Ist das nun ein Symptom für eine Macho-Welt, wenn seit 2009 von 121 ausgezeichneten Personen lediglich 18 Frauen den sächsischen Verdienstorden erhielten? Das entspricht einem Anteil von unter 15 Prozent. So geht es aus einer Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Kleine Anfrage von Eva Jähnigen hervor. Männer bammeln Männern einen Orden ans Revers.

“Das ist eine ernüchternde Bilanz, die den vielen Frauen, die sich politisch, sozial, kulturell, ökologisch oder wirtschaftlich verdient gemacht haben, nicht gerecht wird”, kritisiert Eva Jähnigen, derzeit noch gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, demnächst Beigeordnete in Dresden.

“Der Stiftungszweck des sächsischen Verdienstordens zielt eindeutig auf Gleichberechtigung”, betont die Abgeordnete und zitiert aus dem Stiftungszweck: “[…] dass verdiente Persönlichkeiten aus allen Teilen der Bevölkerung möglichst gleichmäßig berücksichtigt werden sollen.”

Der antwortgebende Innenminister Markus Ulbig führe dazu statt plausibler Erklärungen nur faule Ausreden auf: “Das inkludiert nicht zwingend eine geschlechtsspezifische gleichmäßige Berücksichtigung bei den Ehrungen.”

Ulbig verstecke sich zudem hinter den Vorschlägen aus der Bevölkerung, wenn er erklärt: “Für Männer werden weit mehr Anregungen für Ehrungen mit dem Verdienstorden des Freistaates Sachsen eingereicht als für Frauen.”

“Die Regierung verkennt, dass sie auch selbst aktiv werden kann. Was hält sie denn davon ab, selbst mehr Frauen vorzuschlagen?”, fragt Jähnigen. “Dem Innenminister kann ich nur die Lektüre der sächsischen Verfassung empfehlen. Im Artikel 8 heißt es: ‘Die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ist Aufgabe des Landes.'”

Und sie schlägt vor: “Die Staatsregierung sollte sich ein Beispiel am ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler (CDU) nehmen, der 2006 für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes eine Quotenregelung für Frauen von mindestens 30 Prozent einführte. Das ist bei Weitem nicht genug, aber es wäre ein Fortschritt für unseren Freistaat.”

Wenn man sich die Verleihungen der letzten Jahre so anschaut, nimmt die Regierung aber selbst die Vorgabe nicht ernst, den Verdienstorden nicht nur an Leute zu überreichen, die einfach ein Unternehmen geführt oder ein Amt bekleidet haben. Zur Verleihungsrelevanz heißt es eindeutig: “Es soll sich um außergewöhnliche Leistungen über einen längeren Zeitraum oder eine ganz außergewöhnliche Einzeltat handeln, die die auszuzeichnende Person für die Allgemeinheit erbracht hat. Die Erfüllung einer Berufspflicht oder das Wirken für das eigene Erwerbsunternehmen allein rechtfertigen die Verleihung nicht.”

Fast schon eine leuchtende Ausnahme ist die Verleihung des Verdienstordens an Pfarrer Christoph Wonneberger im Juni 2015, der mit der Organisation der Friedensgebete einen wesentlichen Grundstein für die friedliche Revolution in Leipzig gelegt hat.

Aber die meisten Ausgezeichneten sind die üblichen Dauerpräsidenten und Verbandsvorsitzenden, die über Jahre freundlich nickend die sächsische Landespolitik begleitet haben und allein deshalb berühmt sind, weil sie über Jahre in ihren Ämtern ergrauten. Eigentlich stellt man sich eher die Frage: Wer strebt denn wirklich nach solchen Orden am Revers? Und warum wollen auch Frauen sich mit dem Kram behängen?

Sollte man sich nicht auch in Sachsen endlich ein paar Gedanken machen über zeitgemäßere Würdigungen? Zum Beispiel Anerkennungen für junge Leute, die sich in der Gegenwart bewährt haben und bewähren? Wenn der Alterschnitt der Ausgezeichneten so deutlich über 70 liegt, dann ist der Orden kein Ansporn, sondern eher eine Sentimentalität, die die guten Taten in ferner Vergangenheit anerkennt, die Gegenwart aber ignoriert.

Antwort von Innenminister Markus Ulbig auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Jähnigen “Verleihung des Sächsischen Verdienstordens”.

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