minimieren. Weitere Schritte müssen folgen, um die Wolfspopulation wirksam zu regulieren. Es bleibt zu hoffen, dass die Initiativen in inzwischen mehreren Bundesländern dazu führen, die rechtlichen Voraussetzungen endlich zu schaffen. Ein nachhaltiger Artenschutz ist gegen die berechtigten Interessen der Menschen im ländlichen Raum dauerhaft nicht möglich. Schutz und Regulation schließen sich gegeneinander nicht aus, im Gegenteil.“

Er verwendet zwar das Wort „nachhaltiger Artenschutz“. Aber der Wunsch, Wölfe abzuschießen (und einer genügt ihm ja sichtlich nicht) hat mit Artenschutz nicht das Geringste zu tun.

„Macht Bautzens Landrat Harig dem Rosenthaler Rudel ein Fast-Food-Angebot, dass es nicht ablehnen kann, um dessen Tötung zu fordern?“ Diese Frage stellt sich der Verein Wolfsschutz-Deutschland in Pro Naturschutz Sachsen e.V. nach der still und heimlich erlassenen Genehmigung des Sächsischen Umweltministeriums zum Abschuss eines Wolfs aus dem Rosenthaler Rudel. Wohlgemerkt, irgendeines Wolfes.

Die Tatsache, dass der Abschuss nicht im Umweltausschuss des Sächsischen Landtags und nicht den zuständigen Naturschutzverbänden zur Stellungnahme vorgelegt wurde, zeige deutliches anti-demokratisches Verhalten auf, so die Sprecherin des Vereins Wolfsschutz-Deutschland, Brigitte Sommer.

Zwar sei Landrat Michael Harig, der selbst Hobbyschäfer ist, erneut daran gescheitert, das gesamte Rosenthaler Rudel zu töten, doch auch die jetzt genehmigte „Entnahme“ nur eines der Tiere widerspreche in aller Form den geltenden Gesetzen, so Sommer. Der Schutz der Wölfe sei klar definiert. Der Wolf sei nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen sowie nach der Berner Konvention eine geschützte Tierart. Die Abkommen seien völkerrechtlich bindend, da beide Abkommen durch Deutschland ratifiziert worden seien.

Rechtswidrige Tötungsabsichten

In Deutschland unterliegt die Umsetzung dem Bundesnaturschutzgesetz. Hier gilt der Paragraph 44 Absatz eins und zwei. Brigitte Sommer: „Der Wolf steht im Anhang IV der FFH-Richtlinien und ist somit sogar eine besonders streng geschützte Art. Diese Tiere zu töten, ist laut Paragraph eins des Bundesnaturschutzgesetzes verboten.“

Die letale Entnahme des Wolfes wird gemäß Paragraph 45 Bundesnaturschutzgesetz entschieden. Hierbei müsse darauf hingewiesen werden, dass eine Ausnahme nur zugelassen werden darf, wenn alle zumutbaren Alternativen ausgeschöpft wurden. Worauf schon der grüne Landtagsabgeordnete Wolfram Günther und der NABU Sachsen hinwiesen und was nicht geschehen ist.

Michael Harig hatte zudem gegenüber einer Zeitung geäußert, dass Weidetierhaltung wichtiger als Artenschutz sei. Was schlicht falsch ist. Der Artenschutz darf gar nicht gegen Weidetierhaltung ausgespielt werden. Deswegen kommt die von Harig gewünschte Wolfsjagd als Mittel der „Regulierung“ gar nicht in Frage.

Brigitte Sommer: „Wer Nutztiere hat, muss sie auch vor möglichen Wolfsangriffen schützen.“ Aber genau das scheint beim jetzt diskutierten Fall sträflichst unterlassen worden zu sein.

Ein Vor-Ort-Termin zeigt gravierende Mängel des Schafhalters

Die Bilder vor Ort würden sprechen für sich. Foto: http://wolfsschutz-deutschland.de
Die Bilder vor Ort sprechen für sich. Foto: http://wolfsschutz-deutschland.de

Schon einmal habe der Verein Wolfsschutz-Deutschland die Haltungsbedingungen vor Ort in Cunnewitz kontrolliert und sei dabei auf Zustände gestoßen, die als eine Einladung an den Wolf zu werten seien, berichtet der Verein. Dieses Mal sei die Situation vor Ort noch schlimmer gewesen.

„Was unsere Vereinsmitglieder jetzt gefunden haben, übertrifft alles, was bisher war. Wir fanden völlig windschiefe Zäune, die entweder nach oben hin Lücken, oder nach unten Lücken aufweisen. Keine Bodenlitze. Wir haben alle Zäune auf Strom überprüft. Keiner war ausreichend stromführend. Der absolute Clou: Eine Autobatterie, die leer war“, erklärt die Pressesprecherin Brigitte Sommer.

Die Bilder von vor Ort würden für sich sprechen.Fraglich also eher, ob ein Schafszüchter, welcher so mit den vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen umgeht, Anspruch auf einen Ausgleich seiner Schäden hat.

Dass diese Tierhalter sich hinstellen und öffentlich den Verlust ihrer Tiere beklagen würden, sei eine bodenlose Unverschämtheit, so Sommer. „Wir fragen uns: Ist jemand, der wirklich um das Wohl seiner Tiere besorgt ist, derart fahrlässig? Zumal diese Schafe ja auch von Seiten der Nutztierhalter nicht totgestreichelt werden, sondern im Schlachthof landen.“

Dass es genau in diesem Gebiet auch ganz anders gehe, hätten Vereinsmitglieder im Gespräch mit einem Schäfer, der seine Tiere tatsächlich liebt, festgestellt. Ein Schäfer halte seit vielen Jahren Schafe inmitten des Gebietes des Rosenthaler Rudels. Er habe erzählt, dass er seine Tiere mit wolfssicheren Zäunen, die auch genug Strom führen, schütze. Nachts stelle er seine Schafe in den Stall.

Planlos mit der Büchse im Wald

Harigs Vorhaben, jetzt einen Wolf zu erschießen, sei völlig irrwitzig, betont Sommer: „Das hat nur zum Ziel, Wölfe einfach abzuschießen. Dies ist völlig unsinnig und weder durch den Managementplan, noch durch irgendwelche wissenschaftlichen Abhandlungen bestätigt. Kein Umweltverband wurde befragt. Angeblich soll ein bestimmter Wolf für die neuesten Risse verantwortlich sein. Wie will der Jäger, der diesen Mordauftrag übernehmen soll, diesen einen Wolf von anderen unterscheiden? Niemand könne das beurteilen.“

Die Anwesenheit der Presse hatte sich zuvor schon Umweltminister Thomas Schmidt verbeten: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die für die Entnahme erforderlichen Vorgänge nicht für eine journalistische Begleitung geeignet sind.“ Das nennt man dann schon Anmaßung. Das Umweltministerium, das die Ausnahmegenehmigung erteilt hat, hat zwar mitgeteilt, dass man vorhat, einen Wolf zu erschießen „um damit das Rosenthaler Rudel zu vergrämen.“

„Wir appellieren an die Jäger, sich nicht zu Schießkumpanen dieser Leute zu machen“, appelliert Brigitte Sommer. Und lädt lieber zum herbstlichen Spaziergang ein. Aber ob das bei den Lausitzer Jägern eine so gute Idee ist? Vielleicht ist es besser, von sächsischen Landräten und Ministern endlich mehr Wolfskompetenz zu verlangen.

Ein Beitrag des WDR zum Thema Herdenschutzhunde (20.03.2017)

Die neue LZ Nr. 48 ist da: Zwischen Weiterso, Mut zum Wolf und der Frage nach der Zukunft der Demokratie

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