Siehe da: Da lagen wir also mit den 13 Milliarden Euro Steuereinnahmen für Sachsen gar nicht daneben. Am Dienstag, 10. Mai, hat Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung für Sachsen vorgestellt. Für den sächsischen Staatshaushalt sind im laufenden Jahr Steuereinnahmen von rund 13,01 Milliarden Euro zu erwarten.
Geplant war das Haushaltsjahr ursprünglich mit 12,6 Milliarden Euro.
Aber Georg Unland wäre nicht ein so unendlich vorsichtiger Mann, wenn er nicht auch bei dieser Mai-Steuerschätzung die Pferde bremsen würde, damit sie ja nicht übermütig werden: „Die neuen gesamtstaatlichen Einnahmeprognosen sehen zwar auf den ersten Blick gut aus. Im Detail muss man die Ergebnisse aber differenziert betrachten. Gerade Sachsen profitiert in der Gesamtschau nicht in vollem Umfang. Auf der Landesebene dämpft die Demografie die Einnahmeerwartungen. Der Anteil Sachsens an der Gesamtbevölkerung in Deutschland wird in den nächsten Jahren tendenziell zurückgehen. Das hat Auswirkungen auf die Steuereinnahmen und den Länderfinanzausgleich. Bei den sächsischen Gemeinden macht sich die schwache Entwicklung der Gewerbesteuer im Vorjahr bemerkbar.“
Die Demografie? Die hat überhaupt keinen Einfluss auf das aktuelle Steuerergebnis. Das hat selbst das sächsische Landesamt für Statistik am 19. April erst zugestanden, als man seine Bevölkerungsprognose für Sachsen deutlich korrigieren musste. Wenn es zu dem (auch in der Mittelfristigen Finanzplanung beschworenen) Rückgang der Bevölkerung unter die 4-Millionen-Marke kommen sollte, dann frühestens Mitte der 2020er Jahre. Nicht früher.
Wenn es eine ordentliche Einwanderungspolitik in Sachsen gäbe (die es mit der aktuellen Regierung freilich nicht gibt), könnten ein paar kluge Leute auch schon mal wieder für 4,5 Millionen Sachsen planen. Denn Wirtschaft und Demografie sind aufs engste miteinander verquickt. Meist ist die Wirtschaftsentwicklung Auslöser für demografische Entwicklungen, selten ist es andersherum.
Aber wem erzählt man das in diesem von Vergreisung besessenen Sachsen?
Ein Ergebnis ist: Alle Welt wundert sich alle halbe Jahre, dass die Steuereinnahmen schon wieder deutlich höher ausfallen, als noch beim letzten Mal bejubelt.
13,01 Milliarden Euro werden nun erwartet. Das sind 153 Millionen Euro mehr als in der November-Steuerschätzung angenommen.
„Dabei wird der Freistaat auch von dem bundesweit guten Jahresauftakt 2016 profitieren. In Sachsen hingegen war der Jahresbeginn von der für den Länderfinanzausgleich des Vorjahres zu leistenden Rückzahlung über 168 Millionen Euro geprägt“, sagte der Finanzminister dazu. Es passiert also genau das, was der wütende Ministerpräsident von Bayern gern vor Gericht einklagen will: Die Geberländer (und dazu zählt ja das schweinereiche Bayern) zahlen weniger, Nehmerländer wie Sachsen bekommen weniger aus dem Bundesländerfinanzausgleich. Das ist übrigens ein eingebauter Mechanismus: Je höher die Steuereinnahmen im Nehmerland ausfallen, umso geringer ist ihr Anspruch auf Zahlungen aus diesem Ausgleich.
Eigentlich müsste das Ziel des wütenden Bayern sein, alle Bundesländer gleichermaßen reich zu machen – dann müsste Bayern nämlich nichts mehr zahlen. So aber benimmt er sich so mies wie Ebeneezer Scrooge vor seiner weihnachtlichen Erleuchtung. Egoismus quasi also Parteidoktrin.
Was jetzt die weitere Zukunft bringt mit den sächsischen Steuern, weiß auch noch keiner. Die Genauigkeit der Prognose trügt: Für die nächsten Jahre falle die neue Schätzung für die Landesebene uneinheitlich aus. Im Vergleich zur bisherigen Prognose seien in 2017 um 7 Millionen Euro niedrigere, in 2018 dann um 179 Millionen Euro höhere Einnahmen zu erwarten, versucht das Finanzministerium zu mutmaßen.
Bisher war es jedes Mal so, dass die tatsächlichen Einnahmen trotzdem wieder höher lagen.
Was heißt das jetzt für den Haushalt? Wird Sachsen mehr Geld ausgeben – zum Beispiel für die so dringend gebrauchten Schulen und Sozialwohnungen? Dazu sagt das Ministerium erst mal nichts. Aber für die sächsischen Kommunen bedeutet es jetzt ein paar wenige Kröten mehr. Das ist fast wie ein Schmerzensgeld für die gesunkenen Gewerbesteuereinnahmen. Denn im laufenden Jahr wird das Steueraufkommen der Städte und Gemeinden um 21 Millionen Euro geringer ausfallen als bislang erwartet.
„Ursache für diese Entwicklung ist die Gewerbesteuer: Im Vorjahr war hier in Sachsen ein Rückgang von 3,2 % zu verzeichnen, während die Kommunen in Ostdeutschland mit 1,4 % und die Gemeinden in Westdeutschland sogar mit 4,8 % im Plus lagen. Das hat sich auf die aktuelle Steuerschätzung ausgewirkt“, kommentiert das der Finanzminister. Im Jahr 2017 soll das Steueraufkommen der sächsischen Gemeinden dann um 8 Millionen Euro, in 2018 um 31 Millionen Euro über den bisherigen Erwartungen liegen. Klingt viel, ist aber eher ein Witz.
Etwas mehr Geld bekommen sie dann freilich durch den sächsischen Finanzausgleich. Von den eigenen Steuermehreinnahmen muss der Freistaat auch ein bisschen was an die Kommunen abgeben.
„Berücksichtigt man diese Entwicklung, relativieren sich auch die vermeintlichen Einnahmeveränderungen im Staatshaushalt“, meint Georg Unland. „Schon in 2016 ergibt sich ein deutlich positiver Abrechnungsbetrag zu Gunsten der Kommunen. In 2017 dürften dann rund 39 Millionen Euro und in 2018 rund 78 Millionen Euro zusätzlich durch den Freistaat für die kommunale Ebene aufzubringen sein.“
Das reicht dann zum Beispiel in Leipzig für eine halbe Schule. Es sei denn, der Freistaat erhöht im Doppelhaushalt 2017/2018 die Fördersummen für Schulen und Wohnungen deutlich. Wäre ja mal ein Zeichen.
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