Es ist ein wenig wie im März 2012. Damals trat der sächsische Kultusminister Roland Wöller zurück, als er den Abbau von Lehrerstellen in Sachsen nicht länger mittragen wollte. So ähnlich geht es im November 2015 auch Innenminister Markus Ulbig. Im Oktober hatte er via Zeitung schon mal das Ende des Stellenabbaus bei der ihm untergeordneten Polizei verkündet. Doch eine Grünen-Anfrage zeigt jetzt: Da fehlt wohl noch die Rückendeckung.
“Ist der angekündigte Stopp des Stellenabbaus bei der Polizei ein Alleingang von Innenminister Markus Ulbig (CDU)?”, fragt sich deshalb Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. Er hat gleich im Oktober die Gelegenheit genutzt, nachzufragen, wie Ulbigs Zeitungs-Äußerung denn nun zu verstehen sei. Weder der Landtag hatte etwas Neues beschlossen noch die eingesetzte Evaluierungskommission für die Polizeireform ein Ergebnis vorgelegt.
Dass das Ergebnis wahrscheinlich heißen wird, dass Sachsen ohne Not viel zu viele Polizeistellen gestrichen und die Einsatzfähigkeit der Polizei gefährdet hat, liegt im Bereich des Möglichen. Aber die Kommission will ihre Ergebnisse erst im Dezember vorlegen. Bevor sie dann auch in Gesetze und neue Einstellungskorridore umgesetzt sind, vergehen mindestens zwei Jahre.
“Auf meine Kleine Anfrage zur Ankündigung des Innenministers Mitte Oktober, den Stellenabbau bei der sächsischen Polizei auszusetzen, wurde mir nunmehr mitgeteilt, dass der interne Abstimmungs- und Willensbildungsprozess der Staatsregierung zu dem in der Öffentlichkeit verlautbarten Stopp des Stellenabbaus bei der Polizei gegenwärtig noch nicht abgeschlossen sei. Offensichtlich hat Ulbig für seinen von allen Seiten begrüßten Vorstoß derzeit weder die Rückendeckung des Finanzministers noch der anderen Kollegen”, interpretiert Valentin Lippmann die sehr zurückhaltende Antwort des Innenministers auf seine Anfrage.
“Der interne Abstimmungs- und Willensbildungsprozess der Staatsregierung zu dem in der Öffentlichkeit verlautbarten Stopp des Stellenabbaus bei der Polizei ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen”, hatte es in der Antwort geheißen, ganz so, als hätte ein stiller Beamter aus dem Büro geantwortet. Unterschrieben hat trotzdem der Minister.
Aber ein nicht abgeschlossener Abstimmungsprozess in der sächsischen Regierung heißt nun mal: Ulbig hat vom Ministerpräsidenten und vom Finanzminister noch keine Zustimmung zu einem Kurswechsel. Und damit gilt, was der Landtag erst im Frühjahr beschlossen hat: ein fortgesetzter Stellenabbau bis übers Jahr 2020 hinaus.
Im beschlossenen Doppelhaushalt heißt es dazu:
“Im Bereich der Polizei wurden bisher 1.721 Stellen, darunter 300 Anwärterstellen, von insgesamt 3.551 kw-Vermerken abgebaut. Mit der Rücknahme der seit dem Jahr 2010 beschlossenen 810 Stellenabbauverpflichtungen verbleiben noch 1.020 kw-Vermerke, von denen 122 im Jahr 2015 und 148 im Jahr 2016 stellenkonkret ausgebracht sind. Die verbleibenden 750 kw-Vermerke werden auf folgende Jahre ausgebracht.”
Was ja nun einmal heißt, dass die Hälfte des Stellenabbaus schon durchgezogen wurde. Die SPD, die im Herbst 2014 wieder mit in die Regierung eintrat, konnte zumindest die Streichung von weiteren 810 Stellen stoppen. Aber trotzdem geht jedes Jahr eine weitere Hundertschaft an Polizisten verloren.
122 Polizisten 2015, weitere 148 im Jahr 2016. Und das in einer Situation, in der selbst der verantwortliche Minister schon mit Entsetzen feststellt, dass seine Truppe völlig überlastet ist und einen wachsenden Berg von Überstunden vor sich her schiebt.
Auch nach 2016 bleiben noch 750 Stellen mit Streichungsvermerk. Und das bedeutet: 2017 sollen weitere 139 Stellen gestrichen werden, 2018 dann 28 und 2019 wieder 122, im Jahr 2020 dann 117 und für 2021 und die Folgejahre bleiben 344 “kann weg”-Stellen. Und das in einem Land, das nicht mehr schrumpft, wie noch 2012 auch mit der “Polizeireform 2020” behauptet, sondern das wahrscheinlich wieder wächst.
“Selbst wenn der Innenminister jetzt schnell handelt und ein Gesetz oder Konzept vorlegt, um den Stellenabbau zu stoppen, so kommt dies für die allein in diesem Jahr abgebauten 122 Stellen zu spät. Von den durch Ruhestandseintritt in diesem Jahr frei werdenden 399 Stellen, wird ein Viertel nicht besetzt”, stellt Lippmann nüchtern fest.
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Ich überlege schon länger, wohin ich auswandern kann! Man kann diesen Hickhack auf vielen Gebieten der Politik nicht mehr hören und nachvollziehen!!!!!!