Am Montag, 20. Februar, war es die „Freie Presse“ in Chemnitz, die mit ersten Spekulationen aufwartete: „In Dresden sind offenbar Wechsel im Finanz- und im Kultusressort im Gespräch. Das Personalkarussell soll aber nicht wegen der Arbeit der Minister in Bewegung gesetzt werden.“ Für den sächsischen Chef der Linksfraktion schon mal ein Anlass, über das Ende der Ära Tillich nachzudenken.
„Der Kern der Handlungsschwäche dieser Regierung ist der Chef: Ministerpräsident Tillich“, kommentiert Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, die mögliche Personalrochade in der Landesregierung. Kultusministerin Brunhild Kurth steht schon länger in der Kritik. 2012 hat sie das Amt übernommen und ein Ende der Probleme im Schulbereich versprochen. Herausgekommen ist eine Flickschusterpolitik, die die Personalprobleme an Sachsens Schulen erst recht verschärft hat. Was auch mit Finanzminister Unland (CDU) zu tun hat. Denn der hütet die sächsischen Staatsgelder mit aller Strenge und ließ auch die Kultusministerin mit Wünschen nach mehr Lehrpersonal mehrfach abblitzen. Was er nur konnte, weil eine wesentliche Position in der Staatsregierung kaum wahrnehmbar war.
Rico Gebhardt zur Rolle Stanislaw Tillichs: „Er nimmt seine Richtlinienkompetenz kaum wahr, taucht bei jedem größeren Konflikt erst mal ab, statt klare Ansagen zu machen. Wenn Tillich ausnahmsweise mal eine Vorgabe macht wie einst die Personalabbau-Marke für den Landes-Dienst (‚70.000‘), erweist sie sich als falsch und führt zu Personalproblemen im Bereich der Kernkompetenzen der Landespolitik: Schule und Bildung, Polizei und öffentliche Sicherheit.“
Aus seiner Perspektive heißt Sachsens Problem Stanislaw Tillich.
„Irgendwelche Wechsel an der Spitze der Ministerien oder gar Personalrochaden zwischen Staatsregierung und CDU-Fraktion würden daran nichts ändern“, meint Gebhardt und sieht mit einem Auge schon auf den Effekt, den die Kandidatur von Martin Schulz gerade bei der Bundes-SPD ausgelöst hat. „Wir gehen sowieso davon aus, dass Herr Tillich die längste Zeit im Amt gewesen ist. Fast neun Jahre ist er Regierungschef, gut zweieinhalb Jahre haben wir noch bis zur nächsten Landtagswahl. Dann haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, das Problem mit dem Stimmzettel wirkungsvoll zu lösen. So wie derzeit unerwartet ein Ende der Ära Merkel auf Bundesebene möglich geworden ist, wird auch der profillose Verwalter Tillich den Nimbus scheinbarer Alternativlosigkeit schon vor der Landtagswahl verlieren.“
Seine Hoffnung ist, dass der Effekt auch auf Sachsen überspringt und das Land aus seiner Lethargie erlöst.
Via FAZ hat Stanislaw Tillich ja am Sonntag, 19. Februar, schon versucht, das Dilemma für die Stagnation nicht bei sich zu suchen, sondern bei anderen, vor allem Konzernen, die ihre Niederlassungen in Sachsens Kleinstädten in letzter Zeit dicht gemacht haben. „Wir haben leider häufiger die Lage, dass große Unternehmen, die hier investiert haben, sich einfach wieder zurückziehen“, sagte Tillich dort. „Ich erlebe immer wieder, dass sächsische Standorte, die auch aufgrund längerer Arbeitszeiten und geringerer Löhne sogar profitabler sind, aufgegeben werden, um Standorte im Westen zu schonen.“
Tillich nannte mehrere Beispiele, von Neoplan über Philips und MAN Roland in Plauen bis zu den jüngsten Querelen um Bombardier in Bautzen und Linde in Dresden. Mit den Unternehmen würden jedes Mal tausende Arbeitsplätze verschwinden.
Aber sein Bild kann nicht stimmen, denn auch in Sachsen ist die Arbeitslosigkeit mittlerweile so niedrig wie seit 1990 nicht mehr, die Unternehmen haben (so warnt ja gerade die Arbeitsagentur Sachsen) massive Probleme, Fachkräfte zu finden. Ungelernte Arbeiter gibt es genug. Sachsens hat also eindeutig ein Bildungsproblem. Und es hat ein Strukturproblem, denn was da gerade scheitert, ist der Versuch, die Unternehmen irgendwie übers ganze Land zu verteilen, ohne dort auch die Infrastrukturen zu stärken. Die massive Abwanderung in die Großstädte kommt ja nicht von ungefähr. Aber damit beschäftigt sich Tillichs Regierung überhaupt nicht – als wäre sie mit ihrem Wissenstand in der Ära Biedenkopf steckengeblieben.
Erst das führt ja zu dem lähmenden Gefühl, dass Sachsens CDU immer nur ein „Weiter so“ praktiziert und vor den eigentlichen Aufgaben, die anstehen, jedes Mal zurückscheut.
„Egal mit welchen Ministerinnen und Ministern der CDU. Eine Partei – siehe öffentliche Diskussion um das neue Schulgesetz – wie die sächsische CDU, die ‚Bürgerdialog‘ nur vortäuscht, um hinterher sowieso zu machen, was sie will, passt nicht mehr in die Zeit“, sagt Gebhardt. „Auch nicht in Sachsen. Das wird auch die SPD erkennen, in der es mehr und mehr Menschen gibt, die für die CDU nicht mehr in Mithaftung genommen werden wollen.“
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– wie die sächsische CDU, die ‚Bürgerdialog‘ nur vortäuscht, um hinterher sowieso zu machen, was sie will, passt nicht mehr in die Zeit“,…
Das wird nicht nur im Land praktiziert. Das wird auch eine Etage tiefer praktiziert.
Siehe den vorgetäuschten Dialog, die vorgetäuschte Beteiligung “Charta 2030”.
Dort ist nicht nur eine Partei (SPD) mittels ihres Leipziger OBM oder die Linke mit ihrem BM Rosenthal beteiligt. Die anderen Partei sind ebenfalls beteiligt.
Es ist nur blöd, wenn man im Glashaus sitzt und die Hände voller Steine hat…