Wirklich üppig waren die Denkmal-Fördermittel des Freistaats Sachsen in den letzten Jahren sowieso nicht. Aber beim Gezerre, wie viel Geld der Freistaat den Kommunen in den nächsten zwei Jahren überlassen will, fielen die Fördergelder für den Denkmalschutz komplett weg. Dabei hatten die 5 Millionen Euro in den vergangenen Jahren nicht mal ausgereicht. Denkmalschutz fällt in Sachsen, wie es aussieht, dem Rotstift zum Opfer.
„Die Erkenntnis, dass Denkmalschutz in Sachsen aktuell bedroht ist, stößt bei der Staatsregierung auf taube Ohren. Leider verschärft sich die Fördermittelsituation für die Denkmalpflege im aktuell vorgelegten Haushaltsentwurf für 2017/18 in Sachsen“, kommentiert der denkmalpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, Wolfram Günther, die Zahlen aus zwei Kleinen Anfragen und dem Haushaltsplanentwurf für 2017/2018. „Das für private Denkmaleigentümer und Kommunen so wichtige Landesprogramm für den Erhalt von Kulturdenkmalen soll nach den Plänen der Staatsregierung ab 2017 ersatzlos eingestellt werden. 2008 standen für das Landesprogramm Denkmalpflege noch 12 Millionen Euro zur Verfügung, 2016 noch 5 Millionen Euro, ab 2017 ist gar kein Geld mehr dafür vorgesehen. Vor allem engagierte private Denkmaleigentümer werden dadurch allein gelassen. Dieses Programm wurde bisher mit 5 Millionen Euro aus kommunalen Finanzmitteln gedeckt. Bei Verhandlungen zwischen Staatsregierung und den kommunalen Spitzenverbänden wurde entschieden, keine Mittel mehr für das Landesprogramm für den Erhalt von Kulturdenkmalen zur Verfügung zu stellen. Der Bedarf für ein solches Förderprogramm ist ungebrochen hoch, ein mögliches finanzielles Aus wäre eine Katastrophe.“
Günther weiß, wovon er redet: Im Stadtforum Leipzig hat er sich jahrelang für den Erhalt vieler vom Abriss bedrohter Baudenkmäler eingesetzt. Und gerade in Städten wie Leipzig, wo jetzt viele über Jahrzehnte leerstehende Baudenkmäler wieder saniert und dem Wohnungsmarkt zugeführt werden, werden die Fördermittel für den Denkmalschutz dringend gebraucht.
„Es war bekannt, dass das Programm mit am Ende nur noch 5 Millionen Euro jährlich chronisch unterfinanziert wurde. Trotzdem wurden jährlich Anträge in einer Gesamtsumme von 15 Millionen Euro beantragt“, umreißt Günther den tatsächlich noch immer existierenden Bedarf an diesen Fördermitteln. „Damit war das Programm dreifach überzeichnet. Ab 2017 soll nun kein einziger Euro mehr zur Verfügung stehen? Ein Unding! – Sachsen muss hier gegensteuern und finanziell einspringen. Wir Grünen beantragen im Rahmen der Haushaltsverhandlungen die Bereitstellung von mindestens 10 Millionen Euro aus eigenen Landesmitteln für das Landesprogramm Denkmalpflege. Zusätzlich wollen wir ein neues Denkmal-Notsicherungsprogramm ‚Dächer dicht!‘ auflegen.“
Denn wirklich verständlich sind die Kürzungsrunden im Doppelhaushalt 2017/2018 nicht. Sachsen stehen in beiden Jahren deutlich mehr Haushaltsmittel zur Verfügung als in den Vorjahren. Aber augenscheinlich werden die zusätzlich erwirtschafteten Mittel wieder in Milliardenhöhe in diversen Fonds und Rücklagen gebunkert und stehen damit den Aufgaben der Gegenwart schlicht nicht zur Verfügung.
„Auch die Sonderfördermittel für besonders hochwertige wertvolle sächsische Kulturdenkmale sollen ab 2017 von 8 Millionen Euro jährlich auf nur noch 4,8 Millionen Euro gekürzt werden“, kommt Günther auf den nächsten Kürzungsposten zu sprechen. „Die eingesparten 3,2 Millionen Euro sollen als eventuell benötigte Kofinanzierungsmittel für das ‚Sonderprogramm Denkmalpflege‘ des Bundes aufgehoben werden. Ob diese Mittel aber wirklich real verbraucht werden, bleibt völlig unklar. Hier fordern wir den vollständigen Erhalt der Mittel für besonders wertvolle Denkmale in Höhe von 8 Millionen Euro jährlich. Mittel für die Kofinanzierung des Bundesprogrammes müssen extra bereitgestellt werden.“
In der Summe sieht Günther einen dramatischen Aderlass für die sächsische Denkmalpflege. Denn auch beim Personal wird kräftig gespart.
„Die aktuelle Situation der sächsischen Denkmalpflege ist dramatisch“, stellt Wolfram Günther fest. „In Sachsen sind seit dem Jahr 2000 knapp 5.000 Kulturdenkmale unwiederbringlich abgerissen worden. Die Überalterung und die drastische Reduzierung der Personalstellen im Landesamt für Denkmalpflege gefährden in hohem Maße den Fortbestand der bisher höchst verdienstvollen Arbeit der staatlichen Denkmalpflege in Sachsen. Seit dem Jahr 2000 wurden die Personalstellen im Landesamt für Denkmalpflege von 62 auf heute nur noch 48 zusammengekürzt. Mehr als ein Viertel der verbliebenen Mitarbeiter ist dabei über 60 Jahre alt. Auch die unteren Denkmalschutzbehörden in den Kommunen und Landkreisen sind personell unterbesetzt und arbeiten am Rande ihrer Leistungsfähigkeit.“
Tatsächlich geht damit auch ein wichtiges Stück Wirtschaftsförderung verloren. Sachsens Regierung redet zwar gern über teure Förderprogramme, doch wenn es konkret wird, werden funktionierende Programme einfach gekürzt oder eingestellt.
„Nach über 20 Jahren geht mit der Schließung der beiden Fortbildungszentren für Handwerker im Denkmalschutz in Görlitz und Trebsen die Geschichte dieser Denkmalausbildung in Sachsen zu Ende“, nennt Günther erste Auswirkungen. „Die mangelnde finanzielle Unterstützung beim Denkmalschutz schadet auch der heimischen Wirtschaft. Es sind tausende Handwerker, Architekten, Beschäftigte in Bauunternehmen, Restauratoren, die einen wichtigen Teil des Bauwirtschaftsgewerbes ausmachen.“
Und diese Berufsgruppen erhalten nun deutlich weniger Aufträge für denkmalgerechte Sanierungen – wenn überhaupt noch. Denn wenn der Hauseigentümer die Summen selbst aufbringen muss, verteuert sich für ihn der Bau und er kommt auf künftige Mietpreise, die niemand mehr bezahlen kann
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Wofür sind denn die Denkmalförderungen bisher eingesetzt worden? Haben die diversen Bauträger, die luxussanierte Denkmalimmobilien zu horrenden Preisen auf den Markt werfen, das eingestrichen? Sollte das zutreffend sein, finde ich es richtig, dass die Landesregierung diese Gelder einkassiert. Auf Dauer werden diese Aktivitäten nämlich dazu führen, dass man in dieser schönen Stadt nicht mehr umziehen kann, weil man sich die Angebotsmieten nicht mehr leisten kann. Momentan scheint der Markt genau so gierig, wie in den Nachwendezeiten. Und das “letzte verbliebene Steuersparmodell” lässt den Heuschreckenschwarm wachsen und wachsen.