Ein bisschen ergrimmt zeigte sich Sachsens Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) dann doch, als ihm der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Günther in einer Nachfrage unterstellte, dass er die "Fragen nach der ökologischen und chemischen Gewässergüte der sächsischen Oberflächengewässer nicht für die Pleiße beantwortet" habe. Im Oktober hatte Günther nach der Wasserqualität der sächsischen Flüsse gefragt. Die Antwort war eh schon deprimierend.
Denn wirklich gut geht es den allerwenigsten sächsischen Fließgewässern. Die meisten kommen über einen ökologischen Gewässerzustand von 4 oder 5 nicht hinaus. Das sind die Noten unbefriedigend und schlecht.
Von den 481 natürlichen Oberflächenwasserkörpern (also den weitgehend unveränderten natürlichen Wasserläufen) sind nur 4 Prozent im guten ökologischen Zustand (Note 2), 37 Prozent im mäßigen ökologischen Zustand (Note 3), 26 Prozent im unbefriedigenden ökologischen Zustand (Note 4) und 33 Prozent im schlechten ökologischen Zustand (Note 5).
Die Liste ist entsprechend lang und es verwundert nicht, dass der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Wolfram Günther, die Pleiße nicht auf Anhieb gefunden hat.
Umweltminister Thomas Schmidt reagierte entsprechend: “Die in den vorangestellten Ausführungen erhobene Behauptung, Fragen nach der Gewässergüte der Pleiße seien in der Antwort auf die Kleine Anfrage Dr.-Nr.: 612749 nicht beantwortet worden, wird zurückgewiesen. In der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr.: 612749 wurden alle durch den Freistaat Sachsen im Rahmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu bewertenden 646 Wasserkörper inklusive ihres chemischen Zustandes sowie ökologischen Zustands/Potenzials aufgeführt.”
Denn zu den relativ naturbelassenen Wasserläufen kommen noch die 147 “erheblich veränderten Oberflächenwasserkörper”, zu denen die Pleiße in ihrem Unterlauf gehört. Aufgrund des Bergbaus im Leipziger Südraum hat sie dort ein neu gebautes Wasserbett bekommen – einen schnurgeraden Kanal, der erst im beginnenden Leipziger Auwald wieder in natürliche Mäander übergeht.
Aber auch diesen stark veränderten Wasserläufen geht es nicht gut: “Von den 147 erheblich veränderten Oberflächenwasserkörpern (HMWB) sind sechs Prozent im guten ökologischen Potenzial, 2l Prozent im mäßigen ökologischen Potenzial, 32 Prozent im unbefriedigenden ökologischen Potenzial und 41 Prozent im schlechten ökologischen Potenzial.”
Wer sich die Werte genauer anschaut, sieht, dass der unbefriedigende Zustand vor allem dadurch entsteht, dass die Bäche und Flüsse in ihrem Verlauf immer mehr Schadstoffe aufnehmen. Schon im Gebiet des Neuseenlandes hat die Pleiße die Note 4, die sie auch auf Leipziger Flur noch hat.
Den anderen Fließgewässern im Leipziger Gebiet ergeht es nicht besser: Der Floßgraben kommt über die Note 4 nicht hinaus, die Weiße Elster hat in verschiedenen Abschnitten die Noten 4 und 5, die Parthe kommt selten überhaupt über die Note 5 hinaus. Logisch, dass auch der Elstermühlgraben nicht besser dran ist als mit Note 5, ebenso wie die nördliche Rietzschke.
Die Pleiße ist aus der ersten Antwort von Thomas Schmidt also nicht herausgefallen. Man musste sich die einzelnen Teilabschnitte nur irgendwie zusammensuchen. Aber als Fazit gilt trotzdem – wie für alle anderen Flüsse im Leipziger Raum: “Die Pleiße wird bezogen auf die Bewertung des ökologischen Potenzials und des chemischen Zustandes entsprechend der Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer (OGewV) und der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) den guten Zustand bis zum Jahr 2015 nicht erreichen.”
Das aber war eigentlich mal das Ziel. Und es erweist sich im Jahr 2015 nun einmal, dass Sachsen eindeutig zu wenig dafür getan hat, die Gewässerqualität seiner Flüsse in der Fläche zu verbessern. Denn dass die Gewässer ökologisch so stark belastet sind, hat zumeist einen wesentlichen Grund: Es wird zuviel Material in die Flüsse geschwemmt, das eigentlich nicht mehr hineingelangen dürfte. Aber eine Reduktion dieser Belastungen lässt sich nun einmal nur erreichen mit einer nachhaltigeren Landwirtschaft, besser geschützten Böden und wesentlich geringerem Einsatz von chemischem Dünger und Pestiziden.
Denn zwei andere Hauptquellen, die einst zur Belastung der sächsischen Flüsse beigetragen haben, sind mittlerweile weitgehend ausgeschaltet: das sind die industriellen Abwässer, die noch in DDR-Zeiten viele Flüsse – auch die Pleiße – zum Umkippen brachten, und das sind die Ableitungen aus den Anrainersiedlungen, die mittlerweile fast alle über gut funktionierende Kläranlagen verfügen.
Doch über Appelle an ihre Landwirte sind die sächsischen Umweltminister bislang nicht hinausgekommen. Eine umfassende Strategie zur deutlichen Absenkung der Einträge aus der Landwirtschaft und der Auswaschung der oft stark überdüngten Böden gibt es bis heute nicht. Wenn dann auch noch Kleingärtner aller Art freizügig mit Pestiziden (wie dem heiß umstrittenen Glyphosat) unterwegs sind, bilden sich auch auf Pleiße und Weißer Elster immer wieder die chemischen Schaumkronen, die an ein Zeitalter der großen Umweltverschmutzung erinnern.
So lange Sachsens Regierung das Thema so auf die leichte Schulter nimmt, wird sich am Zustand der Gewässer auch nichts zum Besseren wenden.
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