Politik ist ein zähes Ringen. Selbst dann, wenn ein Beschluss wirtschaftlicher Unfug ist, so, wie es im Fall der 2013 unter Schwarz-Gelb eingeführten Wasserentnahmeabgabe der Fall war: Mit dem novellierten Wassergesetz verdonnerten CDU und FDP die Betreiber von Wasserkraftanlagen dazu, teuer dafür zu bezahlen, dass sie ihre Anlagen betrieben. Die CDU-Fraktion hat sich endlich überzeugen lassen. Selbst die SPD atmet auf.
Die Chemnitzer “Freie Presse” berichtete darüber am 3. Februar. Und Simone Lang, Umweltexpertin der SPD-Fraktion, fällt ein Stein vom Herzen: “Wir begrüßen die Entscheidung der CDU-Fraktion, die Wasserentnahmeabgabe für Wasserkraftbetreiber wieder abschaffen zu wollen und sehen darin einen wichtigen Erfolg für die Sicherung von mittelständischen Betrieben und Arbeitsplätzen in Sachsen.”
“Gemeinsam mit dem Verband der Wasserkraftbetreiber ist es uns gelungen, dass die seit Jahren umstrittene Abgabe in naher Zukunft der Vergangenheit angehören wird. Wir werden, gemeinsam in der Koalition, die gesetzlichen Änderungen zügig auf den Weg bringen“, ergänzt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Volkmar Winkler. “Die SPD-Fraktion hatte bereits im Zuge der Einführung der Wasserentnahmeabgabe im Jahr 2013 davor gewarnt, dass dies zu unabsehbaren Folgen für die sächsischen Wassermüller führen würde. Wir haben beständig darauf hingewiesen, dass mit einer solchen Abgabe die Wirtschaftlichkeit der Anlagen und damit deren Weiterbetrieb in Frage gestellt würden. Außerdem drohte bei einem solchen Szenario der Verlust von Arbeitsplätzen, vor allem in strukturschwächeren Regionen. – Den Vorschlag, dass der Wasserkraftverband eine Befragung seiner Mitglieder durchführt, haben wir von Beginn an unterstützt und sehen uns in dem Votum, wonach ca. 90 Prozent der Befragten eine Abschaffung der Abgabe unter Inkaufnahme eines Wegfalls der Förderung zur Herstellung und Verbesserung der Gewässerdurchgängigkeit befürworten, bestätigt. – Nicht nur vor dem Hintergrund, dass wir einen starken Mittelstand in Sachsen brauchen, sondern vor allem für das Erreichen unserer energie- und klimapolitischen Ziele, spielt die Wasserkraft eine wichtige Rolle. Diese wollen wir weiter stärken und dafür sorgen, dass die sächsische Wasserkraft weiterhin eine Zukunft hat und ihren Beitrag zum Gelingen der Energiewende beisteuern kann.”
Und nicht nur die SPD hat 2012 und 2013 eifrig gegen das Gesetz gekämpft – auch Linke und Grüne hatten seinerzeit heftig gegen die Abgabe gestritten, die auf Dauer das Aus für viele Wasserkraftbetreiber bedeutet hätte. So sicher, dass das 2013 eine gute Entscheidung war, war sich wohl die CDU-Fraktion auch nicht. Am Dienstag, 2. Februar, hat sich die CDU-Fraktion nun entschlossen, die Sache wieder rückgängig zu machen. Ihr Umweltminister Thomas Schmidt hatte schon 2014 geäußert, dass er die Sache überprüfen wolle.
Dass man dennoch drei Jahre brauchte, um die Folgen abschätzen zu können, bringt Jana Pinka, Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag für Umweltpolitik und Ressourcenwirtschaft, dann doch ins Grübeln.
“Es ist zum Lachen, wie die CDU-Fraktion sich als Retterin und Versteherin der Probleme der Wasserkraftbetreiber aufspielt. Sie selbst hatte ohne jeglichen Sinn und Verstand die Wasserentnahmeabgabe im Haushaltaufstellungsverfahren für 2013/2014 im Wassergesetz ohne jegliche Datengrundlage verankert”, kommentiert sie die Kehrtwende. “Unsere Fraktion stand und steht seit dieser Zeit an der Seite der Betroffenen mit einer Unzahl an parlamentarischen Initiativen, denn Klein- und Mittelständische Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien hatten auf sichere Investitionen im Freistaat Sachsen vertraut. Auch Ende 2012 stellten sich bereits die Fragen, ob die CDU die Wasserkraftnutzung zur Stromgewinnung in Sachsen kaputt machen, ob sie Investitionen in diese Erneuerbare Energie verhindern, ob sie die Netzstabilität im Mittelspannungsbereich zurückfahren oder Arbeitsplätze vernichten will.”
Ihr Resümee zu diesem Gesetz: “Die CDU hat die Wasserkraftbetreiber in unsicheres Fahrwasser bugsiert und sie nahe des Ruins getrieben, allen voran der Ministerpräsident Tillich und der Ex-Umweltminister und jetzige Fraktionsvorsitzende Kupfer. – Und wenn die Kolleginnen und Kollegen es ernst meinen mit ihrer Ankündigung, das Sächsische Wassergesetz im §91 zu ändern, sollten sie gleich die Tatbestände der Befreiung in Gänze angehen, denn die Braunkohlesümpfungswässer, die von dieser Abgabe befreit sind, schädigen die Umwelt ein Vielfaches mehr, als das eine einzige Wasserkraftanlage je getan hat. Also nur Mut, liebe Koalitionäre, bringen Sie uns umgehend eine Gesetzesvorlage, sonst wird dies unsere Fraktion tun! Wir werden diesem Treiben nicht länger zuschauen!”
Und ganz ähnlich verwundert schauen die Grünen drein.
“Es musste erst viel Wasser die sächsischen Flüsse hinunter fließen, ehe die CDU Vernunft angenommen hat. Leider wird dabei die Chance versäumt, ein Konzept für eine maßvolle Wasserabgabe mit deutlicher ökologischer Lenkungswirkung zu entwickeln“, kommentiert Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, die Sache. “Die von der CDU/FDP-Koalition in der letzten Wahlperiode eingeführte Abgabe für Wasserkraftwerke in Höhe von mindestens 15 Prozent des Umsatzes war für kleine Betreiber und mittelständische Handwerksbetriebe existenzbedrohend. Dagegen haben wir seit Jahren gekämpft.”
Mit der Abschaffung der Abgabe werde allerdings auch die Finanzierungsquelle für die Herstellung und Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer ersatzlos gestrichen.
“Wir Grünen fordern die Staatsregierung auf, dafür – insbesondere für Betreiber von kleinen Anlagen – zeitnah ein neues Förderinstrument zu entwickeln”, sagt deshalb der Grünen-Abgeordnete. “Wasserkraftwerke stellen immer einen Eingriff in die Natur dar. Deshalb muss in jedem einzelnen Fall die Einhaltung der ökologischen Standards nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie geprüft werden. Es gibt in Sachsen einige vorbildlich mit Fischtreppen und ähnlichen Maßnahmen zum Erhalt der ökologischen Durchgängigkeit ausgerüstete Anlagen, aber auch noch viel Nachholbedarf.“
Und er verweist darauf, dass andere Unternehmen, die viel größere Wassermengen aus dem System entnehmen, vom sächsischen Gesetzgeber hingegen bevorzugt wurden und werden. Lippold: “Grundsätzlich befürworten wir eine verursachergerechte Abgabe auf alle privaten Nutzungen des öffentlichen Gutes Wasser. Das muss auch für Braunkohletagebaue gelten.“
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