Letztlich konnten es das Ordnungsamt und die Stadt Leipzig nur zur Kenntnis nehmen, was da aus der Landespolitik nach unten durchgestellt wurde. Die Gründe der Absage liegen letztlich genau dort, die Stadt hatte nur noch umzusetzen. Denn der Verweis auf die Landespolitik kommt nicht von ungefähr: die Bereitstellung von Polizeikräften ist Länderangelegenheit und somit dem Innenministerium Sachsen unter der Führung von Markus Ulbig (CDU) unterstellt.
Neben der Bereitstellung von Einsatzkräften für die ebenfalls am Montag stattfindenden “Pegida”-Versammlung in Dresden, welche ohne „Spaziergang“ als stationäre Kundgebung stattfinden wird, sind auch an diesem Wochenende bundesweit Polizeibeamte als Sicherungseinheiten zu den verschiedenen Fußballspielen eingeteilt. Und nicht nur in Sachsen wird zweite Bundesliga und in unzähligen weiteren Ligen gekickt – die anderen Länder benötigen zunehmend ihre Einheiten aus den gleichen Gründen selbst.
Die Überdehnung der Polizeikräfte wird so immer offensichtlicher, auch die Folgen einer vollkommen verfehlten Personalpolitik des sächsischen Innenministeriums, doch eine weitere Entwicklung in Dresden selbst könnte ebenfalls zur Absage in Leipzig beigetragen haben. Da neben den zuletzt stark geschrumpften Zahlen der Leipziger Legida-Demonstranten unklar ist, wie viele Teilnehmer zu den mittlerweile zwei Dresdner Veranstaltungen am Sonntag und am Montag in der Landeshauptstadt kommen werden, hat sich die Anzahl der Einsätze erhöht. Und sich die Abschätzbarkeit der jeweiligen Gefährdungslagen gleichzeitig verringert.
Spaltungen in Dresden
Während das eher bürgerliche Lager mit der neuen Bewegung „Direkte Demokratie für Europa“ von Ex-Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel am Sonntag ein neues, gemäßigteres, eher AfD-lastiges Betätigungsfeld mit Dialogbereitschaft in die Landespolitik hinein vorfinden könnte, gehen die verbliebenen Pegida-Organisatoren stramm nach Rechts ab. Für Montag ist – analog zu seinen Auftritten in Leipzig – der neurechte Verleger Götz Kubitschek eingeladen, was ein deutlicher Fingerzeig sein dürfte, wohin die Bewegung strebt.
Dennoch bleiben Zweifel an der Rechtssicherheit der Absage der Leipziger Legida-Demonstration. Sollte, was zu erwarten ist, Veranstalter Silvio Rösler und sein Anwalt in Widerspruch gehen, wird der Nachweis zu führen sein, inwieweit die Geschehnisse um die bisherigen Demonstrationen die derzeitige Lageeinschätzung des Innenministeriums rechtfertigen. Dabei könnte sich das vorherige Beharren auf einen „Spaziergang“ durch die Leipziger Organisatoren gegen sie wenden. Im Gegensatz zu einer stationären Kundgebung, bei welcher es am 30. Januar gewaltfrei blieb, hatte es aus dem Demonstrationszug am 21. Januar heraus Übergriffe auf Journalisten gegeben.
Allgemein gilt, dass eine stationäre Kundgebung leichter abzusichern ist als ein Demonstrationszug in Bewegung. Legida hatte vor der Untersagung vom heutigen Tage gegen die polizeiliche Empfehlung die Route vom Augustusplatz über den Georgiring bis zum Willi-Brandt-Platz und auf der gleichen Strecke wieder zurück zum Augustusplatz zugewiesen bekommen. Und angedeutet, noch mehr Raum für einen „Spaziergang“ erstreiten zu wollen. Zur Stunde (Stand 17 Uhr) herrscht Stille auf der Facebookseite der rechten Bewegung, zur Absage hat man sich noch nicht geäußert, Antworten auf Presseanfragen lehnte Legida bereits vor Tagen öffentlich ab.
Bislang keine Absagen anderer Demonstrationen am Montag
Bislang ist nur die Legida-Demonstration für den 9. Februar abgesagt worden. Nach bisherigen Informationen finden der Rundgang über den Ring an den Kirchen der Stadt vorbei und die Kundgebung von „LEGIDA-Das Original“ statt. Auf Nachfrage teilte der Organisator Thomas (Kuno) Kumbernuß mit, er werde nun für seine prohibitionsfeindliche Bewegung erneut auf den bekannten Kundgebungsplatz vor der Oper für die „3. Vollversammlung“ bestehen. Dies wird er am Montag-Vormittag mit dem Leipziger Ordnungsamt besprechen.
Schließlich sei es nicht auszuschließen, dass die Anhänger der „Leipziger Ethanolfreunde gegen die Illegalisierung des Alkohols“ den neuen Standort auf dem Augustusplatz gegenüber der Oper am Gewandhaus nicht finden könnten. Was einen negativen Einfluss auf die Teilnehmerzahlen hätte. „Wir wollen der Presse keine Möglichkeit geben, unsere Bewegung kleinzureden. Deshalb ist der Platz vor der Oper nach der für uns irritierenden Fehlentscheidung des Ordnungsamtes vom Freitag für unsere Bewegung am 9. Februar ein Muss.“
Zu den Beauflagungen der Gegendemonstrationen hat sich die Stadt Leipzig bislang nicht geäußert. Bei NoLegida heißt es derzeit “Nach derzeitigen Stand fällt LEGIDA aus aufgrund polizeilichen Notstandes. Da der Rechtsweg aber eröffnet ist, muss das noch nichts heißen. Wir bleiben also wachsam und ihr bitte auch.”
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