Alles neu macht der Mai. So ungefรคhr regierten CDU und FDP 2009 drauflos. Die FDP wollte Sachsen noch einmal so richtig durchliberalisieren. Das ging, wie man weiรŸ, in einigen Bereichen grรผndlich schief - wenn man etwa an die โ€žPolizeireform 2020โ€œ denkt. Aber man hatte seinerzeit auch die hรผbsche Idee, die Standorte der sรคchsischen Regierungsbehรถrden noch einmal vรถllig neu zu stricken. Leipzig sollte den Rechnungshof verlieren, dafรผr die Sรคchsische Aufbaubank bekommen.

Was ist draus geworden, fรผnf Jahre nach dem offiziell beschlossenen โ€žStandortegesetzโ€œ? Zur Sรคchsischen Aufbaubank (SAB) hat Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grรผnen-Fraktion im Landtag, jetzt mal nachgefragt und bestรคtigt bekommen: Ja, das Projekt ist im Zeitverzug. Unter anderem hatte ein Einspruch von einem Mitbewerber im Architektenwettbewerb fรผr eine erhebliche Verzรถgerung gesorgt.

Das bestรคtigt der zustรคndige Finanzminister Prof. Georg Unland: โ€žNach Grundstรผckserwerb, Bodenuntersuchung und Architektenwettbewerb mit Einwendungen, welche zu Verzรถgerungen gefรผhrt haben, befindet sich das Projekt derzeit in der Bauplanung Leistungsphase drei, d. h. in der Entwurfsplanung.โ€œ

Entwurfsplanung aber bedeutet auch, dass mit einem Baubeginn in der zweiten Jahreshรคlfte wohl eher nicht zu rechnen ist, wie es noch Anfang des Jahres verkรผndet wurde. Das sรคchsische Finanzministerium geht zwar von einem Kostenvolumen in der GrรถรŸenordnung von 60 Millionen Euro aus. Aber da die Planungen jetzt nach dem ganzen juristischen Hickhack erst konkretisiert werden, kann sich daran noch so einiges รคndern. โ€žDie Gesamtkosten fรผr den Bau hรคngen von vielfรคltigen Faktoren ab und kรถnnen erst nach Fertigstellung tatsรคchlich festgestellt werdenโ€œ, betont der Finanzminister.

Und weist auch darauf hin, dass mit einer Komplettverlegung der Sรคchsischen Aufbaubank von Dresden nach Leipzig wohl nicht zu rechnen ist. Dafรผr ist der Neubau an der GerberstraรŸe auch gar nicht konzipiert.

โ€žDer Standort Dresden hat eine fรผr die Bรผronutzung zur Verfรผgung stehende Bruttogrundflรคche von ca. 33.000 mยฒ, hiervon wurden ca. 7.000 mยฒ angemietet. Fรผr den zukรผnftigen Standort in Leipzig ist derzeit eine Bruttogrundflรคche von ca. 18.000 mยฒ geplantโ€œ, teilt Georg Unland mit.

Was in der Folge heiรŸt: Von den aktuell 1.032 Dresdner Mitarbeitern werden gar nicht alle umziehen nach Leipzig. Dazu ist der Neubau, der jetzt nach den Entwรผrfen des Londoner Bรผros ACME entstehen soll, schlicht zu klein.

Ein Blick ins โ€žStandortegesetzโ€œ zeigt auch: Tatsรคchlich soll Leipzig als ergรคnzender Standort zu Dresden entwickelt werden. โ€žStandortimpulsโ€œ nennt es das Gesetz. Der neue Standort berรผcksichtige โ€žden zunehmenden Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und Investitionen (Cluster-Bildung)โ€œ. So betrachtet kommt der Schritt eigentlich 20 Jahre zu spรคt. Bisher schienen vier SAB-Mitarbeiter in Leipzig vรถllig auszureichen.

Aber genau hier hรคngt noch das grรถรŸte Fragezeichen in der Luft. Man denkt ja so als Zuschauer der ganzen sรคchsischen Innovationsversuche, dass man das Standortekonzept durchdacht hat, bevor man รผberhaupt eine Raumplanung fรผr Leipzig machte und einen Architektenwettbewerb mit 20 international renommierten Teilnehmern auslobte.

Hat man aber nicht, lรคsst der Finanzminister beilรคufig durchblicken: โ€žAngaben zur Anzahl der Arbeitsplรคtze und den kรผnftigen Sachgebieten, die nach Leipzig verlagert werden bzw. in Dresden verbleiben, kรถnnen derzeit nicht gemacht werden. Dies wird u. a. von den kรผnftigen Aufgaben der SAB, des dann zur Verfรผgung stehenden Fรถrdervolumens und den rechtlichen Rahmenbedingungen abhรคngig sein.โ€œ

Eine Aussage, die zumindest ahnen lรคsst, wie sehr all das, was Sachsens Regierung seinerzeit in der schwarz-gelben Phase als Modernisierung, Reform und Effizienzgewinn verkaufte, nur ein frommer Wunsch war, eine Hoffnung, die angelernten Rezepte kรถnnten irgendwie tatsรคchlich funktionieren.

Da war man sich dann auch nicht zu schade, den Sachsen das โ€žStandortegesetzโ€œ als Staatsmodernisierung und echtes Geld-Einsparmodell zu verkaufen.

Staatsminister Dr. Jรผrgen Martens (FDP) kรผndigte es damals mit den Worten an: โ€žDie Verabschiedung des Sรคchsischen Standortegesetzes durch den Landtag ist ein wichtiger Meilenstein fรผr die Zukunft des Freistaates. Mit dieser Entscheidung รผbernehmen wir die Verantwortung fรผr kommende Generationen.โ€œ

Im Gesetz selbst verhieรŸ man gleich mal mit breiter Brust ein Einsparvolumen von 1 Milliarde Euro allein bis 2021, dem lediglich ein lรผttes Investitionsvolumen von 309 Millionen Euro gegenรผber stรผnde. Und wie wollte man sparen? So natรผrlich: โ€œEine effektive und qualitativ hochwertige Aufgabenerfรผllung stellt, bei einer konsequenten Reduzierung bรผrokratischer Strukturen, die kundenorientierte Ausrichtung der Verwaltung dar.โ€

โ€žKonsequente Reduzierung bรผrokratischer Strukturenโ€œ bedeutete โ€“ aus dem neoliberalen Glรผckssprech ins normale Deutsch รผbersetzt: Personalabbau. Genau das, was man damals mit weiteren Gesetzen fรผr die gesamte Verwaltung beschloss. Mit Folgen, die heute jeder bei der Polizei, in den Schulen, den Hochschulen besichtigen kann.

Aber genau der geplante massive Stellenabbau sollte eigentlich das Standorte-Halma erst finanzieren. Oder aus dem Standortegesetz zitiert: โ€žDer GroรŸteil des Einsparvolumens sind Einsparungen bei den Personalausgaben, die aus der Stellenreduzierung in den von der Standortkonzeption umfassten Verwaltungsbereichen resultieren.โ€œ

Man wollte das 309-Millionen-Euro Umzugs-Programm also durch eingesparte Personalstellen finanzieren. Dahinter stand auch der neue alte Traum, man kรถnne groรŸe Teile der staatlichen Aufgaben einfach durch Computer und Software ersetzen. Was zumindest als Versprechen so im Gesetz steht. Dumm nur, dass das bei Polizisten, Lehrern, Dozenten und Richtern einfach keinen Sinn macht. Das Projekt ist in dieser Weise gescheitert. Was auch bedeutet, dass es ab 2022, wenn alle Umzรผge vollzogen sind, keineswegs die jรคhrlichen Einsparungen von 285 Millionen Euro geben wird, die man sich 2011 schon mal so ausgedacht hat.

Was natรผrlich auch fรผr die bis zum Jahr 2021 versprochene 1 Milliarde Euro gilt: Sie wird schlicht nicht kommen.

Und damit auch nicht die angekรผndigten 842 Millionen Euro โ€žfinanzieller Vorteilโ€œ (= eingesparte Personalkosten).

Womit das Standortekonzept nicht zu einer Gelddruckmaschine wird, sondern zu einem 309 Millionen Euro teuren Investitionsprogramm fรผr neue Landesbehรถrden. Die Bauwirtschaft freut das natรผrlich.

Und ob es bei den 60 Millionen Euro fรผr ein schickes SAB-Gebรคude in Leipzig bleibt, wissen wir nun auch noch nicht und werden es wohl frรผhestens erfahren, wenn es fertig ist.

Valentin Lippmanns Nachfrage zum neuen SAB-Sitz in Leipzig. Drs. 5633

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