Kurz vor dem 1. März mehrten sich auch aus Leipzig wieder die Nachrichten über radikale Baumfällungen auf privaten Grundstücken. Die meisten Bäume dort stehen seit dem von CDU und FDP beschlossenen „Baum-ab-Gesetz“ nicht mehr unter Schutz. Die Umweltbehörde muss nicht mehr gefragt werden. Mit dramatischen Folgen für die Stadt. Die Grünen wollen das mit einem Gesetzentwurf ändern. Am Freitag gibt's dazu die Anhörung in Dresden.
Der Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft des Landtags berät am Freitag, 4. März, ab 10 Uhr, in einer öffentlichen Anhörung den Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion „Zum Schutz eines nachhaltigen Baumbestandes im Freistaat Sachsen“. Der Gesetzentwurf schlägt vor, sächsische Städte und Gemeinden wieder in die Lage zu versetzen, eigene Baumschutzsatzungen zu erlassen.
Bereits ab 9:30 Uhr will der BUND Sachsen mit einer Protestaktion vor dem Landtagsgebäude auf das gesetzlich verordnete Dilemma aufmerksam machen.
Das 2010 mit CDU/FDP-Mehrheit verabschiedete Gesetz zur Vereinfachung des Umweltrechts war aus Sicht der Grünen-Fraktion auch damals schon ein unzulässiger Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und hat die kommunalen Baumschutzsatzungen verheerend geschwächt. Vorher war es Städten und Gemeinden möglich, ohne Einschränkungen kommunale Baumschutzsatzungen zu erlassen, durch welche sie Bäume und Sträucher umfassend und an die lokalen Verhältnisse angepasst schützen konnten.
Das Gesetz ist im Grunde ein Negativ-Gesetz: Es untersagt den Kommunen, bestimmte Bäume überhaupt unter Schutz zu stellen.
Seit nunmehr fünf Jahren dürfen auf bebauten Grundstücken keine Nadelbäume, Obstgehölze, Pappeln, Birken, Baumweiden und Bäume mit einem Stammumfang von unter einem Meter per kommunaler Satzung unter Schutz gestellt werden. Vor allem für Großstädte und Städte mittlerer Größe mit einem erhöhten Nutzungsdruck bedeutet dies einen zunehmenden Verlust an Baumbestand, weil mittelalte Bäume von unter einem Meter Umfang nicht mehr geschützt werden können.
Das hat zum Beispiel in Leipzig zur Folge, dass Gehölze mit stadtklimatischer Funktion und Pflanzungen nach Luftreinhalteplänen nur noch auf stadteigenen Flächen gesichert werden können. Während die Stadt also mit hohem finanziellen Aufwand versucht, aus Gründen der Luftreinhaltung Tausende Bäume auf städtischen Flächen zu pflanzen, werden im privaten Bereich deutlich mehr Gehölze ersatzlos gefällt.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schlägt die Grünen-Fraktion vor, diese Schwächung des Baumschutzes und der kommunalen Selbstverwaltung zu beenden. Der Schutz von Bäumen soll bestimmte Arten grundsätzlich nicht mehr ausschließen und nicht erst ab einem bestimmten Stammumfang gelten. Für die lokal zuständigen Verwaltungen soll es wieder möglich werden, bei Bedarf auch Sträucher und Hecken als Lebensraum schützenswerter biologischer Vielfalt unter Schutz zu stellen.
In ihrem Gesetzentwurf weisen die Grünen auch darauf hin, dass es nicht – wie im bestehenden Gesetz suggeriert – um wertvolle oder weniger wertvolle Bäume geht, sondern um ein ganzes Bündel von Schutzfunktionen, die Gehölzbestände gerade in den großen Städten haben: „Wesentlich hierfür ist der Schutz von Bäumen und Sträuchern in ihrer biologischen Vielfalt, als Lebensstätte für zahlreiche Tierarten, als Baustein beim Klimaschutz, als Garant für umfassend und dauerhaft hohe Lebensqualität für den Menschen. Gerade in unseren Städten sind Bäume für die Lebensqualität von entscheidender Bedeutung für das Stadtklima, als Schattenspender, Sauerstofferzeuger, Staubfilter und Wasserspeicher.“
Und das Gesetz wendet sich auch gegen die Ignoranz privater Grundstücksbesitzer den gesellschaftlichen Zielen beim Klima- und Umweltschutz gegenüber: „Schließlich sollen die Naturschutzbehörden durch die Auflage von Ersatzpflanzungen oder Ersatzzahlungen sicherstellen können, dass Grundstückseigentümer auch im Bereich des Naturschutzes ihren verfassungsrechtlichen Verpflichtungen der Allgemeinheit gegenüber nachkommen.“
Und der Gesetzentwurf geht auch darauf ein, dass es ohne den Sachverstand von Umweltschutzbehörden nicht geht. „Schließlich erkennt der Laie auch nicht, ob es sich bei dem zur Fällung angedachten Baum um eine geschützte Lebensstätte handelt“, heißt es im Gesetzentwurf. „Lebensstätten in allen Baumarten – auch in Obstbäumen, Nadelgehölzen, Pappeln (Populus spec.), Birken (Betula spec.), Baumweiden (Salix spec.) und abgestorbenen Bäumen unterliegen dem Artenschutz (§ 44 Abs. 1 BNatSchG). Nach der Literatur gelten besonders alte Obstbäume, Pappeln und Baumweiden als sehr intensiv genutzte Lebensräume von Tierarten. Für den Laien sind die regelmäßig vorhandenen Lebensstätten von oft besonders und streng geschützten Tierarten, die ganzjährig an Gehölze gebunden sind, nicht erkennbar.“
Aber genau diese Laien entscheiden nun ganz ohne Nachfrage und Prüfung, ob Baumbestände gefällt und Gehölze beseitigt werden. Und verwandeln grüne Inseln in Wohnquartieren immer mehr in kahle, schattenlose Orte, in denen auch die auf Rückzugsräume in der Stadt angewiesene Tierwelt keine Zuflucht mehr findet.
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