Da waren wir doch schon etwas verblรผfft. Es prasselten etliche Stellungnahmen zu den Hamburger Krawallen ins Redaktionspostfach. Manche รผberzogen gewaltig. Manche mahnten oder versuchten das Phรคnomen einfach in die linksradikale Ecke zu schieben. Das ist immer einfach, aber eigentlich keine Lรถsung. Auch Sachsens FDP versuchte, die ganze Sache irgendwie dort abzulegen.
Was dann aber auch in einer Aussage mรผndete, die zumindest aus sรคchsischer Sicht verwunderte: โNach Auffassung der sรคchsischen Freien Demokraten sei es ein offenes Geheimnis, dass viele Autonome und Linksradikale bestimmte Netzwerke und Verbindungen nutzen, die teilweise staatlich gefรถrdert werden.โ
Es gab zwar etliche Vorwรผrfe und Diskussionen dieser Art in Sachsen โ zuletzt gegen das Conne Island in Connewitz โ aber wenn man dann genauer nachfragte bei den staatlichen Stellen, stellte sich jedes Mal heraus, dass die Vorwรผrfe haltlos waren.
Hatte also Sachsens FDP andere Informationen?
Wir haben nachgefragt, weil uns das natรผrlich auch interessiert. Denn โOffene Geheimnisseโ sind schรถn und gut โ aber wir wollen schon gern wissen, ob Vorwรผrfe tatsรคchlich berechtigt sind.
In diesem Fall kam postwendend Antwort aus der sรคchsischen FDP-Zentrale:
โUm beim aktuellen Anlass der Pressemitteilung zu bleiben: Die โRote Floraโ ist seit vielen Jahren der wichtigste Treffort der Hamburger autonomen Szene, zu der etwa 650 gewaltorientierte Linksextremisten zรคhlen. Die genutzte Immobilie ist รผber die stรคdtische Lawaetz-Stiftung seit dem 1. November 2014 wieder im Besitz der Stadt Hamburg. Davor gehรถrte die Immobilie von 2001 bis 2014 einem privaten Eigentรผmer. Bevor die Stadt an ihn verkauft hatte, hatte sie selbst noch weitreichende Schutzklauseln fรผr die damaligen und heutigen Nutzer festgeschrieben. So war ein Weiterverkauf ohne Zustimmung der Stadt nicht mรถglich und die dauerhafte โkommunale Nutzungโ per Verรคnderungssperre baurechtlich festgeschrieben.
Fรผr weitergehende Informationen empfehle ich Ihnen den Hamburger Verfassungsschutzbericht, verfรผgbar unter:
www.hamburg.de/contentblob/8873924/a0a91c9416c772101e55f1a69109443c/data/verfassungsschutzbericht-2016-pressefassung-vom-01-juni-2017.pdf
Dass die Sache auch mit der โRoten Floraโ nicht so simpel ist, ist dann wieder bei Wikpedia nachlesbar โ vom รrger mit dem zwischenzeitlichen Besitzer bis hin zu den verdeckten Ermittlungen des LKA. Der LKA-Einsatz hat augenscheinlich keine Hinweise auf Straftaten ergeben.
Hingegen der von der FDP zitierte Hamburger Verfassungsschutz sieht in der โRoten Floraโ ein Zentrum der gewaltbereiten Autonomen. Im Verfassungsschutzbericht 2017 steht zum Beispiel: โDie โRote Floraโ ist seit 1989 der bedeutendste politische Treff- und Veranstaltungsort der autonomen Szene in Hamburg. Sie ist im Oktober 2014 im Auftrag einer fรผr die Freie und Hansestadt Hamburg arbeitenden Stiftung treuhรคnderisch zurรผckgekauft worden. (โฆ) Im Jahr 2015 wurden umfangreiche Renovierungs- und Umbaumaรnahmen vollzogen. Seitdem ist festzustellen, dass die Rรคumlichkeiten von unterschiedlichsten Gruppierungen, auch der linksextremistischen Szene, verstรคrkt genutzt werden.โ
Das heiรt: Sie ist eben nicht nur fรผr die linksextremistische Szene Anlaufpunkt. Das Klientel ist deutlich bunter. Wenn man die โRota Floraโ dicht machen wรผrde, wรผrde man weit mehr als nur die Hamburger autonome Szene treffen.
Die komplette FDP-Meldung:
Zastrow: Politik zu lange โauf linkem Auge blindโ โ Paradigmenwechsel im Umgang mit linksradikalen Gruppen gefordert
(Dresden, 09.07.2017) Der Vorsitzende der sรคchsischen FDP, Holger Zastrow, hat nach den Ausschreitungen in Hamburg einen Paradigmenwechsel im Umgang mit linksradikalen Phรคnomenen und Gruppen gefordert. โDie Gesellschaft ist zu lange auf dem linken Auge blind gewesenโ, sagte Zastrow am Sonntag in Dresden. Angefangen mit der ehemaligen Familienministerin Manuela Schwesig bis zu den vielen, immer wieder linke Gewaltexzesse und Straftaten relativierenden Wortmeldungen linker, sozialdemokratischer und grรผner Politiker wurden die Gefahren linker Gewalt รผber Jahre verharmlost und verniedlicht: โAllein die Tatsache, dass selbst im Angesicht der verheerenden Bilder aus Hamburg Linksextreme in Politik und Medien immer noch als โAktivistenโ bezeichnet werden, ist nichts anderes als Verharmlosung und Faktenklitterung.โ
Nach Auffassung der sรคchsischen Freien Demokraten sei es ein offenes Geheimnis, dass viele Autonome und Linksradikale bestimmte Netzwerke und Verbindungen nutzen, die teilweise staatlich gefรถrdert werden. Das gelte fรผr die Jugendarbeit und gehe bis zum Umfeld einzelner Abgeordneter linker Parteien. Die geistige Nรคhe und Sympathie einiger Parlamentarier von Linken, Grรผnen und SPD fรผr linksradikale Ausschreitungen seien offensichtlich. โPolizisten zu verletzten, Autos anzuzรผnden, Hรคuser zu besetzen und Geschรคfte zu plรผndern, sind keine Kavaliersdelikte, sondern handfeste Straftaten. Wer als Politiker diese Taten verharmlost oder verniedlicht, macht sich mitschuldigโ, so Zastrow. Der FDP-Landeschef forderte eine klare Distanzierung gegenรผber jeglicher Art von Radikalismus. โWas fรผr die Verurteilung rechtsradikaler Umtriebe gilt, muss in gleichem Maรe auch fรผr linksradikale gelten. Radikale Linke und Linksextremismus sind genauso zu รคchten wie radikale Rechte und Rechtsextremismus. Jeglichem Extremismus muss konsequent die Stirn geboten โ egal ob links, rechts oder religiรถs begrรผndet. Extremismus ist ein eindeutiger Nรคhrboden fรผr Gewalt gegen Andersdenkende und die Gesellschaft insgesamt.โ
Zastrow forderte Bundes- und Landesregierung auf, Prรคventionsprogramme gegen Radikalisierung und Extremismus auch umfassend auf linksradikale Netzwerke auszurichten: โWenn beispielsweise beim Bundesprogramm โDemokratie leben!โ die Gefahren durch linksradikale Tendenzen vรถllig vernachlรคssigt werden, so zeigt dies eine gefรคhrliche politische Blindheit des Bundesfamilienministeriums.โ
In eigener Sache: Abo-Sommerauktion & Spendenaktion โZahl doch, was Du willstโ
Abo-Sommerauktion & Spendenaktion โZahl doch, was Du willstโ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher
โWas fรผr die Verurteilung rechtsradikaler Umtriebe gilt, muss in gleichem Maรe auch fรผr linksradikale gelten. Radikale Linke und Linksextremismus sind genauso zu รคchten wie radikale Rechte und Rechtsextremismusโ
Kรถnnen die sich auch mal entscheiden? Was denn nun, hรคrter durchgreifen oder gleiches Vorgehen wie bei Rechtsextremen?
โPolitik zu lange โauf linkem Auge blindโโ
Der war gut โ und ich dachte immer, fรผr Satire ist ausschlieรlich Die PARTEI zustรคndig.^^
Schon irgendwie niedlich, die FDP. Bisschen sinnlos, aber niedlich.^^