So deutlich wurde bislang auch das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) selten, wenn es neue Zahlen zu Wetter und Klima veröffentlichte. Am Donnerstag, 26. Januar, war das Jahr 2016 dran. Und eine deutliche Botschaft: „Mit seinen Besonderheiten im Witterungsverlauf steht auch das Jahr 2016 beispielhaft für den voranschreitenden Klimawandel in Sachsen.“
Eigentlich sieht es nicht so aus, wenn man aus dem Fenster guckt: Im Park liegt Schnee, seit Tagen herrscht Frost. Warm ist es nicht gerade. Aber die Folien, die Dr. Johannes Franke am Donnerstag, 26. Januar, den Journalisten zeigte, waren allesamt mit „Wetter trifft auf Klima“ übertitelt. Denn was wir täglich als Wetter erleben, ist nicht das, was als Klima Geschichte macht.
Denn Klima ist erst die Summe dessen, was über Jahrzehnte als Wetter passiert – die Summe von Niederschlägen, Temperaturen, Extremereignissen. Denn wenn die Abweichungen vom langjährigen Mittel nur kurzzeitig auftreten, dann verkraften das Mensch, Natur und Landwirtschaft. Das kann abgepuffert werden. Aber wenn Temperaturen im Schnitt dauerhaft steigen, verändern sich Wachstumsperioden und Niederschlagsniveaus, beginnt für viele heimische Arten der Stress, werden Ernteerträge beeinträchtigt und die Belastung auch für Menschen und ihre Infrastrukturen wächst.
Zugrunde lag der am 26. Mai vorgestellten Auswertung „Wetter trifft auf Klima“ eine gemeinsame Auswertung des Landesumweltamtes und des Deutschen Wetterdienstes (DWD), wie sich die Witterungen und Wetterphänomene in die sächsische Klimadiagnose einordnen. Als Bezug für die Bewertung dient die Klimareferenzperiode 1961 bis 1990.
Danach war das Jahr 2016 mit +1,4 Grad in Sachsen „viel zu warm“, schrammte im Grunde nur knapp an der Kategorie „extrem warm“ vorbei, die in den Jahren 2014 und 2015 erreicht wurde. Alle Jahreszeiten lagen teilweise erheblich über ihrem Referenzwert für die Lufttemperatur und die Sonnenstunden. Besonders auffällig war der „extrem zu warme“ Winter 2015/16 mit +3,6 Grad. Im Dezember 2015 betrug die Abweichung sogar +5,9 Grad.
Beim Niederschlag hingegen war die Jahresbilanz 2016 ausgeglichen, allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden: weniger Niederschlag in den westlichen und mehr Niederschlag in den östlichen Landesteilen Sachsens. Diese untypische Zweiteilung mit „Vorteilen“ für die östlichen Landesteile resultierte aus den Niederschlägen Ende Mai/Anfang Juni. Damals gab es eine Abfolge unwetterartiger Gewitter mit Starkregen, Hagel und Blitzaktivität ungewöhnlichen Ausmaßes. Vom wiederholt „zu trockenen“ Frühjahr waren alle Landkreise in Sachsen betroffen. Die Niederschlagsdefizite lagen zwischen 9,4 Prozent im Raum Dresden und 37,8 Prozent im Leipziger Raum.
Das sind Auswirkungen, mit denen sich die sächsische Landwirtschaft sehr intensiv beschäftigen muss. Denn diese fehlenden Niederschläge beeinflussen nicht nur die Erträge der Felder, sondern zwingen auch zur Veränderung der Sortenwahl, der Anbauweise und des Umgangs mit den Ressourcen Boden und Wasser.
Licht und Schatten bei den Auswirkungen des Klimawandels liegen oft dicht beieinander. Denn jetzt erweisen sich manche heimischen Arten keineswegs mehr als widerstandsfähig gegen die Veränderungen.
Insbesondere die Buchen litten unter der über mehrere Jahre anhaltenden Trockenheit und zeigten sogenannte „Burn-Out“-Symptome, stellt das LfULG fest. Auf der anderen Seite begünstigte die warme Witterung trotz regional unterschiedlich erschwerter Aussaat- und Erntebedingungen die 2016er Erträge in der Landwirtschaft. Denn als es ums Wachsen ging, gab es genug Regen, Sonne und vor allem Wärme. Das Ertragsniveau fast aller Hauptkulturen lag über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Im Weinbau wird nach vorläufigen Daten eine Rekordernte von deutlich über 27.000 Hektolitern erwartet.
Die Wirkungen der Witterungen auf die Luftqualität waren differenziert. Was dann besonders im September spürbar wurde, da sorgten die hohen Lufttemperaturen (+3,4 Grad) und intensiver Sonnenschein (+49 Prozent) für eine zu dieser Jahreszeit ungewöhnlich hohe Ozonbelastung. Zum Beispiel wurde in Radebeul-Wahnsdorf mit 68 Mikrogramm pro Kubikmeter der zweithöchste Septembermittelwert der letzten 15 Jahre gemessen. Höher war nur der Wert im September 2003 (72 Mikrogramm pro Kubikmeter).
Ein zumindest freundlicher Effekt: Die letzten drei „sehr“ bzw. „extrem milden“ Winter in Folge haben zur Reduzierung der Feinstaubbelastung beigetragen. 2016 wurde der EU-Feinstaubgrenzwert wie schon 2015 an allen sächsischen Messstationen deutlich unterschritten, so das LfULG nicht ganz korrekt. Unterschritten wurde die Maximalzahl von Tagen mit Grenzwertüberschreitung. Grenzwertüberschreitungen gab es trotzdem.
So gab es an der Messstation in der Lützner Straße in Leipzig 21 Überschreitungstage – die höchste Zahl sachsenweit. In Leipzig-Mitte (Hallesches Tor) waren es zehn Überschreitungstage. Und es war nicht der Winter selbst, der die Verringerung der Überschreitungstage bewirkte, sondern die Tatsache, dass aufgrund fehlender Frosttage auch die Feinstaub verursachenden fossilen Heizungen zumeist aus blieben.
Ansonsten bleibt die trockene Bilanz: Das Jahr 2016 war um 1,4 Grad im Schnitt zu warm, das Frühjahr war zu trocken, der Winter 2015/2015 war mit 3,6 Grad über Normal sogar viel zu warm. Mit der Bilanz reiht sich das Jahr in eine Reihe zu warmer Jahre ein, wie sie seit 1988/1989 mehrheitlich die Regel sind für Sachsen.
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