Am Wochenende gab's mal wieder was zu staunen über dieses seltsame kleine Königreich Sachsen. König Stanislaw I. hatte die Welt in Bezug auf die seltsamen Spaziergänger des christlichen Abendlandes, die am Sonntag, 25. Januar, in Dresden unterwegs waren, wissen lassen, der Islam gehöre nicht zu Sachsen. Eine Anbiederung an Pegida? Oder ein alter Kurs mit neuer Floskel?

Es ist ja nicht so, dass die aktuelle Regierung in Sachsen für eine besonders ausländerfreundliche Politik bekannt ist. Auch wenn Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Wochenende gemeinsam mit anderen ostdeutschen Ministerpräsidenten für mehr Zuwanderung in den Osten warb. Aber da gibt es bei der sächsischen CDU immer so ein Aber, das nun seit über 20 Jahren mitschwingt, als gälte es – ja – das “christliche Abendland” zu verteidigen. Das, was da bei Pegida spaziert, kommt ja nicht aus dem Nichts. Es ist das Echo einer Politik, die sich auch immer wieder explizit in kultureller und religiöser Abgrenzung artikuliert.

Und so konnte sich Stanislaw Tillich gegenüber der “Welt am Sonntag” auch den völlig überflüssigen Satz nicht verkneifen: “Das bedeutet aber nicht, dass der Islam zu Sachsen gehört.”

Für Volkmar Zschocke, Vorsitzender der  Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, eine völlig sinnfreie Anbiederung an die am Sonntag in Dresden aufspazierenden Pegida-Anhänger.

“Tillichs Aussage ist so unnötig wie durchsichtig. Es ist bekannt, wie wenig Muslime in Sachsen leben. Tillich signalisiert den Pegida-Demonstranten sein Verständnis, sie werden dies als Bestätigung ihrer Vorurteile verstehen. Seine Aussagen dürften sich bald auf ihren Plakaten wiederfinden. Eine unnötige Verbeugung vor Pegida”, kritisierte Zschocke die Aussage des sächsischen Ministerpräsidenten. “Das Signal von Tillich richtet sich natürlich auch an die CDU-Basis. Vorbehalte gegen die Aufnahme von Asylsuchenden und gegen den Islam sowie Zustimmung zu Pegida sind dort leider weit verbreitet. Diese gemeinsamen Schnittmengen mit Teilen der sächsischen CDU gehören zu den Gründen, weshalb der Zuspruch zu Pegida hier so hoch ist.”

“Was zu Sachsen gehört oder nicht, entscheidet glücklicherweise nicht der amtierende CDU-Ministerpräsident. Dass Herr Tillich sich ausgerechnet in dieser für den gesellschaftlichen Frieden wichtigen Frage in Distanz zu Kanzlerin Merkel begibt, bedauere ich”, äußert sich Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, zu diesem Vorfall. “Wo es Muslime gibt, gibt es Islam. Auch in Sachsen. Wer etwas anderes behauptet, bedient die Feinde der offenen Gesellschaft, die im Organisationsteam an der Spitze der PEGIDA-Bewegung stehen. Es käme ja auch kein Laizist auf die Idee zu sagen: Christen dürfen zwar ihre Religion ausüben, aber Christentum gibt es hier nicht. Herr Tillich beschleunigt mit seiner Wortmeldung den Rechtsdrall der sächsischen CDU und bestätigt damit einmal mehr, dass die Politik der CDU Sachsen eine der Ursachen von PEGIDA und diese Partei im Freistaat Bestandteil des Problems und nicht der Lösung ist.”

Denn Pegida ist ja keine Frucht von einem fremden Baum. Hier hat sich einiges an Ressentiments angesammelt, die im Leben und Sprachgebrauch der sächsischen CDU immer wieder hör- und sichtbar wurden. Für die Grünen sieht Manches in der jüngeren sächsischen Entwicklung schon wieder erschreckend nach einer Stimmung aus, wie sie 1991 für dramatische Schlagzeilen sorgte.

Deswegen hat die Grünen-Fraktion jetzt im Sächsischen Landtag einen Antrag vorgelegt, der verlangt, dass sich die Staatsregierung entschieden gegen jegliche rassistische, antisemitische und sonstige diskriminierende Hetze von PEGIDA und ähnlichen Vereinigungen stellt. Der Antrag steht am Mittwochabend, 28. Januar, auf der Tagesordnung des Sächsischen Landtags (TOP 13).

Eine Stellungnahme hat Innenminister Markus Ulbig (CDU) auch vorgelegt. Er sieht keine Bedrohung von den immer offener islamfeindlich und rassistisch auftretenden Personen im Land.

“Innenministers Markus Ulbig (CDU) zeigt in seiner Stellungnahme zum Antrag, dass er die Lage im Freistaat falsch einschätzt. Die bedrohliche Stimmung offenbart sich in den rechtspopulistischen Bewegungen PEGIDA und LEGIDA, in massivem Bürgerwiderstand gegen die Eröffnung von Asylbewerberunterkünften, in Angriffen auf Unterkünfte von Flüchtlingen und auf Flüchtlinge selbst und in Gewaltandrohungen gegenüber Betreibern von Asylbewerberunterkünften”, erklärt Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin und Rechtsextremismusexpertin der Fraktion.

“Die Ereignisse von Hoyerswerda 1991 dürfen sich nicht wiederholen”, fordert Zais. “Doch wer vor der Ursache der drohenden Gewalt die Augen verschließt, kann ihr nicht entschlossen und mit der nötigen Klarheit entgegentreten. Das Problem in Sachsen besteht im Alltagsrassismus, der gerade nicht ausschließlich von Nazis ausgeht, sondern der in der Mitte der Gesellschaft, mitunter selbst in staatlichen Behörden, fest verankert ist. Die moralischen Bedenken einiger Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Ablehnung von Asylbewerberheimen, der Sorge um den Preisverfall von Grundstücken, die sich in der Nähe von Asylunterkünften befinden, dem Vortäuschen von Straftaten, die von Flüchtlingen begangen worden sein sollen, um das Bild des kriminellen Ausländers zu transportieren sowie dem Kundtun rassistischer Ressentiments sind gleich Null. Wer, wie der Innenminister Rassismus einzig bei Extremisten verortet, hat im Kampf dagegen schon verloren.”

Und da, wo fachliches Handeln gefragt ist, wenn nämlich sichere Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber in Sachsens Kommunen geschaffen werden sollen, da redet der Innenminister um den heißen Brei herum. Im Jahr 2014 wurden 44 politisch motivierte Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte bekannt. Seit 2013 hat sich die Zahl verdreifacht.

“Auf die Frage, mit welchen Sicherheitskonzepten die Staatsregierung auf diskriminierende unter Umständen auch gewalttätige Übergriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund, Muslime, Menschen mit sorbischer Volkszugehörigkeit reagiert, hat der Innenminister Markus Ulbig (CDU) keine Antwort (Stellungnahme zu Pkt. I.4. des Antrags). Das ist absolut fahrlässig. Außerdem ist Ulbig der Ansicht, dass es ‘bisher keine Anhaltspunkte dafür’ gibt, ‘dass von den Versammlungen Übergriffe ausgehen könnten’. Das Gegenteil beweist der Überfall auf eine Migrantin am 22.12.2014 in der Dresdner Centrum Galerie durch PEGIDA-Teilnehmer.”

Downloads:

Grünen-Antrag ‘Entschlossen und effektiv gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen – Die Ereignisse von Hoyerswerda 1991 dürfen sich nicht wiederholen’ (Drs. 6/430)

Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag ‘Entschlossen und effektiv gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen – Die Ereignisse von Hoyerswerda 1991 dürfen sich nicht wiederholen’ (Drs. 6/430)

Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte in Sachsen. Kleine Anfrage der Linke-Angeordneten Juliane Nagel

Kleine Anfrage ‘Überfall auf Migranten auf PEGIDA-Demo’ (Drs 6/575, Valentin Lippmann, GRÜNE)

Kleine Anfrage ‘Ausländerfeindliche Äußerungen durch Polizeibedienstete’ (Drs 6/238, Valentin Lippmann, GRÜNE)

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Und so konnte sich Stanislaw Tillich gegenüber der “Welt am Sonntag” auch den völlig überflüssigen Satz nicht verkneifen: “Das bedeutet aber nicht, dass der Islam zu Sachsen gehört.” Für Volkmar Zschocke, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, eine völlig sinnfreie Anbiederung an die am Sonntag in Dresden aufspazierenden Pegida-Anhänger.

Ob Herr Zschocke nun richtig liegt oder nicht, will ich gar nicht beurteilen. Besonders ich wäre sehr erfreut, wenn sich die Grünen, eingeschlossen Herrn Zschocke, mit den gleichen Eifer dafür einsetzen, dass es endlich zu einer Reform der kommunalen Finanzkontrolle – mindestens in Sachsen – kommt. Auch die Grünen stellen (gegenwärtig verstärkt – siehe u.a. Leipzig ) Forderungen, die letztlich alle Geld kosten. Aber auf den Gedanken zu kommen, dass es gar keine ordnungsgemäße Kontrolle der Steuergelder gibt, weil die Strukturen das gar nicht gewährleisten, dazu hat es bisher noch nicht gereicht! Auch das muss einmal geschrieben werden!!!

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