Klare Worte findet der Grรผnen-Abgeordnete Wolfram Gรผnther zu dem, was die Ministerprรคsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt da am 24. November zur Elbe gesagt und beschlossen haben: Weltfremd ist das, ein Freibrief fรผr Steuergeldverschwendung. Sinnfrei eigentlich auch. Nach dem heiรŸen Sommer 2015 erst recht.

โ€œEr hat es schon wieder getan! Fรผr Ministerprรคsident Tillich ist der eigene Koalitionsvertrag von CDU und SPD offensichtlich Makulaturโ€, staunt Gรผnther. Denn nichts anderes ist die von den beiden Landesregierungen in ihrer Merseburger Kabinettsrunde beschlossene Forderung, die Elbe an mindestens 345 Tagen im Jahr schiffbar zu machen mit mindestens 1,60 Meter Wassertiefe. Aber der letzte Sommer, der mit wochenlangen Niedrigstwasserstรคnden eine Beschiffung der Elbe vรถllig unmรถglich gemacht hatte, hat auch gezeigt, was diese Forderung eigentlich bedeuten wรผrde: den Bau teurer Staustufen im Verlauf der Elbe flussabwรคrts, dazu teure Schleusenbauwerke, die auch von schweren Lastkรคhnen passiert werden kรถnnen. Die Summen wรผrden weit รผber den 15 Millionen Euro liegen, mit denen die sรคchsische Staatsregierung die Binnenhรคfen an der Elbe subventioniert.

Wolfram Gรผnther, umweltpolitischer Sprecher der Grรผnen-Landtagsfraktion, hat extra noch einmal im Koalitionsvertrag nachgelesen, den CDU und SPD im Herbst 2014 unterschrieben haben.

โ€œDort ist eindeutig zu lesen: โ€˜Die Koalitionspartner stehen fรผr eine umweltvertrรคgliche Nutzung der Elbe, die mit dem Naturhaushalt im Einklang steht. Der Ausbau der Elbe steht diesem Ziel entgegen und wird daher von den Koalitionspartnern ebenso abgelehnt wie eine weitere Vertiefung und der Bau neuer Staustufen. Dabei ist hinzunehmen, dass eine ganzjรคhrige Schiffbarkeit nicht gewรคhrleistet ist'โ€, kommentiert Gรผnther. Und schรผttelt nur den Kopf รผber die Meldung aus Merseburg, dass die dort tagende Kabinettsrunde aus beiden Bundeslรคndern einfach das komplette Gegenteil beschloss. โ€œGemeinsam mit dem sachsen-anhaltinischen Ministerprรคsidenten Dr. Reiner Haseloff probt Tillich hingegen die Rolle rรผckwรคrts.โ€

In der Pressemitteilung der beiden Landesregierungen heiรŸt es wรถrtlich: โ€œDamit verbunden ist die Erwartung an den Bund, bereits vor Abschluss des Gesamtkonzepts seiner Verpflichtung nachzukommen, alle notwendigen Instandsetzungsarbeiten durchzufรผhren, um die verkehrliche Nutzung der Elbe zu gewรคhrleisten. Die vom Bund gegebene Zusage, die Schiffbarkeit der Elbe zwischen Dresden und Geesthacht mit einer Fahrrinnentiefe von 1,60 Metern an 345 Tagen im Jahr sicherzustellen, wird nachdrรผcklich eingefordert.โ€

โ€œDiese erneute Forderung nach ganzjรคhriger Schiffbarkeit der Elbe mit 1,60 Mindesttiefe ist weltfremd, ein Freibrief fรผr Steuergeldverschwendung und widerspricht ganz klar dem Koalitionsvertragโ€, erklรคrt Gรผnther. โ€œEine ganzjรคhrige Befahrbarkeit der Elbe funktioniert nur mit Vertiefungen des Flussbettes. Ministerprรคsident Tillich muss sich endlich entscheiden, beides geht nicht. Wer behauptet, die ganzjรคhrige Schiffbarkeit lieรŸe sich ohne AusbaumaรŸnahmen durchsetzen, hofft auf die Quadratur des Kreises.โ€

Selbst von den Fenstern des Landtages war im Sommer zu sehen, dass die Elbe nach der lang anhaltenden Trockenheit nur noch ein Rinnsal war und an eine Elbeschifffahrt nicht zu denken war.

โ€œOffenkundig weigert sich der Ministerprรคsident, aus dem Fenster des Landtages zu schauen. Zwischen Mai und November lagen die Fahrrinnentiefen an der Elbe teilweise unter einem Meterโ€, erinnert Gรผnther. โ€œWenn Sachsen angesichts dieser Tatsachen weiter am Ziel der ganzjรคhrigen Schiffbarkeit festhรคlt, hat das negative Auswirkungen: zum Beispiel werden weiterhin Infrastrukturausgaben fรผr den Gรผterverkehr auf der Elbe in Millionenhรถhe ausgegeben.โ€

Aber irgendwie scheint in Sachsens Kabinett nicht so recht klar zu sein, was man nun vereinbart hat. Stattdessen werden Gelder ausgeschรผttet, die in anderen Bereichen viel dringender gebraucht werden. Eine Kleine Anfrage der verkehrspolitischen Sprecherin der Grรผnen-Landtagsfraktion Katja Meier ergab, dass aus dem bis 2020 bereitstehenden EFRE-Topf โ€œFรถrderung umweltfreundlicher Verkehrstrรคgerโ€ mit 15 Millionen Euro die sรคchsischen Binnenhรคfen groรŸzรผgig gefรถrdert sollen.

Eigentlich geht es auch nicht nur um den Schutz einer Flusslandschaft, wie die Grรผnen jetzt warnen. Es geht noch viel mehr um das Verhindern von Geldverschwendung in einer Dimension, die nicht einmal der Bund bereit ist mitzutragen. Deswegen hat er ja auch alle Planungen zu einem Elbausbau kassiert, denn die dafรผr notwendigen Milliarden wรผrden nicht einmal ansatzweise durch irgendeine Gรผterschifffahrt wieder eingespielt. Das Geld der Steuerzahler wรผrde im wahrsten Sinne des Wortes im Wasser versenkt.

โ€œDiese AusbaumaรŸnahmen sowie Flussbettvertiefungen wollen wir stark reduzieren. Der Gรผterverkehr auf der Elbe, der sich schon 2013 auf einem historischen Tiefststand von 0,8 Millionen Tonnen befand, brach 2014 um weitere 50 Prozent auf 0,4 Millionen Tonnen einโ€, benennt Gรผnther die aktuellen Zahlen. โ€œDas sind weniger als 0,2 Prozent der Gesamttonnen, die auf allen bundesdeutschen WasserstraรŸen transportiert wurdenโ€, kritisiert Gรผnther.

Oder ganz nรผchtern formuliert: Die Elbe ist schon von Natur her keine wirtschaftlich nutzbare WasserstraรŸe.

Im Juli hatten die Grรผnen รผbrigens einen Antrag gestellt, der den Bau von Staustufen in der Elbe unterbinden sollte. Was CDU und SPD freilich von ihrem eigenen Koalitionsvertrag halten, wurde im September sichtbar: Der Antrag wurde am Donnerstag, 17. September, durch die Abgeordneten von CDU und SPD im Landtag abgelehnt.

Kleine Anfrage Katja Meier โ€œAufteilung der EFRE-Fรถrdermittel โ€˜Fรถrderung umweltfreundlicher Verkehrstrรคger'โ€.

Antrag der Grรผnen-Fraktion โ€œKeine weiteren Staustufen in der Elbeโ€.

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