Im Landtag verstreichen zwischen Frage und Antwort schon einmal ein paar Wochen. Dass das für aktuelle Entwicklungen eine verdammt lange Zeit ist, das erlebte die Grünen-Abgeordnete Petra Zais. Sie ist auch Migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und wollte gern wissen, wie viele Asylbewerber der Freistaat bis November an die Kommunen überwiesen hatte.
Die Antwort bekam sie dann kurz vor Weihnachten. Aber da waren die Zahlen schon überholt. – Es ist trotzdem eine nicht ganz unwichtige Frage. Denn in einigen sächsischen Zeitungen waren Klagelieder einiger sächsischer Bürgermeister zu lesen, die sich überfordert sahen mit der Unterbringung der asylsuchenden Menschen. Normalerweise müssen die Kommunen die Menschen stantepede unterbringen. Das ist ihre Pflichtaufgabe. Doch für diese Pflichtaufgabe müssen sie in der Regel auch finanziell ausgestattet werden. Und mehrere Kommunen beklagten, dass es daran mehrfach klemmte.
Denn Fakt ist: Auf so viele Flüchtlinge wie 2015 waren die Kommunen alle nicht vorbereitet. Auch wenn sich die Entwicklung spätestens seit 2011 abzeichnete und Ministerien und Behörden in Deutschland sich gut hätten darauf vorbereiten können. Doch auch in Sachsen dominierte bis weit in den Sommer hinein das Zögern. Und ein eigenständiges Landesprogramm, die Kommunen bei der Schaffung winterfester Unterkünfte zu unterstützen, gab es nicht.
Im Gegenteil. Auch beim zuständigen Innenminister dominierte die Ansicht, die Kreise und Kreisfreien Städte müssten mit der Aufgabe schon allein zurechtkommen. Man war ja selbst völlig gefordert mit der Einrichtung von Erstaufnahmeeinrichtungen und Notunterkünften, um die Ankömmlinge überhaupt erst einmal unterbringen und registrieren zu können. In der Regel werden die Asylsuchenden erst dann, wenn sie registriert sind und möglichst ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist, an die Kommunen überwiesen.
Aber dass die schätzungsweise 45.000 Asylbewerber, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen registriert wurden, möglichst schnell an die Kommunen weitergereicht wurden, sorgte dann dafür, dass ab dem Herbst die Aufgabenlast vom Freistaat zu den Kommunen weiterwanderte.
Und Petra Zais wollte schon gern wissen: “Was unternimmt der Freistaat Sachsen, wenn Landkreise nicht bereit sind, weitere Flüchtlinge aufzunehmen?”
Markus Ulbig antwortete: “Die Landkreise und Kreisfreien Städte sind als untere Unterbringungsbehörden nach § 6 Abs. 3 Satz 3 des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes verpflichtet, die ihnen zugeteilten Ausländer zu übernehmen. Es handelt sich dabei um eine Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. Die Landkreise und Kreisfreien Städte sind über die gesetzlichen Regelungen seitens der Behörden des Freistaates Sachsen informiert worden. Für den Fall, dass eine Unterbringungsbehörde ihre Aufnahmepflicht nicht erfüllen würde, stünde das aufsichtsrechtliche Instrumentarium zur Verfügung.”
Das wird die verantwortlichen Bürgermeister und Dezernenten sicher freuen. Das nennt man dann nach mittelalterlichem Recht wohl das “Zeigen der Instrumente”.
Dabei ist nichts wichtiger, als dass beide Instanzen möglichst reibungsarm miteinander zusammenarbeiten. In Leipzig klappe das ganz gut, hatte Leipzigs Sozialbürgermeister Thomas Fabian am 10. Dezember erklärt. Man habe zwar kräftig zu tun, die nötigen winterfesten Quartiere in der benötigten Eile zu schaffen. Aber man sei in enger Abstimmung mit der Landesdirektion und würde die nächsten Kontingente registrierter Flüchtlinge immer dann erst zugewiesen bekommen, wenn man auch die benötigten Unterbringungskapazitäten melden könne.
Wie schnell das geht, machen auch die Zahlen aus der Antwort an Petra Zais deutlich: Bis zum 31. November habe man 2.916 Asylsuchende zur Unterbringung an die Stadt Leipzig überwiesen, ist dort zu lesen. Doch schon zehn Tage später konnte das Leipziger Sozialdezernat die Zahl 3.374 vermelden. Und bis Jahresende ging Thomas Fabian von knapp 4.000 aus. Ende Oktober hatte der Innenminister zumindest eine Vorstellung von den sächsischen Zahlen gegeben: Danach gab es in Sachsen etwa 40.500 Asylbewerber, deren Aufnahmeverfahren noch lief. Weitere rund 12.300 hielten sich in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf, die noch keinen Asylantrag beim BAMF gestellt hatten. Per 12. November waren 7.000 Bewerber auch noch nicht registriert. Das Aufnahmeverfahren ist bürokratisch und zeitaufwendig.
Nicht alle Bewerber werden dann auch mit einem bewilligten Asylantrag an die Kommunen weitergereicht. Sachsens Innenminister bemüht sich ja auch kräftig, Bewerber etwa vom Balkan eifrig wieder abzuschieben.
Aber die Zahlen allein zeigen, dass das Land und die Kommunen in diesem Jahr eine Aufgabe bekommen haben, die wirklich alle Kräfte erfordert. Und 2016 wird man in den Bemühungen nicht nachlassen dürfen. Leipzig jedenfalls bereitet sich darauf vor, weitere 3.500 Plätze zu schaffen.
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