Wenn Minister nicht mehr weiterwissen, legen sie 10-Punkte-Pläne auf, gründen Fachkommissionen und kündigen einen rigorosen Kampf an - gegen was auch immer. So geschehen vor über einem Jahr im Juni 2014, als Innenminister Markus Ulbig seinen 10-Punkte-Plan zum Kampf gegen die Modedroge Crystal Meth vorlegte.

Dem Papier fehlen die Zähne, schrieb die L-IZ damals. “Das ganze Papier wirkt eher wie eine Beruhigungspille. Das von den Grünen geforderte spezielle Studiendesign, das auf die konkrete Problemlage in Sachsen eingeht, ist daraus nicht ablesbar.” Und es fehlen augenscheinlich auch die Polizisten, die die Vertriebsstrukturen der Crystal-Händler tatsächlich ausheben könnten. Denn anders als dem allesgläubigen Sachsen immer wieder gern suggeriert, nutzen Fischzüge im Drogenmilieu und das Einkassieren der kleinen Straßenhändler oder auch mal ein “sensationeller Drogenfund” gar nichts. Derlei Dinge zwingen die eigentlichen Crystal-Händler nur, ihre Vertriebsstrukturen immer wieder neu anzupassen. Aber das sind sie ja gewöhnt. Das ist Teil ihres Geschäftes.

Erfolg hat ein “Kampf gegen Drogen” nur, wenn die Polizei auch die richtige Personalausstattung hat, die auch mit organisierten Netzwerken, die international operieren, fertig wird. Das ist auch dem Innenminister bewusst. Denn ein Punkt in seinem 10-Punkte-Plan lautete: “Die Verfügbarkeit  von Crystal wird durch Erhöhung des polizeilichen Kontroll- und Verfolgungsdrucks auf Herstellung, Handel und Schmuggel eingeschränkt. Dies geschieht durch Aufdeckung der Drogen-Labore, Quellen und Verbringungswege von Ausgangsstoffen zur Herstellung, insbesondere in enger  Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik.” Das sind zwar zwei völlig unterschiedliche paar Schuhe, die hier in einem Punkt zusammengefasst werden. “Drogen-Labore, Quellen und Verbringungswege von Ausgangsstoffen” deckt man nicht mit Kontrolldruck auf, sondern durch vernetzte polizeiliche Aufklärungsarbeit.

Aber hat Sachsen die nötigen Kriminalpolizisten, die dafür nötig wären?

Die Grünen zweifeln daran. Der Fraktions-Vorsitzende der Grünen, Volkmar Zschocke, hat dazu nun extra eine Anfrage gestellt, um etwas über die Zahl der eingesetzten Polizisten zu erfahren. Denn wenn der Innenminister so rigoros einen Kampf gegen die Crystal-Mafia ankündigt, dann muss er das ja auch mit Personal und Sachmitteln unterfüttern. Und so ein bisschen hat nicht nur Zschocke jetzt das Gefühl, dass nach einem Jahr auch schon mal die ersten Zahlen vorliegen müssten.

Aber die Auskunft, die er bekam, war – wie so oft – ausweichend bis nichts verratend.

“Die Staatsregierung kann keine Angaben über die Anzahl der aktuell vor Ort eingesetzten Polizeikräfte im Bereich Rauschgiftkriminalität machen”, stellt Zschocke nun fest. In der Antwort des Ministers heißt es: “Die Anzahl  der […] eingesetzten Polizeivollzugsbeamten unterliegt den jeweiligen örtlichen Lageentwicklungen und Schwerpunkten […] Daher schwankt die Zahl der in diesem Aufgabenbereich tätigen Vollzugsbeamten regelmäßig.”

Zschocke sieht in der ausweichenden Antwort ein Ablenkungsmanöver. “Offenbar scheut die Staatsregierung davor zurück, die Unterbesetzung in den Kommissariaten und Dezernaten sichtbar zu machen. Dabei hat Innenminister Markus Ulbig (CDU) von Beginn an die Notwendigkeit polizeilicher Maßnahmen betont, um im Kampf gegen die Droge Crystal erfolgreich sein zu können. Ankündigungspolitik reicht im Kampf gegen Crystal aber nicht aus”, stellt Zschocke fest.

Und er vermutet nicht nur im Polizeibereich, dass dort im Grunde gar nichts passiert ist, sondern nur neue Mutmacher-Losungen an der Wandzeitung angepinnt wurden. Auch in den anderen Bereichen, die in Ulbigs 10-Punkte-Plan aufgezählt wurden, scheint es zu keiner Aufstockung von Geld und Personal gekommen zu sein.

“Der 10-Punkte-Plan der Staatsregierung zur Bekämpfung der Droge Crystal ist nun seit über einem Jahr inkraft. Zeit für eine ehrliche Analyse der Personal- und Ausstattungsdefizite bei der Crystal-Bekämpfung. Wenn die Koalition die Bekämpfung von Crystal tatsächlich zum Schwerpunkt in dieser Regierungszeit machen will, müssen jetzt die Karten auf den Tisch”, findet Zschocke und hat daher eine Reihe weitere Anfragen an die Staatsregierung gerichtet. “Ich möchte auch wissen, wie die Ankündigungen im Sozialbereich umgesetzt werden, zum Beispiel im Bereich Kinderschutz, und wie gut die zusätzlichen Haushaltsmittel fließen.”

Anfrage zur Anzahl der Polizeikräfte im Bereich der Rauschgiftkriminalität.

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