Wahrscheinlich wird sich am Ende herausstellen, dass es im Fall Biotec genauso ist wie bei etlichen anderen Umwelt- und Wirtschaftsskandalen in Sachsen: Die Behandlung der Fälle vor Gericht kommt einfach nicht in Gang, weil es entweder am nötigen Nachdruck oder an freien Gerichtskapazitäten fehlt. Die Deutsche Umwelthilfe ( DUH) fordert nun einen raschen Strafprozess gegen die ehemaligen Geschäftsführer der S.D.R. Biotec.
Vor exakt fünf Jahren, am 10. März 2011, führte das sächsische Landeskriminalamt eine Razzia auf dem Grundstück der Firma S.D.R. Biotec durch. Damit flog einer der größten Giftmüllskandale Deutschlands im sächsischen Ort Pohritzsch auf. Durch die Veröffentlichung der Ergebnisse von Bodenproben und intensive Pressearbeit trug die Deutsche Umwelthilfe (DUH) maßgeblich dazu bei, die illegalen Machenschaften des Abfallbehandlers aufzudecken.
Die S.D.R. Biotec im sächsischen Pohritzsch verarbeitete hochtoxische Abfälle, wie beispielsweise Filterstäube und Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen. Sie gab an, den hochgiftigen Sondermüll in ungefährliches Deponiegut zu verwandeln, das kostengünstig auf oberirdischen Deponien abgelagert werden könne. Proben der DUH belegten, dass von der Anlage ausgehende Stäube und der Boden in der Nähe des Geländes mit gesundheitsgefährdenden Schwermetallen belastet waren. Weil nie nachgewiesen werden konnte, dass die angewandte Behandlungstechnologie funktionierte, platzte das Märchen vom sauberen Müll.
Die verantwortlichen Geschäftsführer wurden bis zum heutigen Tag nicht von der Justiz zur Verantwortung gezogen. Die DUH fordert von der Staatsanwaltschaft Leipzig nun einen zügigen Strafprozess und Aufklärung darüber, welche Gefahren für Bürger und die Umwelt von den falsch abgelagerten Giftabfällen ausgehen.
„Im Fall Biotec folgt ein Skandal auf den nächsten. Allein der illegale Umgang mit hochgiftigen Abfällen ist bereits ein Skandal für sich. Hinzu kommt, dass das Landratsamt Nordsachsen und die Landesdirektion Leipzig sich jahrelang wegduckten und ihren Kontrollpflichten nicht ausreichend nachkamen. Nun werden die Strafverfahren gegen die Beschuldigten verschleppt. Es ist unfassbar, dass nach jahrelangen Ermittlungen noch immer keine Hauptverfahren gegen die ehemaligen Geschäftsführer Jörg Schmidt und Hans-Peter Richter eröffnet wurden und die Drahtzieher dieser Machenschaften unbehelligt bleiben“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Der Skandal war einer der vielen Fälle, die seinerzeit auch den Abfall-Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages beschäftigten, der am Ende seine Arbeit auch mit dem Eingeständnis beendete, dass man in vielen Fällen an der Nicht-Kooperation staatlicher Instanzen abgeprallt war.
Zuletzt fragten die Grünen im Sächsischen Landtag im Sommer 2015 nach und bekamen vom Umweltminister eine Liste mit Deponien, auf denen die eben nicht ganz ungefährlichen Abfälle der S.D.R. Biotec abgelagert sind. Darunter auch einzelne Fuhren für die Zentraldeponie Cröbern. Aber auch der aktuelle Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) tut sich schwer, hier jahrelange Untätigkeit der Behörden zu sehen: Die Staatsregierung teilt nicht die in der Fragestellung enthaltene Auffassung, „dass vonseiten zuständiger Behörden und Ministerien die Unzulänglichkeit des Verfahrens und die Unzuverlässigkeit der Betreiber viele Jahre ignoriert wurde“.
Das sieht die DUH natürlich anders. Aus ihrer Sicht stehe bereits seit Jahren fest, dass amtliche Nachweise zur Ungefährlichkeit der behandelten Abfallstoffe durch die S.D.R. Biotec nie erbracht werden konnten. Anfragen der DUH zum Strafprozess seien seitens der Staatsanwaltschaft Leipzig bislang ignoriert und nicht beantwortet worden.
„Es muss endlich aufgeklärt werden, warum giftige Abfälle überhaupt auf ungeeignete Deponien gelangen konnten und welche Gefahren von ihnen ausgehen. Insgesamt sprechen wir von mehr als einer Million Tonnen vermutlich immer noch giftiger Abfälle. Mindestens eine Deponie mit abgelagerten Abfällen der S.D.R. Biotec steht unter Wasser. Bisher wurden die Vorgänge vom sächsischen Umweltministerium nur verharmlost und vertuscht“, sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer.
Die Schließung des Abfallbehandlers Biotec und das Bekanntwerden illegaler Ablagerungen auf ostdeutschen Deponien wurde nach Einschätzung der DUH durch das Landratsamt Nordsachsen, die Landesdirektion Leipzig und das sächsische Umweltministerium jahrelang hinausgezögert. Ohne massive Öffentlichkeitsarbeit der DUH und die Unterstützung des engagierten Vereins „Sauberes Delitzscher Land“ wäre der Giftmüllskandal nicht aufgedeckt und bekannt geworden.
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