LeserclubEs geschehen noch Zeichen und Wunder in Sachsen. Am Dienstag, 16. Juni, meldete das Sรคchsische Innenministerium an, dass das Regierungskabinett in seiner Sitzung am 16. Juni den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur ร„nderung der Sรคchsischen Bauordnung zur Anhรถrung freigegeben hat. Das Gesetz sieht vor, das Bauordnungsrecht zu aktualisieren und die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag 2014 bis 2019 umzusetzen. Dazu gehรถrt auch die Abschaffung der Stellplatzpflicht.

Der Satz versteckt sich unter allerlei anderen Punkten wie der gesetzlichen Rauchwarnmelderpflicht, der Musterbauordnung oder den Wohnformen fรผr Pflegebedรผrftige. Lapidar heiรŸt es: โ€œDer Gesetzesentwurf sieht die Kommunalisierung der Stellplatzpflicht vor. Kรผnftig kรถnnen die Gemeinden in eigenen Satzungen Regelungen zu Stellplรคtzen, Garagen und Abstellmรถglichkeiten fรผr Fahrrรคder treffen.โ€

Endlich, heiรŸt es gleich aus der Grรผnen-Fraktion, die nun seit Jahren gegen diese letzten Reste der โ€œReichsgaragenordnungโ€ kรคmpfte, die Bauen in GroรŸstรคdten wie Leipzig zusรคtzlich verteuert haben. Sachsen war das letzte Bundesland mit landesweiter Stellplatzpflicht. Kรผnftig sollen die Kommunen selbst entscheiden, wie sie die Sache handhaben wollen.

โ€œKรผnftig sollen die Gemeinden endlich in eigenen Satzungen und nur bei Bedarf Regelungen zu Stellplรคtzen, Garagen und Abstellmรถglichkeiten fรผr Fahrrรคder treffen dรผrfen. Nach zwei Grรผnen-Gesetzentwรผrfen ist es endlich soweit. Sachsen ist das letzte Bundesland mit landesweiter Stellplatzpflichtโ€, kommentiert Eva Jรคhnigen, kommunalpolitische Sprecherin der Grรผnen-Fraktion im Landtag, den Schritt. โ€œOffenbar hat unser zweiter Gesetzentwurf vom April dieses Jahres der Koalition โ€˜Beine gemachtโ€™. Nach dem Aussitzen des Innenministeriums in der letzten Wahlperiode wird nun gehandelt.โ€

Noch im vergangenen Jahr hatte die CDU/FDP-Mehrheit den Grรผnen-Gesetzentwurf abgelehnt. Tatsรคchlich ist das Gesetz ja eines, das auch Mieter, die รผberhaupt kein Auto besitzen oder sich je eines anschaffen wollen, an den Kosten dieser Stellplรคtze oder der bei Nicht-Bau fรคlligen Stellplatzablรถse beteiligt. Sie bezahlen die geschaffenen Stellplรคtze oder Tiefgaragen รผber ihre Miete mit, ohne sie zu nutzen, wรคhrend sinnfรคllige Angebote etwa fรผr die Fahrradunterbringung in vielen Hรคusern fehlen.

โ€œWir Grรผne wollen die generelle Pflicht der Bauherren zur Schaffung von Stellplรคtzen fรผr Autos abschaffen. Der noch aus der โ€˜Reichsgaragenordnungโ€™ von 1939 stammende Zwang wird der aktuellen Situation in den sรคchsischen Stรคdten und Gemeinden nicht mehr gerechtโ€, stellt Jรคhnigen fest. โ€œVon der Aufhebung des landesweiten Stellplatzzwangs erhoffen wir uns auch eine Kostensenkung beim Wohnungsbau in Innenstadtquartieren. Denn der aktuelle Zwang zum Tiefgaragenbau bzw. zur Zahlung der Ablรถsegebรผhr treibt die Baukosten und damit auch die Mieten in die Hรถhe.โ€

Diskutiert werden soll der Entwurf der Grรผnen im Landtag im September. Da soll es dann noch einmal um die konkrete Ausgestaltung gehen.

Eva Jรคhnigen: โ€œDie von meiner Fraktion im Innenausschuss des Landtags beantragte Anhรถrung zu unserem Gesetzentwurf im September 2015 sollte dazu genutzt werden, um alle fachlichen Fragen zu klรคren und das verstaubte Gesetz schnell zu รคndern. Mir ist wichtig, dass die Kommunen mit der Aufhebung der Stellplatzpflicht bei Bedarf die eigenen Handlungsmรถglichkeiten fรผr Stellplatzregelungen und Erhebung von Ablรถsebeitrรคgen vor Inkrafttreten des Gesetzes wirklich nutzen kรถnnen. Das geht nur durch genรผgend Vorlauf; ein baldiger Gesetzesbeschluss und die Erarbeitung kommunaler Mustersatzungen sind hier besonders wichtig.โ€

โ€žDie neue Sรคchsische Bauordnung wird unseren Kommunen mehr Gestaltungsraum bietenโ€œ, kommentiert Albrecht Pallas, Sprecher fรผr Wohnungsbau und Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, den Regierungsentwurf. โ€žEndlich sollen die Kommunen mit eigenen Satzungen selbst bestimmen kรถnnen, ob und wo Stellplรคtze und Garagen fรผr Autos sowie Abstellmรถglichkeiten fรผr Fahrrรคder geschaffen werden mรผssen. Und sie kรถnnen und sollen im Sinne ihrer Einwohner dann auch entscheiden, wie Stellplatzablรถsebetrรคge verwendet werden. Mit anderen Worten: Mehr Freiraum, weniger Gรคngelung.โ€œ

โ€œDamit wird ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag eingelรถst. Die generelle Pflicht fรผr Bauherren, Stellplรคtze fรผr Fahrzeuge zu schaffen, wird damit bald Geschichte sein. Das ist unser Beitrag zur Senkung von Baukosten. So kann mehr preiswerter Wohnraum geschaffen werden. Und wir kommen zudem dem Wunsch nach, die Schaffung autofreier Quartiere zu erleichtern.โ€œ

Die Anhรถrung ist fรผr die kommenden Wochen vorgesehen, teilte das Innenministerium noch mit. Die Kabinettsbefassung zur Einbringung des Gesetzes in den Landtag ist fรผr September 2015 geplant. Eva Jรคhnigen: โ€œรœber die Einzelheiten des Gesetzentwurfs zur Stellplatzpflicht werden wir erst diskutieren kรถnnen, wenn der Entwurf der Staatsregierung dem Landtag vorliegt.โ€

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Keine Kommentare bisher

Erstaunlich, dass auch mal etwas Besseres aus Dresden kommt.

Ich habe es schon immer als groben Unfug empfunden, dass es sanierte Grรผnderzeithรคuser mit Tiefgarage gibt. In so einem Haus will ich nicht wohnen. Es ist immer ein kleines bisschen Abgas im Wohnzimmer. So gut kann man Tiefgaragen nicht entlรผften (ohne dass es richtig teuer wird), man glaube ja nicht den Mรคrchen der Bauherren.

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