Es wäre auch zu einfach gewesen: Sachsens Regierung erhöht nach zehn Jahren die bei 1.875 Euro eingefrorene Kita-Pauschale endlich einmal auf 2.060 Euro - und gleichzeitig hofft man damit auch noch den Betreuungsschlüssel senken zu können. Zwar sind auch für 2016 und Folgejahre weitere Erhöhungen geplant. Aber die Stadt Dresden meldete am Montag, dass das trotzdem nicht reicht. Schon gar nicht für einen besseren Betreuungsschlüssel.

Und das hat Folgen. Denn damit wird nicht nur eine Wahlkampfforderung unterlaufen, sondern auch die sächsische Verfassung. Denn weil die Steigerung der Pauschale nicht den tatsächlichen Kostensteigerungen in den Kindertagesstätten entspricht, droht nun eine noch stärkere Belastung der Kommunen. Das Recht, die Kommunen per Gesetz weiter zu belasten, hat Sachsens Regierung aber nicht.

Oha, dachte sich die Dresdner Landtagsabgeordnete Annekatrin Klepsch, als sie das in der Zeitung las. Da haben wohl ein paar Weihnachtsmänner wieder nicht gerechnet, bevor sie Zusagen machten.

“Die CDU-geführte Landesregierung hat mit Haushaltsbeschluss des Landtages viele Verrenkungen vorgenommen, um nach zehn Jahren Debatte über eine Verbesserung des Kita-Betreuungsschlüssels endlich zu liefern. Allein die Hoffnung von Schwarz-Rot, mit einer Mogelpackung punkten zu können, geht ins Leere”, stellt die Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik der Linksfraktion im Landtag fest. Und schaut dabei auf die aktuelle Streikkulisse in Sachsen und sieht: Das wird noch viel teurer. “Während noch die Tarifverhandlungen für eine höhere Eingruppierung der Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsdiensten laufen, weist die Landeshauptstadt Dresden als größter kommunaler Anbieter von Kita-Plätzen in Sachsen darauf hin, dass auch eine erhöhte Kita-Landespauschale die Kosten nicht hinreichend deckt und der Schwarze Peter bei den Kommunen hängen bleibt. Die Annahme des Kultusministeriums, die Kommunen könnten mit einer finanziellen Schlechterstellung der Erzieherinnen und Erzieher durch untertarifliche Bezahlung das Defizit ausgleichen, ist zynisch. Die seit Wochen dauernden Streiks illustrieren ja gerade, dass auch pädagogische Arbeit im vorschulischen Bereich besser bezahlt werden muss.”

Die Zeit der Dumpinglöhne in Sachsen geht so langsam zu Ende. Zumindest in all den Bereichen, in denen das Land dringend auf gute Dienstleistungen angewiesen ist. Das Land tut zwar gern so, als wären ausreichende Kindertagesstätten reineweg ein Problem der Kommunen und der Eltern. Aber das ist ein Trugschluss: Ohne ein funktionierendes Betreuungssystem kommt die sächsische Wirtschaft aus dem Tritt. Sie ist schon längst auf jeden jungen Vater und jede junge Mutter angewiesen, die pünktlich zur Arbeit erscheinen. Nur an den Kosten wollte sich Sachsens Landesregierung zehn Jahre lang nicht wirklich ausreichend beteiligen. Die 2014 beschlossene leichte Steigerung der Kita-Pauschale gleicht die Kostensteigerungen in den Kitas nicht wirklich aus und schafft auch keinen Puffer, um mehr Personal einstellen zu können, damit der Betreuungsschlüssel endlich sinken kann.

“In den Haushaltsdebatten des Landtages hatten sowohl der Sächsische Städte- und Gemeindetag als auch Die Linke darauf hingewiesen, dass dem in §85 der Sächsischen Verfassung festgeschriebenen Mehrbelastungsausgleich für die Kommunen bei einer Aufgabenerweiterung durch den Freistaat nicht Rechnung getragen wird, da die Grundannahmen unzureichend waren”, kommentiert Klepsch den  nun eingetretenen Fall, bei dem eine personelle Verbesserung quasi durch ein leichte Erhöhung des jahrelang eingefrorenen Landesanteils aufgewogen werden sollte. Aber dazu ist die Aufstockung zu klein. Sie ist auch schon im Ansatz viel zu gering gerechnet worden, stellt Klepsch fest: “So sind bereits in der Kalkulation der erhöhten Kita-Landespauschale Tarifsteigerungen mit 1,6 Prozent unterhalb der bisher real erzielten Tarife von 3 Prozent bis 2015 veranschlagt worden. Für das zusätzlich benötige Kita-Personal werden ab 2016 keine Tarifsteigerungen angenommen. Die aktuellen Tarifverhandlungen sowie steigende Verwaltungskosten (Fachberatung, Fortbildung) für mehr pädagogische Fachkräfte aufgrund des verbesserten Betreuungsschlüssels wurden nicht berücksichtigt.”

Irgendwie saß da dann wohl doch noch ein Berater aus alten Zeiten mit am Tisch, der immer dann, wenn die Summe zu hoch war, gemurmelt hat: Versucht doch mal bei den Gehältern ein bisschen zu drücken, hat doch bis jetzt immer gut funktioniert.

Annekatrin Klepsch: “Ich fordere deshalb die Koalition auf, bereits im Haushaltsjahr 2016 sowie mit dem nächsten Doppelhaushalt 2017/2018 bei der Kita-Pauschale nachzubessern und die reellen Kostensteigerungen zu berücksichtigen!”

Von der 1 Milliarde Euro mehr, die die Landeshaushalte 2015 und 2016 umfassen, entfallen übrigens gerade einmal 17 Millionen Euro auf die Erhöhung der Kita-Pauschale. Insgesamt trägt der Freistaat mit rund 500 Millionen Euro zur Finanzierung der Kita-Betreuung bei. Da die Elternbeiträge gedeckelt sind, bleibt die Hauptlast der Finanzierung bei den Kommunen hängen, die sich deshalb in den derzeitigen Tarifverhandlungen besonders bedeckt halten, denn wenn es zu besonders hohen Abschlüssen kommt, geht das zuallererst zu Lasten der eh schon klammen Kommunalhaushalte.

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