Entweder will Sachsens Regierung nicht. Oder die Jobcenter wollen nicht. Oder sie können nicht. Oder die Förderprogramme, mit denen Jugendliche zu einem Beruf kommen sollen, sind eher ein Witz, ein Schönheitspflästerchen. Ein echtes Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit sind sie nicht, kann Janina Pfau jetzt feststellen.
Die Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik der Linksfraktion im Landtag wollte sich mit den ganzen Sonntagsreden, wie toll die Arbeitsmarktintegration der jungen Menschen in Sachsen funktioniert, nicht mehr abfinden. Denn wenn an all diesen schönen Worten etwas dran wäre, dann dürfte es kaum noch arbeitslose Jugendliche in Sachsen geben. Die ausbildenden Unternehmen suchen händeringend nach Bewerbern. Nur haben viele Schulabgänger in Sachsen nicht die nötigen Voraussetzungen für eine Ausbildung. Sie sind dringend auf ein tiefgestaffeltes Qualifikationsangebot angewiesen, das sie dann nach mehreren Jahren Verzögerung eben doch noch in einen Beruf bringt.
Aber so richtig greift das System eben nicht. Noch immer sind fast 20.000 junge Menschen in Sachsen arbeitslos – eine viel zu hohe Zahl für den Fachkräftebedarf in Sachsen, selbst dann, wenn man die gestiegene Zahl von jungen Asylsuchenden in dieser Gruppe bedenkt.
Für die schwer vermittelbaren jungen Leute gibt es zwar vielbeworbene Sonderprogramme. Aber die erreichen nur einen winzigen Teil der Betroffenen, kann Janina Pfau nun nach der Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf ihre Kleine Anfrage „Jugendarbeitslosigkeit im Freistaat Sachsen – 2016“ konstatieren.
„Die aufgeführten Zahlen der Staatsregierung sprechen eindeutige Worte. Der Anteil der jugendlichen Arbeitslosen in Sachsen an der Gesamtarbeitslosenzahl beträgt elf Prozent, dass betrifft 19.862 junge Menschen. Wobei allein die betroffenen Jugendlichen im Bereich 20 bis unter 27 Jahre 9,5 Prozent ausmachen“, benennt sie die eigentlich alarmierende Grundgröße. Wobei sie ganz ähnlich wie die sächsischen Wirtschaftskammern das Grundproblem im sächsischen Bildungssystem sieht: „Spezielle Programme für junge Menschen gibt es in Sachsen aber leider nicht. Aber auch die Vorbereitung in den Schulen für die Berufswahl ist ausbaufähig.“
Denn bei sogenannten „Schulabbrecherquoten“ zwischen 8 bis 12 Prozent geht eben jeder zehnte Jugendliche ohne ein belastbares Zeugnis von der Schule ab, werden noch Jahre beim Nacherwerb eine Schulabschlusses vertan. Und dann tut sich spätestens bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz das Dilemma auf, dass die jungen Leute wichtige Fähigkeiten zur Ausbildungsaufnahme nicht erlernt haben und ihnen Grundkenntnisse zum möglichen Beruf völlig fehlen.
Eindeutig hat hier Schule ihren Zweck, die jungen Menschen auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten, völlig verfehlt.
Und dann warten auf die jungen Leute, so Janina Pfau, auch noch Jobs, die eigentlich zu einem eigenständigen Leben nicht reichen: „Nach wie vor zeigt sich Sachsen als Billiglohnland. Nach einer absolvierten Berufsausbildung wird es dann zum Problem, eine Arbeitsstelle zu finden, bei der es sich nicht um eine prekäre Beschäftigung handelt. Auf dem Arbeitsmarkt vollzieht sich seit Jahrzehnten ein struktureller Wandel: weg von Normalarbeitsverhältnissen in Vollzeit hin zu in vielen Fällen nicht existenzsichernden und unfreiwilligen Teilzeit- und Nebenjobs. Davon sind auch immer mehr junge Menschen betroffen. Es müssen die Grundlagen für ein lebenswertes Sachsen geschaffen werden. Das heißt gute Arbeit für gutes Geld. Aber auch der Ausbau der Berufsvorbereitung in den Schulen ist dringend notwendig“, fordert die Landtagsabgeordnete der Linken. Und sie betont: „Denn es ist unbestritten: Gerade auch Berufsstarter brauchen gute und auskömmliche Arbeitsplätze, damit sie insbesondere ihr Familienleben planen können. Es kann nicht sein, dass aufgrund von Arbeits- und Perspektivlosigkeit junge Menschen gezwungen werden wegzugehen und damit ihr gewohntes Umfeld zurückzulassen.“
Die Staatsregierung verweist in ihren Aussagen auf verschiedene Förderprogramme wie zum Beispiel auch auf die „JobPerspektive Sachsen“, welche auf die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen hinwirken sollen.
„Bei der Betrachtung der Zahlen erscheint das Wirksamwerden der Programme zweifelhaft“, stellt Janina Pfau fest. „In den Zahlen der Statistik 2016 befindet sich nur ein geringer Anteil der jugendlichen Arbeitslosen in Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung und in Maßnahmen mit Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante. Ein weitaus größerer Anteil erscheint mir derzeit beruflich perspektivlos zu sein.“
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