In den vergangenen Wochen war immer wieder von Milliardenbeträgen die Rede, die die Bundesregierung den Ländern zur Bewältigung der Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung stellen will. Von einer Milliarde war die Rede, von zwei. Aber die Worte schwebten irgendwo im Blauen. Was ist davon eigentlich wirklich schon in Sachsen angekommen?
Ein ganzes Bündel von Fragen schickten wir dazu ans Sächsische Finanzministerium, wo ja die Gelder irgendwo ankommen müssen. Zumindest das mit der einen Milliarde dröselte sich dann ganz schnell auf. Wenn man die Summe in den Mund nimmt, klingt sie beeindruckend. Aber immerhin gibt es da 16 Bundesländer, die jetzt alle jeden Euro brauchen, um die Betreuung der Flüchtlinge zu sichern. Und es gibt die Milliarden in zwei Tranchen.
Das splittet sich dann auf. Der Laie staunt nur, wie der Riesenbetrag geradezu dahinzuschmelzen scheint.
“Mit dem Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern wurden vom Bund jeweils 500 Millionen Euro in 2015 und 2016 für die Ländergesamtheit im Wege eines Umsatzsteuerfestbetrages zur Verfügung gestellt”, erläutert Corinna Nolting, Referentin im Pressereferat des Finanzministeriums die Zahlen. “Auf den Freistaat Sachsen entfallen davon je 25 Millionen Euro, den Sachsen im Rahmen der Einfuhrumsatzsteuerzahlungen in gleichen Monatsraten erhält. Bis September somit 18,7 Millionen Euro.”
Das Tröstliche daran: Den für 2016 avisierten Betrag könnte Sachsen möglicherweise auch schon in diesem Jahr bekommen.
“Mit dem im Entwurf vorliegenden Gesetz zur schnelleren Entlastung der Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern (Entlastungsbeschleunigungsgesetz) soll der Entlastungsbetrag aus dem Jahr 2016 auf das Jahr 2015 vorgezogen werden. Bei einer entsprechenden Beschlussfassung durch den Bundesgesetzgeber würde der Freistaat Sachsen asylbedingt somit im Jahr 2015 insgesamt einen Betrag von rund 50 Millionen Euro im Rahmen der Umsatzsteuer erhalten”, erläutert Corinna Nolting. “Die vorgezogene Rate von rund 25 Millionen Euro würde Sachsen voraussichtlich im Dezember 2015 erhalten.”
Was dann auch für 2016 nicht heißt, dass die Länder dann in ein Loch fallen: Ab dem Jahr 2016 wurde vom Bund eine strukturelle und dauerhafte Beteiligung an den gesamtstaatlichen Ausgaben für den Bereich Asyl in Aussicht gestellt. Die konkrete Ausgestaltung ist derzeit noch offen. Über weitergehende Bundeshilfen ist noch nicht entschieden, so Nolting.
Trotzdem wird es ohne Belastungen auch für den sächsischen Haushalt nicht abgehen. Einige Zahlen wurden ja in den letzten Tagen genannt.
“Natürlich darf Menschenwürde nicht vom Geld abhängig sein. Aber es ist legitim, wenn Menschen nach den Kosten fragen. Aufgabe der Politik ist es, entsprechende Antworten zu geben und für die notwendige Transparenz zu sorgen”, erklärte am 1. September der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Jens Michel. “Bisher hat Sachsen etwa 1,3 Prozent aus dem Gesamthaushalt in Höhe von jährlich rund 17 Milliarden Euro für den Bereich Asyl- und Flüchtlingshilfe eingeplant. Aufgrund der aktuellen Prognosen rechne ich damit, dass wir am Ende mindestens drei Prozent, also etwa 510 Millionen pro Jahr für Flüchtlinge und Asylbewerber ausgeben müssen. Sachsen wird diese finanzielle Belastung aufgrund seiner soliden Finanzpolitik der vergangenen 25 Jahre auch ohne Nachtragshaushalt meistern. Aber nur zur Überbrückung, denn Bund und EU dürfen sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen.”
Aber die konkreten Zahlen mag das Sächsische Finanzministerium noch nicht bestätigen. “Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Flüchtlingszahlen können wir zurzeit keine genauen Angaben machen, wir rechnen aber mit einem höheren dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr, die dem Freistaat Sachsen an Ausgaben entstehen werden”, erklärt Nolting. Was dann eindeutig eine echte Herausforderung für den Freistaat ist. Eine, die zu bewältigen ist, wie Jens Michel erklärte.
Und in gewisser Weise zeigt sich an dieser Stelle der Vorteil der sparsamen Haushaltsansetzung von Finanzminister Georg Unland (CDU), der ja bekanntlich jedes Mal möglichst restriktiv an die Haushaltsplanungen geht und lieber die konservativste Steuerschätzung zugrunde legt, als eine Finanzierungslücke zum Jahresende zu registrieren. Und das Ergebnis auch 2015: Er kann die Steuermehreinnahmen für die Flüchtlingsthematik einplanen. Zum Teil ist es sogar schon im Doppelhaushalt 2015/2016 berücksichtigt, bestätigt Corinna Nolting: “Durch die relativ späte Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2015/2016 durch den Landtag (29. April 2015), konnten die zu erwartenden steigenden Ausgaben für den Asylbereich teilweise bereits berücksichtigt werden. Etwaige darüber hinaus gehende Mehrausgaben werden voraussichtlich ohne Nachtragshaushalt über bestehende haushaltsrechtliche Ermächtigungen abgedeckt. Maßnahmen, die die Bewirtschaftung anderer Ausgaben einschränken, sind angesichts der positiven Steuereinnahmeentwicklung für das Haushaltsjahr 2015 derzeit nicht geplant.”
Und so wie der Bund den Ländern zu helfen versprochen hat, hat es auch die Landesregierung gegenüber den Kommunen getan, die am Ende die Unterbringung der Asylbewerber absichern müssen. Um 30 Millionen Euro ging es in diesem Fall. Aber die sind noch nicht geflossen.
“Es ist geplant, den Kommunen in diesem Jahr zusätzlich 30 Millionen Euro für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen aus Bedarfszuweisungen zu zahlen”, bestätigt Corinna Nolting. “Die entsprechende Änderung des Sächsischen Finanzausgleichsgesetz (SächsFAG) ist in Vorbereitung. Diese Mittel sind zusätzlich zu der ohnehin zu gewährenden Kopf-Pauschale nach dem SächsFlüAG und der Investitionspauschale für die Unterbringung von Flüchtlingen von aktuell 20,5 Millionen Euro vorgesehen. Letztere soll durch eine Gesetzesänderung auf 38 Millionen Euro erhöht werden, indem die Jahresscheibe von 2016 auf 2015 vorgezogen wird.”
Das SächsFlüAG ist das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz. Da muss der Landtag also noch seine Zustimmung geben, dann müsste das Geld fließen.
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