Die Bundestagswahl hat gerade in Sachsen heftige Spuren hinterlassen. Das schlechte Ergebnis der CDU hat insbesondere Ministerpräsident Stanislaw Tillich beschädigt. Am Mittwoch, 18. Oktober, um 16.15 Uhr gab er offiziell nach neun Jahren Amtszeit den Rücktritt als Ministerpräsident bekannt. Zum 1. Dezember will er offiziell zurücktreten. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer schlägt er als seinen Nachfolger vor.

Statement von Ministerpräsident Stanislaw Tillich:

„Wir haben in den vergangenen Tagen intensiv über Sachsens Zukunft diskutiert. Dazu gehört die Berufung einer neuen Leitung des Kultusministeriums. Meine Personalentscheidung werde ich morgen zuerst der CDU-Fraktion mitteilen.

Ich selbst bin vor 27 Jahren in die Politik gegangen. Am 18. März 1990 wurde ich in die Volkskammer gewählt. Es schlossen sich seitdem neun Jahre als Mitglied im Europäischen Parlament und neun Jahre als Staatsminister an. Neun Jahre habe ich die Ehre Ministerpräsident des Freistaates Sachsen zu sein. Schaue ich auf die Ausgangslage 1990 und unser Sachsen heute, dann können wir, das heißt wir Sachsen, dankbar und stolz auf das Erreichte sein.

Aus einer Wirtschaft mit Massenarbeitslosigkeit wurde eine der innovativsten Regionen Europas. Wir sind eine europäische Digitalschmiede und werben um Fachkräfte. Sachsen ist und muss ein weltoffenes Zuzugsland sein. Wir sehen fürsorgliche Familien und erleben Engagement und Solidarität. So haben wir die Jahrhundertflut und Naturkatastrophen bewältigt.

Die politische Unterstützung über Parteigrenzen hinweg und die Hilfe durch ausgezeichnete Mitarbeiter machen viele Erfolge möglich. Dazu gehört die Einigung bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Das gute Ergebnis und die solide Haushaltspolitik stellen Sachsen auf ein starkes Fundament für eine gute Zukunft.

Auf dieser Basis konnten wir auch Entscheidungen aus der Vergangenheit korrigieren: Es geht ohne Wenn und Aber um mehr Lehrer und Polizisten, eine starke Justiz und eine leistungsfähige Verwaltung.

Wir stehen heute vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Viele Ereignisse der vergangenen Jahre, kritische Beiträge und intensive Diskussionen um den inneren Zustand im Freistaat Sachsen beschäftigen uns. Beschäftigen mich ganz persönlich sehr. Das hat mich nachdenklich gemacht. Was heißt das für mich? Was wird von mir erwartet?

Ich bin davon überzeugt: Für eine gute Zukunft Sachsens sind auch neue Antworten wichtig. Es braucht den Mut, gewohnte Bahnen zu verlassen. Wir dürfen nicht im Gestern und Heute gefangen sein. Nach 27 Jahren in aktiver Verantwortung fällt mir das schwerer. Ich weiß, dafür braucht es neue und frische Kraft.

Deshalb habe ich mich entschlossen, die Verantwortung in jüngere Hände zu übergeben. Ich habe meine engsten politischen Wegbegleiter darüber informiert, dass ich auf dem Landesparteitag der Sächsischen Union am 9. Dezember nicht mehr für das Amt des Landesvorsitzenden kandidieren werde. Ich werde meiner Partei vorschlagen, Michael Kretschmer zum neuen Landesvorsitzenden zu wählen.

Ich werde im Dezember auch vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Ich wünsche mir, dass unsere CDU-Fraktion und die SPD auch in diesem Amt Michael Kretschmer zu meinem Nachfolger wählen. Das Präsidium der Sächsischen Union hat sich einstimmig und mit größter Unterstützung hinter meinen Vorschlag gestellt.

Mit Martin Dulig habe ich dazu heute telefoniert. Mir ist ein geordneter Übergang wichtig, der zu neuer Entscheidungskraft und gemeinsamem Gestaltungswillen führt. Ich bin denjenigen dankbar, die mir vertraut und mich unterstützt haben. Darauf aufbauend bitte ich darum, das gleiche Vertrauen und die gleiche Unterstützung Michael Kretschmer zu gewähren.

Er ist Sachse mit Herz und Verstand, der jung und doch erfahren ist. Es ein Gewinn, dass Michael Kretschmer als Kreisrat die Belange der kommunalen Familie genauso gut kennt wie er ein belastbares Netzwerk aus Berlin mitbringt. Er hat sich eine hohe Wertschätzung erarbeitet und ist im Land und darüber hinaus sehr geachtet. Ich bin Michael sehr dankbar, dass er sich in den Dienst und die Verantwortung für unseren Freistaat und die Menschen stellt.

Ich werde mit vollem Engagement meine Aufgaben als Ministerpräsident bis zur Wahl von Michael Kretschmer wahrnehmen. Auch bei den Koalitionsverhandlungen im Bund werde ich die sächsischen Interessen vertreten. Mein Mandat als Wahlkreisabgeordneter werde ich behalten.

Mein erstes Interview als Ministerpräsident bekam die Überschrift: „Gott ist mein Anker“. Das ist auch heute so: Ich bin dankbar für die Gesundheit, die mir gegeben wurde. Und für die Kraft bis hierher. Demütig danke ich den Sachsen, die mich zu ihrem Ministerpräsidenten gemacht haben. Es waren die besten Jahre meines politischen Lebens. Ich danke besonders für die viele Unterstützung und das Mut machen in den vergangenen Tagen. Das alles wird mir zu einer schönen Erinnerung werden. Gott schütze Sachsen und alle Menschen, die in unserem Land leben.“

Für Freikäufer: Warum Stanislaw Tillich ohne Willen und Wollen Ministerpräsident wurde und dann ratlos war

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Es gibt 4 Kommentare

Ich kann Matthias nur zustimmen. Diese Mitteilung Tillichs zeigt wie sehr er sich die “Erfolge” zuschreibt die auch ohne ihn eingetreten wären.
Warum nichtmal eine Frau als MP? Bitte nicht der Demokratie – und Rechtsstaatsbeschneider Maizière .

Hat ja keiner gesagt, dass es besser wird 😉 . . . Zumindest kann die CDU jetzt rechts überholen, wen & was sie meint. Hoffentlich mit dem Ergebnis, dass sie aus der Kurve fliegt und spätestens 2019 endlich die Konsequenzen tragen muss. Nie waren die Chancen größer, aber irgendwie fehlt mir da etwas der “Glaube” an den sächs. Wähler – historisch und aktuell.

Ja, tatsächlich “endlich”. Aber diesen Kretschmer als Nachfolger? Der gerade sein Bundestagsmandat an einen AfDler verloren hat. Der, als Generalsekretär, genauso für die erzkonservative sächsische CDU und ihre Politik steht. Der mir nicht mir intelligenten Beiträgen in Erinnerung ist. Bleibt zu hoffen, dass die SPD den nicht mitwählt; vielleicht gleich eine andere Regierung initiiert… Und warum nimmt Tillich nicht gleich Ulbig und Unland mit? Und warum diese Leute noch bis Dezember ertragen?

“Endlich” muss man sagen und dabei wohne ich gar nicht mal mehr in Sachsen, zumindest aktuell nicht. Wobei die Aussage “Sachsen ist und muss ein weltoffenes Zuzugsland sein.” auch schon mal anders klang . . . Hoffen wir mal darauf, dass es nicht die letzte Auswechslung ist.

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