Hängt es am Ende nur am Geld? Am Geld, das Sachsens Regierung gerade flüssig hat, um Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge in Sachsen zu bezahlen? 34 Millionen Euro vielleicht. Aber das kann doch nicht der Maßstab sein, finden die Grünen: Wer Integration will, muss jemandem den Hut dafür aufsetzen, damit sie auch organisiert wird. So einen Antrag haben sie jetzt auch geschrieben.

Denn die Forderung nach Integration ist in aller Munde. Im Freistaat soll das sogenannte sächsische Zuwanderungs- und Integrationskonzept aus dem Jahr 2012 bei der Integration von Migrantinnen und Migranten handlungsleitend sein, beschlossen unter der schwarz-gelben Regierung, die mit Zuwanderung und Integration seinerzeit nicht allzu viel anfangen konnte und die auch noch nicht mit den Flüchtlingszahlen der Jahre 2014 und 2015 konfrontiert war.
Entsprechend lasch sieht das Ding dann auch aus. Eher ein Alibipapier fürs Büro als eine klare Handlungsanleitung.

„Das gültige Zuwanderungs- und Integrationskonzept ist derzeit seinen Namen nicht wert. Es ist unverbindlich, versäumt es, Verantwortliche zu benennen, und macht keine Angaben zu Zielen und Zeitrahmen“, kommentiert Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, den Zustand.

Für Freitag, 27. Mai, hat die Grünen-Fraktion deshalb einen Antrag zur Diskussion des vorliegenden Konzepts im Landtag eingebracht. Unter dem Titel „Integration von geflüchteten und zugewanderten Menschen im Freistaat Sachsen voran bringen − Zuwanderungs- und Integrationskonzept der Staatsregierung grundlegend überarbeiten“ soll diskutiert werden, was zu tun ist, damit in Sachsen die Integration von zugewanderten Menschen gut gelingen kann.

Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) hat den Antrag der Grünen zwar kommentiert. Aber auch Petra Zais war eher ratlos, als sie lesen durfte: „Neben der aktuell anstehenden Umsetzung des jüngst beschlossenen und für das Jahr 2016 mit 34,4 Mio. Euro ausgestatteten ‚Sieben-Punkte-Plans der Sächsischen Staatsregierung zur Verbesserung des Integrationsprozesses der Asylsuchenden und Flüchtlinge im Freistaat Sachsen‘ bedingt die ungewisse künftige Dynamik des Flüchtlingszugangs angesichts der Begrenztheit der Mittel gegenwärtig Zurückhaltung.“

Nur dass das „Sieben-Punkte-Papier“ schlicht nirgendwo öffentlich ist, obwohl es am 4. März vom Regierungskabinett beschlossen wurde. Und nicht nur Petra Zais fühlte sich da etwas seltsam. Am 8. Mai hat sie deshalb extra eine kleine Anfrage gestellt, um herauszubekommen, was in diesem Papier eigentlich steht. Der Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Linksfraktion, Juliane Nagel, ging es genauso. Sie hat am 4. Mai eine entsprechende Anfrage gestellt. Auch ihr ging es um die Frage, die die Grünen umtreibt: Wer ist eigentlich jetzt für welche Integrationsmaßnahme verantwortlich?

Denn wenn nur wieder irgendwelche Gelder an irgendwelche Behörden ausgereicht werden, ist auch wieder nur das übliche Ergebnis zu erwarten: Irgendetwas passiert, aber niemand ist für das, was er tut, rechenschaftspflichtig.

Gerade Integration ist eher kein Buch mit sieben Siegeln. Hier geht es um Sprachkurse (für die es professionelle Anbieter gibt), Wohnraum, Gesundheitsfürsorge, Einschulung, Weiterbildung und Qualifikation und natürlich Vermittlung in eigenständige Erwerbsarbeit. Für alles gibt es Strukturen und Institutionen im Land. Aber irgendwie redet die sächsische Staatsregierung ungern über Details.

„Wir fordern vor allem Verbindlichkeit ein. Die verantwortlichen Akteurinnen und Akteure müssen endlich benannt und überprüfbare Ziele vereinbart werden. Jedes Ministerium ist gefragt. Wir brauchen Antworten auf Fragen wie zum Beispiel schulische Integration gelingen kann, welche Rahmenbedingungen berufliche Qualifizierung braucht, wie aus zugewanderten Menschen Nachbarn, Kolleginnen und Kollegen oder sogar politische Akteure werden, wie wir im Freistaat Rassismus und Vorurteile abbauen können“, listet Petra Zais einfach mal auf, was man eigentlich wissen sollte. Aber selbst bei den Zahlen scheint sich Sachsens Regierung lieber auf Zulieferungen aus dem Bundesamt für Statistik verlassen zu wollen – die in der Regel mit jahrelanger Verspätung kommen und völlig untauglich sind zur Steuerung vor Ort.

Petra Zais: „Damit wir erfahren, wie sich Migrantinnen und Migranten in Sachsen eingelebt haben und welche Hürden es bei der Teilhabe gibt, brauchen wir eine regelmäßige Berichterstattung zum Stand der Integration. Vorbilder haben wir dafür. Ich erinnere an den Bericht zur Lage von Menschen mit Behinderung oder den Bericht zur Gleichstellung von Frau und Mann. – Integration ist kein Selbstläufer. Sie findet nicht eindimensional, sondern auf verschiedenen Ebenen statt. Ich erwarte von der Staatsregierung strukturiertes und zukunftsorientiertes Handeln statt populistischer Forderungen.“

Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag der Grünen.

Kleine Anfrage von Petra Zais „‚Integrationspaket‘ Kabinettsbeschluss vom 4. März 2016“. Drs. 5089

Kleine Anfrage von Juliane Nagel „Integrationspaket der Staatsregierung“. Drs. 5069

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