Fühlen sich die Leser der "Freien Presse" eigentlich noch veralbert, wenn sie Interviews mit Sachsens Finanzminister lesen? Oder blättern sie das einfach weg? - Am 5. Dezember veröffentlichte die Tageszeitung aus Chemnitz wieder so ein Interview, mit dem Finanzminister Georg Unland (CDU) schon einmal die Melodie anstimmte für die Finanzdiskussionen in Regierung und Landtag: Natürlich wird alles viel schlimmer. - Nur die Grünen haben von dieser Schwarzmalerei die Nase voll.
Sie verfügen auch über deutlich weniger Informationen als die Regierungsfraktionen, denn Finanzminister Georg Unland hat die regionalisierte Steuerschätzung noch nicht vorgelegt. Das hätte er schon vor einem Monat tun können. Danach hatte auch die “Freie Presse” gefragt. Aber weil CDU und SPD noch nicht fertig waren mit der Regierungsbildung, habe er sich zurückgehalten, sagt Unland im Interview.
Dennoch machte er im Interview mit der Freien Presse schon erste Aussagen, wie sich die nach unten korrigierte Steuerschätzung im sächsischen Doppelhaushalt niederschlagen wird. Dabei räumte er ein, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so stark steigen werden, wie noch im Mai geschätzt. Für die Jahre 2015/16 könnte nach seinen Worten “ein Griff in die Rücklage” erforderlich sein.
Franziska Schubert, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, mahnt daher an, die Informationslage zeitnah transparent zu machen. “Ein guter Zeitpunkt wäre die erste Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am kommenden Mittwoch.”
Den “Griff in die Rücklage” hatte Unland schon für 2014 angekündigt – und dann passierte das, was auch in den Vorjahren jedes Mal passiert war: Die Steuereinnahmen übertrafen deutlich die Prognosen des sächsischen Finanzministers. Am Jahresende werden es wohl wieder 400 Millionen Euro mehr sein, die so gar nicht im Haushalt geplant waren. Dass es 2015 weniger werden, hat Unland dann auch so nicht gesagt. Nur dass der Zuwachs an Steuereinnahmen etwas geringer ausfallen könnte als noch im Mai geplant.
Es trifft auch nicht zu, was die “Freie Presse” in ihrer Frage suggeriert hat: “Nach unseren Informationen werden 2015/16 zusammen etwa 200 Millionen Euro wegfallen.”
Basis für die Prognosen des sächsischen Finanzministers sind die regelmäßigen Steuerschätzungen des Arbeitskreises Steuerschätzungen beim Bundesfinanzministerium. Das hatte am 6. November mitgeteilt, dass die Steuereinnahmen bis 2019 nicht ganz so stark steigen werden wie noch im Mai angenommen. Grund dafür ist die seither etwas verhaltenere wirtschaftliche Entwicklung. Sie werden nach der neuesten Prognose nur noch von “640,9 Mrd. Euro im Jahr 2014 auf rund 760,3 Mrd. Euro im Jahr 2019” steigen.
Für Sachsen unterstellt zumindest die “Freie Presse” nach dem, was sie gehört hat, 2015 und 2016 rund 100 Millionen Euro weniger im Jahr – weniger als prognostiziert. Tatsächlich wird es aber trotzdem einen Zuwachs an Steuereinnahmen geben, auch wenn Unland solche Worte ungern in den Mund nimmt und bestätigt der “Freien Presse” lieber, dass die regierende CDU weiter an ihrem wahnwitzigen Personal-Abbau-Programm festhalten will. Seine Worte: “Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Bevölkerung nicht weiter schrumpfen wird. Und deshalb muss auch die Verwaltung kleiner werden. Anders wird der Staat nicht finanzierbar sein.”
Jeder Blick in die Bevölkerungsstatistik zeigt: Die Anzeichen sind unübersehbar. 2013 ist der Rückgang der Bevölkerung auf knapp 4.100 Personen geschrumpft: Das sind – jeder kann ja selber nachrechnen – 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Tendenz seit Jahren: weiter sinkend. Im Gegenteil: Sachsen hat mittlerweile eine sehr stabile Bevölkerung und auch sehr stabile Steuereinnahmen. Der Freistaat braucht keine Haushalte aufzulegen, in denen Teile des Programms nicht finanziert sind oder gar über einen Griff in die Haushaltsrücklage aufgefangen werden müssen. Auch nicht bei den 10 Aufgaben, die CDU und SPD nun als prioritär definiert haben.
“Der Griff in die Haushaltsrücklage verbietet sich bei Dauerausgaben. Beim 10-Punkte-Katalog an prioritären Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag geht es aber zumeist um Aufgaben, die Jahr für Jahr finanziert werden müssen. Ich erwarte, dass in den Ministerien Vorschläge erarbeitet werden, welche Dauerausgaben in Zukunft zurückgefahren werden können, um die neuen zu bezahlen”, so die Abgeordnete. “Aus der Rücklage dürfen nur zeitlich begrenzte Investitionen bezahlt werden: Alles andere ist unsolide. Die Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern lassen sich daraus leider nicht finanzieren.”
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Aber genau für diesen hohen Bedarf an Lehrern, Polizisten, demnächst auch Justizbeamten – kündigt Unland die bekannten Daumenschrauben an. Das Stichwort der “Freien Presse”: “Wir freuen uns schon auf das koalitionsinterne Feilschen ums neue Personalentwicklungskonzept im öffentlichen Dienst.”
Unlands Antwort: “Das wird ein Stück Arbeit werden, das ist richtig.”
Der Finanzminister hat also, wie es anklingt, dieselbe Machtposition wie in der alten Regierung. Und das Gefeilsche um jeden einzelnen einzustellenden Lehrer geht weiter.
“Wir Grüne fordern seit Langem mehr Lehrkräfte und Polizisten: Nun werden wir sorgsam darauf achten, dass sich die Regierungskoalition an ihre Versprechen hält und die Prioritätenliste in den nächsten fünf Jahren auch umsetzt”, sagt Franziska Schubert.
Das Interview mit Georg Unland in der “Freien Presse”: www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Wir-hatten-einfach-Glueck-artikel9054928.php
Die Zahlen des Arbeitskreises Steuerschätzungen vom 6. November: www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2014/11/2014-11-06-PM46-steuerschaetzung.html
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