Zur Medienberichterstattung der "Sächsischen Zeitung" vom 14. Oktober über die erneute Entlassung eines dringend Tatverdächtigen aus der Untersuchungshaft wegen überlanger Verfahrensdauer, erklärt Marko Schiemann, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion: "Alle Strafverfahren müssen künftig so durchgeführt werden, dass Tatverdächtige nicht länger wegen überlanger Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen." Ein echtes CDU-Thema. Oder doch ein unechtes?

Denn dass Gerichtsverfahren in Sachsen oft viel zu lange dauern, hat natürlich mit der Personalsituation in Sachsens Gerichten zu tun. Erst im Juli hatte auch der scheidende Justizminister Jürgen Martens (FDP) öffentlich festgestellt, dass die Personalkürzungen die Ausstattung der sächsischen Gerichte vielerorts prekär ist. Um neu einzustellende Richter musste er genauso ringen wie die Kultusministerin um Lehrer. Zwar hat die Staatsregierung seit 2010 ein gewaltiges Personalkürzungsprogramm in allen Ressorts eingeleitet und überall mit dickem Faserschreiber draufgeschrieben, man wolle eine Anpassung an die Standards westdeutsche Bundesländer erreichen.

Doch diese Standards wurden seither nicht einmal konkretisiert. In sämtlichen Ministerien fehlen wirklich nachvollziehbare Personalpläne. Der Sächsische Rechnungshof hat das am Montag, 13. Oktober, für das Kultusministerium kritisiert. Aber für das Justizministerium gilt das genauso.

Die Sächsische Zeitung hat am Dienstag, 14. Oktober, nun berichtet, dass das Oberlandesgericht Dresden den Haftbefehl gegen einen Angeklagten trotz Fluchtgefahr aufgehoben hat. Grund ist die überlange Verfahrensdauer.

Doch dass Personalmangel der Grund ist, hat Marko Schiemann zwar auch erkannt, er bringt es nur irgendwie nicht mit der Politik seiner eigenen Partei in Verbindung: “Es ist nicht hinnehmbar, dass dringend Tatverdächtige wegen Überlastung der Gerichte auf freien Fuß gesetzt werden. Das erwarten nicht nur die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen völlig zu Recht, sondern ist für die CDU ein zentrales Anliegen zur Gewährleistung der inneren Sicherheit im Freistaat.”

Und dann stellt er Dinge fest, die bislang eher als Kritik von Opposition und Gewerkschaften zu hören waren: “Hierfür bedarf es neben einer funktionierenden Polizei auch einer starken und leistungsfähigen Justiz. Deshalb muss die dauerhafte Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften ein wesentlicher Punkt der künftigen Rechts- und Justizpolitik im Freistaat sein. Jedoch ist auch die Justiz im Rahmen des Möglichen gefordert, flexibel zu reagieren und geeignete Maßnahmen zur Beschleunigung von Strafverfahren zu treffen.”

Ist das nun eine Forderung an die eigene Fraktion und ein Vorzeichen einer anderen, endlich realistischen Personalplanung? Zu hoffen wäre es. Auch dass Schiemann in den eigenen Reihen Gehör findet. Denn wenn das nicht der Fall ist, wird sein Weckruf zur Luftblase. Und es werden noch ganz andere Tatverdächtige freigesetzt werden, weil Sachsens Richter mit Arbeit zugeschüttet sind, wie sie ein 4-Millionen-Land nun einmal mit sich bringt.

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