Etliche Probleme, die sächsische Kommunen und ihre Kommunalunternehmen in den letzten Jahren bekamen, haben direkt mit der sächsischen Sparpolitik zu tun. Ein eigenes, untersetztes Kapitel zu einer besseren Finanzausstattung der Kommunen findet man zwar nicht im Koalitionsvertrag von CDU und SPD - aber zumindest ein paar Ansätze.

Das beginnt bei der Krankenhausfinanzierung. Man denke nur an das Städtische Klinikum St. Georg in Leipzig, das in den letzten Jahren blindlings in die roten Zahlen lief, weil zwar alle Kosten – vom Personal bis zu den Medikamenten – stiegen, diese Kosten durch den Gesetzgeber aber nicht ersetzt wurden.

Im August kündigte dann Gesundheitsministerin Christine Clauß (CDU) ganz in Wahlkampflaune schon mal “Mehr Geld für Sachsens Krankenhäuser” an, insgesamt 252 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt für Krankenhausinvestitionen. Aber das war dann eher mal eine Blendgranate, kritisierte damals der sozialpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Dr. Dietmar Pellmann.

“Auf den ersten Blick scheint es eine gewaltige Finanzspritze zu sein, die kurz vor den Landtagswahlen angekündigt wird. Bei genauerem Hinsehen reiht sich die Gesundheitsministerin damit aber in die schon vom Ministerpräsidenten praktizierte Beruhigungspillentaktik ein. Denn die jährlich 126 Millionen Euro reichen weder aus, die gegenwärtigen Qualitätsstandards im Krankenhausbereich zu halten noch den über Jahre durch knausrige Landespolitik verursachten Investitionsstau zu beheben”, sagte er damals.

Und weiter: “Die Krankenhausgesellschaft Sachsens geht von einem jährlichen Investitionsbedarf von 250 Millionen Euro aus, der auf Grund der Gesetzeslage allein durch Landeszuweisungen gedeckt werden müsste. Damit deckt das Angebot der Gesundheitsministerin gerade einmal die Hälfte des auch von neutralen Experten bestätigten Investitionsbedarfs der 80 sächsischen Krankenhäuser. Aus unserer Sicht wären in den nächsten beiden Jahren jeweils mindestens 200 Millionen Euro an Landeszuweisungen notwendig, wenn man unterstellt, dass die Krankenhausgesellschaft mit ihrer Bedarfsmeldung sicher an der oberen Grenze liegt.”

Die SPD hat in den Koalitionsverhandlungen die Forderung der Linken nach einer besseren Krankenhausfinanzierung ebenfalls mit aufgenommen. Die Sache ist ab Seite 55 im Koalitionsvertrag nachzulesen. Hier ein paar Stellen:

“Durch das Auslaufen des Artikels 14 des Gesundheitsstrukturgesetzes bedarf es neuer Finanzierungsformen für die sächsischen Krankenhäuser. Die Pauschalförderung soll gestärkt werden. Ferner wollen wir auch weiterhin gezielt Maßnahmen, die der Weiterentwicklung von Strukturen dienen, im Rahmen der Einzelförderung unterstützen. Das Sächsische Krankenhausgesetz werden wir modernisieren und Qualitätskriterien für die Krankenhausplanung berücksichtigen.”

Und auch eine Kritik der betroffenen Verbände und Ausbildungseinrichtungen zur Ausbildung von Pflegekräften hat man aufgenommen. Es gehe einfach nicht, das dringend benötigte Pflegekräfte ihre Ausbildung aus eigener Tasche bezahlen sollen. Die Stelle dazu:

“In Sachsen gibt es einen hohen Bedarf an Pflegekräften. Deshalb werden wir das Schulgeld für Pflegeschülerinnen und Pflegeschüler in der Altenpflege mit Beginn des Schuljahres 2015/2016, zunächst für die kommenden fünf Jahre, abschaffen.”Und seit Jahren ein auch für die SPD ärgerliches Thema ist die Anpreisung Sachsens als Niedriglohnland. Selbst der scheidende Wirtschaftsminister bewarb den Freistaat als ein Land mit denkbar niedrigen Bezahltarifen. Dem wollen CDU und SPD jetzt zumindest gegensteuern. Nachlesbar ab Seite 63:

“Nach dem Prinzip ‘Gleicher Lohn für gleiche Arbeit’ setzen wir uns dafür ein, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit am gleichen Ort auch gleich bezahlt werden. Dies gilt genauso für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter und Festangestellte. Wir wollen die Leiharbeit zu dem zurückführen, wofür sie eigentlich gedacht ist: ein zeitlich begrenztes Mittel zur Überbrückung großer Auftragsschwankungen in Unternehmen. Wir wollen die Wirtschaftsförderung daran knüpfen, dass das geförderte Unternehmen auf eine stabile Stammbelegschaft baut und Leiharbeit und Werkverträge nur in einem verträglichen Maße einsetzt.”

Und auch das so lange schlicht vergeigte und unter reinen Abschiebe-Gesichtspunkten gehandhabte Thema Migration soll künftig andere Schwerpunkte bekommen. Denn die Asylsuchenden in Sachsen sind oft genug selbst gut ausgebildet oder haben das Zeug zur Fachkraft – und die meisten würden gern sofort arbeiten, wenn sie denn dürften. Nachlesbar ab Seite 67:

“Wir wollen eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit und im parlamentarischen Raum über das Sächsische Zuwanderungs? und Integrationskonzept. Die Ziele unserer gemeinsamen Zuwanderungs? und Integrationspolitik wollen wir durch interkulturelle Öffnung, interkulturelle Kompetenz und den interkulturellen Dialog verwirklichen. Zuwanderung und Integration gehören zusammen. Die Bildung von Parallelgesellschaften wollen wir verhindern.”

“Das Erlernen der deutschen Sprache ist der entscheidende Schlüssel für Integration und ein gelingendes Miteinander. Deshalb sollen alle Migrantinnen und Migranten Anspruch auf einen kostenlosen Sprachkurs mit mindestens Sprachniveau A2 erhalten. Wir halten es für notwendig, dass die Jobcenter und Ausländerbehörden von ihrem Recht Gebrauch machen, Migrantinnen und Migranten zur Teilnahme an Integrationskursen nach § 44a Aufenthaltsgesetz zu verpflichten. – Wir wollen mit einer Einbürgerungskampagne dafür sorgen, dass mehr berufstätige
Menschen in Sachsen die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Wir setzen uns für eine Beschleunigung der Einbürgerungsverfahren im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen ein.”

Aber nicht nur das Thema Integration, Qualifizierung und Vermittlung von Migranten, das in der bisherigen Regierungspolitik keine Rolle spielte, formt sich. Auch der demografische Wandel soll von der neuen Regierung angepackt werden. Und zwar nicht nur bei besserer Versorgung der Pflegefälle:

“Die Koalitionspartner setzen sich für die Stärkung der Unter? und Mittelzentren ein. Zur Stabilisierung des ländlichen Raumes sind diese als Wirtschafts?, Bildungs?, Arbeitsplatz? und Wohnzentren unabdingbar. Die Koalitionspartner setzen sich zudem für eine stabile und verlässliche Finanzausstattung der Kommunen im ländlichen Raum ein.”

Kommentar: Bislang hat man das liebe Pingpong gespielt – die Kreisfreien Städte gegen die Landkreise. Hier das Wachstum, dort der Schwund. Jetzt wird auch auf Regierungsebene langsam klar, dass ländliche Räume nur stabilisiert werden können, wenn die Mittel- und Unterzentren funktionieren.

Einen Teil haben wir noch, der kommt bald an dieser Stelle.

Der Koalitionsvertrag:
www.epenportal.de/web/datapool/storage/files100474/LTW_2014/Koav_CDU_SPD_2014-2019_20141023.pdf

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