Da haben sich ein paar Leute wohl nicht abgesprochen. Oder warum sagt Altministerpräsident Kurt Biedenkopf in einem Interview mit der "Sächsischen Zeitung" etwas völlig anderes zur Entstehung seiner Tagebuch-Ausgabe als die Sächsische Staatskanzlei? - Der Linke-Abgeordnete André Schollbach bekommt so langsam das große Grübeln über das seltsame Katz-und-Maus-Spiel rund um die Tagebücher.

In einem in der “Sächsischen Zeitung“ am Freitag, 20. Mai, veröffentlichten Interview erklärte der frühere Ministerpräsident Kurt Biedenkopf nun etwas zum Hergang der Finanzierung der Tagebücher, was mit den Ergebnissen der vielen Fragen, die Schollbach an die Staatsregierung stellte, nur wenig zu tun hat.

„Das Tagebuchprojekt ist ein Projekt des Freistaates. Es geht auf Tillichs Vorschlag zurück, die Tagebücher aus den Jahren 1989 bis 2000 aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des Freistaates im Herbst 2015 vom Freistaat herausgeben zu lassen”, kommt Biedenkopf dort zu Wort. “Das Land sollte die Kosten für die Bearbeitung und die Veröffentlichung der Texte und den Erwerb der Rechte übernehmen. Die Kosten für die Neuauflage des ersten Bandes haben wir selbst übernommen. Inzwischen lehnt der Ministerpräsident die weitere Erfüllung unserer Vereinbarung ohne Begründung ab. Hätten wir das gewusst, hätten wir Tillichs Angebot nie angenommen.“

Schollbach kommt bei so einer Antwort aus dem Staunen gar nicht wieder heraus. Denn auf seine vielen Kleinen Anfragen zur staatlichen Finanzierung der Biedenkopf-Tagebücher hat er in den vergangenen Monaten völlig andere Antworten bekommen. Auch zur Befassung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mit der Finanzierung der Biedenkopf-Tagebücher stellte er mehrere Fragen. In ihrer Antwort vom 10. Dezember 2015 (Parlaments-Drucksache Nr. 6/3282, Antwort I) teilte die Regierung mit: “Der Wunsch des ehemaligen Ministerpräsidenten, Prof. Kurt Biedenkopf, dessen persönliche Aufzeichnungen nach wissenschaftlicher Aufbereitung für eine Publikation vorzubereiten, war Herrn Ministerpräsidenten Tillich bekannt.“

Das war noch sehr unkonkret. Aber auf eine weitere Kleine Anfrage teilte die Staatsregierung am 23. Dezember 2015 (Drucksache Nr. 6/3571) das Folgende mit: “Herr Ministerpräsident a. D. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf hat diesen Wunsch Herrn Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich im Frühjahr 2013 mitgeteilt.“

Am 27. April 2016 (Drucksache Nr. 6/3282, Antwort II) antwortete die Staatsregierung dann so: “Herr Ministerpräsident a. D. Prof. Dr. Biedenkopf hat Herrn Ministerpräsident Tillich im Jahr 2013 über das Projekt zur wissenschaftlichen und historischen Aufarbeitung und Publikation seiner Tagebücher aus den Jahren 1990 bis 1994 informiert.“

Das klang immer so, als sei Biedenkopf auf die Landesregierung zugekommen und hätte das Projekt vorgeschlagen, seine Tagebücher aus den frühen Jahren als sächsischer Ministerpräsident zu veröffentlichen.

Nach Biedenkopfs Aussage aber scheint nun die Staatsregierung mit dem Anliegen auf Biedenkopf zugegangen zu sein. Was aber irgendwie seltsam klingt, wenn man sieht, wie die Regierung um den Tatbestand herumeiert, die Auflage aus Steuergeldern finanziert zu haben, um damit den 25. Jahrestag zu würdigen. Dann hätte die Geldausgabe ja noch irgendwie Sinn gemacht.

Logisch, dass André Schollbach jetzt schwer ins Grübeln kommt: “Einerseits wird von der Staatsregierung unter Führung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich behauptet, Kurt Biedenkopf hätte den Wunsch gehabt, die Tagebücher zu veröffentlichen. Andererseits erklärt Herr Biedenkopf, das Tagebuchprojekt sei ein Projekt des Freistaates und gehe auf Tillichs Vorschlag zurück, die Tagebücher vom Freistaat herausgeben zu lassen. Diese Aussagen stehen ganz offensichtlich in Widerspruch zueinander. Nun stellt sich die Frage: Wer sagt die Unwahrheit? Der amtierende oder der frühere Ministerpräsident? Und aus welchen Gründen? Ich werde der Sache nachgehen und in dieser Angelegenheit von meinem parlamentarischen Fragerecht Gebrauch machen. Bemerkenswert ist überdies, dass sich Herr Biedenkopf nun beklagt, dass Tillich die Erfüllung der Vereinbarung ohne Begründung ablehne. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.“

Die erste Antwort der Staatsregierung aus dem Dezember 2015. Drs. 3282_1

Die Antwort der Staatsregierung aus dem Dezember 2015. Drs. 3571

Die Antwort der Staatsregierung aus dem April 2016. Drs. 3282_2

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