Einen noch gar nicht so bekannten Aspekt der sächsischen Sparmaßnahmen beim Personal hat sich der Grünen-Abgeordnete Wolfram Günther jetzt einmal vorgeknöpft. Die Leipziger kennen ihn als Akteur im Stadtforum Leipzig im jahrelangen Kampf gegen den Abriss denkmalgeschützter Gebäude. Jetzt hat er mal wissen wollen, wie es eigentlich um das Personal im Landesamt für Denkmalpflege steht. Gar nicht gut. War ja klar.

Denn wenn die Rasur beim Personal schon bei Lehrerschaft, Polizisten und in der Justiz so ins Kontor geschlagen hat, dann wird es Einrichtungen wie das Landesamt für Denkmalpflege nicht verschonen.

„Die aktuelle Personalsituation beim Landesamt für Denkmalpflege ist dramatisch“, stellt Wolfram Günther als denkmalpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion fest, nachdem er die Antworten von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine aktuelle Kleine Anfrage erhalten hat. „Wer in einem der kulturell reichsten Bundesländer mit einem so hochwertigen Bestand an Kulturdenkmalen ausgerechnet eine international anerkannte Fachbehörde auf Verschleiß fährt, riskiert die Zukunftsfähigkeit der Denkmalpflege in Sachsen.“

Günther spricht von einem Aderlass. Von 62 Stellen im Jahr 2000 sind nur noch 48 Stellen existent, der Altersdurchschnitt liegt bei 53 Jahren.

„Die Überalterung und drastische Reduzierung der Personalstellen im Landesamt für Denkmalpflege gefährden den Fortbestand der bisher verdienstvollen Arbeit der staatlichen Denkmalpflege in Sachsen“, sagt Günther. „Seit dem Jahr 2000 wurden die Personalstellen von 62 auf heute nur noch 48 gekürzt. – Diese Stellenreduzierung um 23 Prozent war jedoch erst der Anfang. Mittlerweile liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten bei 53,2 Jahren. Mehr als ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist über 60 Jahre alt. Das bedeutet, dass bis zum Jahr 2022 etwa 20 Stellen altersbedingt frei werden.“

Die Tendenz der aktuellen Personalentwicklung schätzt Günther als verheerend ein.

„Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, kann das Landesamt künftig nicht mehr seinem gesetzlichen Auftrag nachkommen. Die wissenschaftliche Betreuung unserer Denkmallandschaft wäre nicht mehr lückenlos gewährleistet. Bauvorhaben und Investitionen werden verzögert oder sogar ganz verhindert“, sagt er und fordert Minister Ulbig auf, den Personalabbau im Landesamt für Denkmalpflege unverzüglich zu stoppen. In den Haushaltsverhandlungen würden die Grünen auf eine auskömmliche Finanzierung der sächsischen Denkmalpflege drängen.

Das sächsische Landesamt für Denkmalpflege war 1919 aus der Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler hervorgegangen. Diese war 1894 als erste Institution staatlicher Denkmalpflege ins Leben gerufen worden. Das Landesamt bestand über die Auflösung des Landes Sachsen im Jahr 1952 hinaus und gehörte seit 1958 als Arbeitsstelle Dresden zum Institut für Denkmalpflege der DDR. 1993 erfolgte die Wiedereinrichtung als Landesoberbehörde. Seit Juli 2002 ist das Landesamt dem Sächsischen Staatsministerium des Innern nachgeordnet. Aber von Einstellungsstopp und Stellenkürzung blieb es nicht verschont.

Allein in diesem Jahr werden ein Referatsleiter und der Gebietsreferent für die gesamte Stadt Leipzig und den halben Landkreis Nordsachsen in den Ruhestand gehen.

„Das bedeutet, dass die allein in Leipzig vorhandenen ca. 14.000 Kulturdenkmale seitens des Landesamtes nicht mehr betreut werden können. Ich erwarte von der Staatsregierung, dass mindestens diese beiden 2016 frei werdenden Stellen zügig wieder besetzt werden“, fordert Günther.

Besonders frappierend ist dabei, dass das Landesamt zwar immer drei Volontärstellen angeboten hat – die Möglichkeiten zur eigenen Nachwuchsgewinnung also bestanden. Aber schon in der Zeit von 2000 bis 2010 unterblieb die Neueinstellung, weil das Landesamt auch damals schon personell geschrumpft wurde.

Markus Ulbig in seiner Antwort: „Aufgrund der Stellenentwicklung von 2000 bis 2016 konnte kein Volontär im Anschluss an seine Ausbildung im Landesamt für Denkmalpflege übernommen werden.“

Einen Großteil der Arbeit hat man also auf Projektstellen ausgelagert – also Leute, die man nur extra für diese Projekte eingestellt hat, mit befristeten Verträgen. Eins der vielen Modelle, mit denen prekäre Beschäftigungsverhältnisse auch im sächsischen Staatsapparat Fuß fassten. Nur nachhaltig und belastbar sind diese Arten von Beschäftigung natürlich nicht.

In den vergangenen Jahren wurden so zum Beispiel die sächsischen Denkmallisten mit hohem personellem Aufwand überprüft. Doch diese Projektstellen für diese Aufgabe wurden im Jahr 2015 nicht mehr verlängert.

„Die Prüfung der Gartendenkmale sowie der technischen Denkmale blieb dadurch unvollendet und ohne Ergebnis“, benennt Günther das Resultat dieser Art Projektarbeit. „Bleibt es dabei, wird es für Sachsen keine aktuellen Denkmalkarten geben, die für eine transparente bürgernahe Arbeit unverzichtbar sind.“

Und eigentlich hätte er auch die ewigen Werbesprüche für die schöne Heimat Sachsen zitieren können, mit denen die Landesregierung ihre Politik verkauft. Doch das passt nicht zusammen mit einer anhaltenden Schrumpfkur genau für das Amt, das eigentlich für den Erhalt der Baukultur im Lande zuständig ist.

„Der Denkmalpflege kommt gerade heute, in Zeiten ökonomischer und gesellschaftlicher Umbrüche aufgrund der Kompetenz zur Bewahrung historisch bedeutender Substanz eine identitätsstiftende Aufgabe zu“, betont Günther deshalb. „Ohne die fachliche Begleitung des Landesamtes für Denkmalpflege wäre die über Sachsens Grenzen hinaus anerkannte Erhaltung bzw. Restaurierung herausragender sächsischer Kulturdenkmale undenkbar gewesen. Mit der zunehmenden Arbeitsunfähigkeit der Fachbehörde droht eine über hundertjährige sächsische Erfolgsgeschichte zu Ende zu gehen – ohne Not und ohne Grund.“

Kleine Anfrage Wolfram Günther: „Stellenbedingte zunehmende Arbeitsunfähigkeit und Personalentwicklung seit 2000 am Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (LfD)“ (Drs 6/3650).

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