Der Kampf hat begonnen. Ab 2020 werden die Regeln im innerdeutschen Finanzausgleich neu gewichtet. Das wissen eigentlich alle. Aber wirklich Remmidemmi gemacht haben bislang vor allem die Bayern. Sie wollen mehr von den erwirtschafteten Steuereinnahmen behalten. Doch dabei drohen gerade die ostdeutschen Bundesländer so richtig unter die Räder zu kommen. Jetzt mahnt auch Sachsens Finanzminister Georg Unland ein gerechteres System an.
Dabei kann sich der Finanzminister auf zwei am Montag, 11. Mai, veröffentlichte Gutachten berufen, die von Professor Dr. Joachim Wieland (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer) und von Professor Dr. Thomas Lenk (Universität Leipzig) im Auftrag der Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen erstellt wurden.
Die Länder-Versammlung hinterm Komma ist nicht ganz zufällig: Sie würden am heftigsten leiden, wenn die reicheren Bundesländer sich mit ihren Interessen durchsetzen. Denn in diesen Bundesländern ist nicht nur das Steueraufkommen des Landes deutlich niedriger – auch das der Kommunen beträgt zumeist nur einen Bruchteil dessen, was wirtschaftsstarke Kommunen im Süden der Republik einnehmen. In der Regel müssen dann die Länder aus eh schon knappen Haushalten auch noch die Kommunen unterstützen.
Doch bisher wird die kommunale Finanzkraft lediglich zu 64 Prozent im Länderfinanzausgleich angerechnet, kritisiert Unland.
Die Gutachter legen dar, dass bei der Ermittlung der Finanzkraft der Länder eine vollständige Einbeziehung ihrer Gemeinden sowohl verfassungsrechtlich als auch aus finanzwissenschaftlicher Sicht geboten ist. Nur dadurch können die tatsächlichen Finanzkraftunterschiede zwischen den Ländern in ihrem vollen Ausmaß erfasst und damit angemessen ausgeglichen werden.
Der Leipziger Finanzwissenschaftler Prof. Thomas Lenk dazu: „Der aktuelle Abschlag von 36 Prozent ist nicht nachvollziehbar begründet, sondern das Ergebnis politischer Verhandlungen im Zuge der Finanzausgleichsreform 2005.“
Die bisherigen Regelungen führen dazu, dass die Finanzkraftunterschiede zwischen den Ländern nur unvollständig dargestellt und ausgeglichen werden: Finanzstarke Länder mit ihren finanziell besser situierten Gemeinden werden „ärmer“ gerechnet, als es ihrer tatsächlichen Finanzkraft entspricht, während finanzschwache Länder mit ihren überwiegend finanzschwachen Gemeinden „reicher“ dargestellt werden, als sie in Wirklichkeit sind, kritisiert Unland.
Was für Sachsens Finanzminister schon eine kleine Revolution ist. Noch in der vorigen CDU/FDP-Regierung bevorzugte man Aussagen, die Sachsen auf einem guten Weg gar schon zum Geberland sahen und den Finanzministern des Westens die niedrige Schuldenquote geradezu unter die Nase rieben, ganz so, als wolle man beweisen, dass man nur richtig sparen müsse, dann käme der Wohlstand von ganz allein.
Die realen Zahlen sind viel ernüchternder, was auch Georg Unland mittlerweile immer öfter betont. Wenn sich die Südländer mit ihren Vorstellungen durchsetzen, werden gerade die ostdeutschen Bundesländer künftig kaum noch in der Lage sein, die Finanzierungslücken in ihren Kommunen auszugleichen.
“Die Verzerrungen im Länderfinanzausgleich, die sich aus einer nur teilweisen Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft ergeben, können angesichts der weit auseinander klaffenden Steuerkraft der Kommunen nicht länger hingenommen werden“, heißt es im Gutachten von Prof. Dr. Joachim Wieland. Bei der Abbildung der Finanzkraft der Länder im Länderfinanzausgleich sehen daher beide Gutachter Nachbesserungsbedarf, wenn es gilt, Anschlussregelungen für die zum Ende des Jahres 2019 auslaufenden Regelungen des Finanzausgleichs- und des Maßstäbegesetzes zu schaffen.
Sachsens Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland, der die Gutachten mit zehn seiner Länderkollegen in Auftrag gab, sieht sich durch das Ergebnis der beiden Experten bestätigt: „In Deutschland ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Verfassung verankert. Der bestehende Finanzausgleich hat sich bei dieser Aufgabe grundsätzlich bewährt. Für eine Ungleichbehandlung der Finanzkraft der Länder und ihrer Gemeinden besteht jedoch kein sachlicher Grund.”
Er verweist dabei auch auf die enge rechtliche und finanzielle Verflechtung der Länder und ihrer Kommunen: „Die Kommunen sind ein Teil der Länder und führen mit diesen gemeinsam zahlreiche Aufgaben aus, die ihnen der Bund übertragen hat. Länder und Kommunen sollten daher in ihrer Finanzkraft auch gleich behandelt werden.“
Vor diesem Hintergrund könne Unland nicht befürworten, dass im gegenwärtigen Finanzausgleich wieder ein Abschlag bei der Finanzkraft der Gemeinden vorgenommen wird: „Es darf keinen Unterschied machen, ob das Land oder seine Kommunen die Steuereinnahmen für eine bestimmte staatliche Aufgabe verwenden müssen. Das Land und seine Kommunen sitzen immer in einem Boot.“
Und oft genug müssen sie aus ihren geringen Einnahmen auch noch Aufgaben finanzieren, die ihnen der Bund zugewiesen hat – man denke nur an den immer weiter steigenden Berg der sozialen Verpflichtungen.
Und wenn Kommunen – wie die in Ostdeutschland – nicht einmal die Hälfte der üblichen Steuereinnahmen vergleichbarer westlicher Kommunen haben, dann wird die Finanzierungsdecke ziemlich schnell zu dünn, gerade dann, wenn eh schon finanzschwache Länder in Finanzierungsverantwortung für ihre Kommunen stehen: „Besonders stark beansprucht werden die Länder mit zahlreichen finanzschwachen Kommunen. Sie müssen diese dabei unterstützen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Finanzkraft der Kommunen schlägt also immer auf den Landeshaushalt durch und sollte daher im Länderfinanzausgleich vollständig und ohne Abschlag berücksichtigt werden.“
Das sind für die sonst eher geübte ostdeutsche Zurückhaltung in dieser Frage recht deutliche Töne, nachdem der Sparring-Ring nun schon seit Monaten eher von den finanzstarken Bundesländern besetzt war, die sich auf die Brust trommelten.
Auf der Basis der beiden Gutachten sehen sich die elf Auftrag gebenden Länder in den weiteren Verhandlungen zur Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in ihrer Forderung nach einer vollständigen Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft bekräftigt, betont das sächsische Finanzministerium.
Und da diesmal Sachsen nicht allein auf dieser Seite des Tisches sitzt, kann man davon ausgehen, dass die “Finanzschwächeren” eine gerechte Regelung aushandeln können, die ab 2020 nicht die halbe Republik zur abgehängten Zone macht.
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Sachsens Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland, der die Gutachten mit zehn seiner Länderkollegen in Auftrag gab, sieht sich durch das Ergebnis der beiden Experten bestätigt: „In Deutschland ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Verfassung verankert. Der bestehende Finanzausgleich hat sich bei dieser Aufgabe grundsätzlich bewährt. Für eine Ungleichbehandlung der Finanzkraft der Länder und ihrer Gemeinden besteht jedoch kein sachlicher Grund.”
Deutschland ist das Land der Gutachten. Das Ergebnis solcher Gutachten ist vorhersehbar. Es wird immer im Sinne der/des Auftraggeber/s sein. Von den Parteien und Ministerien werden so viele (angeblich) hochqualifizierte Leute bezahlt, dass derartigen Gutachten nicht erforderlich sind. Man versucht sich nur vor eigenen (politischen) Entscheidungen gnadenlos zu drücken und gibt deshalb solche “Gefälligkeitsgutachten” in Auftrag. Dieser Faden zieht sich durch bis in die Gebietskörperschaften.
Erst neulich hat beispielsweise der Wirtschaftsminister, Herr Gabriel, das Gutachten einer angeblichen Expertenkommission mit großem Theater in Berlin vorgestellt, welche zur Verbesserung der Infrastruktur in Gebietskörperschaften den Einsatz von privatem Kapital im großem Umfang empfiehlt. Unverschämter geht es nimmer. Ich habe das übrigens gegenüber einer Beraterin des Herrn Gabriel deutlich zum Ausdruck gebracht (war ein sachliches und angenehmes Gespräch). Außerdem habe ich bei Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung angerufen und dessen Präsidenten übermitteln lassen, der Leiter dieser Expertenkommission war, dass er für dieses Gutachten abgelöst werden müsste. Mit Pauken und Trompeten!!!
Auch der angesehen Herr Lenk, lässt kein Wort darüber verlauten, dass eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes nur die eine Seite ist.
Die wesentliche und viel wichtigere Seiten sind die Reformen der kommunalen Finanzkontrolle, der Steuerfahndung und der Wirtschaftsprüfungen. Auch Herrn Prof. Dr. Lenk habe ich mehrmals darauf hingewiesen. Aber auf solch gefährliches Pflaster getraut man sich auch als Wissenschaftler nicht einmal im Hellen! Auch nicht Herr Prof. Dr. Lenk, der lieber vom Sächsischen Rechnungshof, einer völlig überflüssigen Behörde, eine Auszeichnung entgegen genommen hat. Die Scheinheilig in Deutschland kennt keine Grenzen.
“…..im Auftrag der Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen erstellt wurden”.
Es wäre wesentlich wichtiger gewesen, wenn gerade diese Bundesländer ein Gutachten über die Reform der kommunalen Finanzkontrolle in Auftrag gegeben hätten. Dazu scheint das Wissen jedoch nicht auszureichen bzw. ein politischer Willen zu solchen Veränderungen ist nicht vorhanden, obwohl meine Fachliteratur überall erhältlich ist.
Große Hoffnungen habe ich jedoch für Brandenburg, wo im Programm der Freien Wähler, die im Landtag vertreten sind und dort eine hervorragende Arbeit leisten, eine Reform der kommunalen Finanzkontrolle
Bestandteil ist. Gegenwärtig laufen durch mich Aktivitäten in Brandenburg, dass die skandalöse Rolle der Rechnungshöfe (dort speziell des Brandenburger Rechnungshofes) bezüglich des Flughafens Berlin/Brandenburg an das Tageslicht kommt. Mir ist sehr wohl bekannt, dass das von der Politik und den Medien nicht gewünscht ist!!!!!! Selbst Spiegel, Stern, Focus, Bild am Sonntag u.s.w. wurden von mir auf diesen Skandal hingewiesen. Reaktionen bisher = 0!!!!!! So sieht Pressefreiheit bzw. eine objektive Berichterstattung in Deutschland aus!! Deshalb hat für mich das Wort “Lügenpresse” durchaus seine Berechtigung, wenn man etwas tiefer in diese Materie eintaucht.