Nicht nur der sächsische Finanzminister steht zur Disposition, wenn die aktuelle Regierung möglicherweise unter einem neuen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer ihren Kurs korrigiert. Zu lange stand auch Innenminister Markus Ulbig mit seiner „Polizeireform 2020“ im Kreuzfeuer. Eine überfällige Korrektur fordern jetzt die Grünen: Polizeireviere in allen Städten mit mehr als 10.000 Einwohnern.
Nichts hat den Unfug des 2009 von Stanislaw Tillich verkündeten Sparprogramms für die sächsischen Staatsbediensteten so sichtbar gemacht wie Ulbigs 2011 begonnene „Polizeireform 2020“, die nicht nur eine Verknappung an Polizisten bedeutete, sondern auch die Schließung zahlreicher Polizeireviere gerade in kleineren Städten. Mit dem Ergebnis, dass die Bürger zu Recht das Gefühl haben, dass der Staat sie im Stich lässt.
Die Grüne Fraktion im Sächsischen Landtag fordert nun die Einrichtung neuer Polizeireviere in allen sächsischen Städten mit mehr als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und die Überarbeitung der Polizeireform „Polizei.Sachsen.2020“. Über einen entsprechenden Antrag wird auf einer der nächsten Landtagssitzungen am 15. bzw. 16. November abgestimmt.
„Wir brauchen eine 180-Grad Wende bei Polizeipräsenz in der Fläche, ein ‚Weiter so!‘ kann es nicht geben“, erklärt dazu Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion. „Die Menschen in Sachsen dürfen erwarten, dass ein Polizeirevier in ihrer Nähe rund um die Uhr besetzt ist und die Polizei innerhalb von 20 Minuten vor Ort ist, wenn man sie ruft. Mit der Schließung von über 30 Polizeirevieren im Rahmen der Polizeireform ‚Polizei.Sachsen.2020‘ hat sich die Polizei aus der Fläche im Freistaat zurückgezogen. So ist beispielsweise der Polizeiposten der Stadt Radebeul mit über 34.000 Einwohnerinnen und Einwohnern nur noch von 8:00 bis 18:00 Uhr besetzt. Gleichzeitig wurde das Personal, das im Jahr 2009 noch in den damaligen Revieren Meißen, Coswig und Radebeul im Einsatz war, von 233 auf aktuell 182 Bedienstete reduziert. Nach den Vorstellungen von Innenminister Markus Ulbig (CDU) soll das Revier in Meißen (Meißen, Coswig und Radebeul) bis zum Jahr 2025 weiter auf 160 Stellen schrumpfen. Ähnliche Entwicklungen finden sich seit 2013 in allen Regionen, in denen die 24-Stunden-besetzten Polizeireviere zu Polizeiposten abgestuft wurden.“
Aber auch im Leipziger Raum würde das Städte wie Markkleeberg, Markranstädt oder Schkeuditz betreffen.
„Die Staatsregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Stellenausstattung bei der Polizei um 1.000 Stellen auf 14.000 bis zum Jahr 2025 zu erhöhen. Sie folgte damit der Empfehlung der Expertenkommission zur Evaluierung der Polizei“, stellt Lippmann fest. Nur: Der Innenminister will mit den zusammengekürzten Strukturen weiterarbeiten. Das Feinkonzept des Projekts „Polizei.Sachsen.2020“ beruht unverändert auf einem weiteren Abbau von Stellen und sieht nur 11.280 Stellen bis 2020 vor.
„Es muss schon alleine deswegen dringend überarbeitet werden“, betont Lippmann. „Wir geben uns als Grüne aber nicht mit dem schlechten Status quo zufrieden. Es braucht endlich mehr Polizei in der Fläche. Deshalb fordern wir, dass mindestens in jeder Stadt mit über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ein rund um die Uhr besetztes Polizeirevier existiert. Zudem muss die neue Revierstruktur gewährleisten, dass die Polizei eine Interventionszeit von 20 Minuten einhalten kann.“
„Ich erwarte, dass die Sächsische Staatsregierung auch in Sachen Sicherheit endlich handelt und nicht nur wolkige Ankündigungen macht oder Überwachungsspielzeug ausprobiert“, kritisiert Lippmann die Ulbigsche Placebo-Politik, mit der der Innenminister versucht im Gespräch zu bleiben – seien es BodyCams, gesichtserkennende Überwachungskameras, Waffenverbotszonen oder das von ihm vorangetriebene Telekommunikationsüberwachungszentrum.
„Nicht mehr Überwachung, sondern ausreichend und gut ausgebildete Polizeibedienstete, die bei Gefahr für Leib und Leben schnell vor Ort sind, gewährleisten ein sicheres Leben im Freistaat Sachsen“, unterstreicht Valentin Lippmann das Anliegen.
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