Noch rund zwei Wochen, dann entscheiden die Sachsen darüber, wer für sie die nächsten fünf Jahre in den Landtag einzieht. Auch wenn viele im Urlaub sind, geht das Stochern im Nebel weiter. Zwei Zeitungen haben noch eine Wählerumfrage gemacht, die "Bild" und die "Sächsische Zeitung". Doch im Hause "Bild" fährt man nur die Sparvariante. Das Ergebnis ist dementsprechend.
500 befragte Sachsen sind einfach zu wenig für eine repräsentative Umfrage. Jede seriöse Befragung versucht, wenigstens 1.000 belastbare Datensätze von Befragten zusammen zu bekommen. Sonst sind die Abweichungen am Ende zu groß, ohne dass sichtbar wird, woran es lag: Hat man zu viele Senioren erwischt am Telefon? Zu viele Landbewohner? Zu viele Erwerbslose? Zu viele Hochqualifizierte? Zu viele Männer?
Eine belastbare Stichprobe muss groß genug sein, um tatsächlich so etwas wie einen repräsentativen Wählerquerschnitt zusammen zu bekommen. Erst dann werden Prognosen sicher. Noch belastbarer werden sie in Sachsen erst am 31. August, wenn sich ARD und ZDF wieder direkt vor die Wahllokale stellen und die Leute, die tatsächlich wählen gegangen sind, befragen.
Gerade die Befragungen, in denen die Auftraggeber das Geld nicht locker gemacht haben, um wirklich 1.000 belastbare Datensätze zu bekommen, zeigen zuweilen unerklärliche Zeigerausschläge – mal bei der CDU, die in einer LVZ-Umfrage im Januar sogar schon mal 49 Prozent vorhergesagt bekam, mal bei der Linken, die da bei 15 Prozent gehandelt wurde, mal bei der FDP, die nach der “Bild”-Umfrage wieder Licht am Horizont sieht und ein 5-Prozent-Ergebnis.
Da “Bild” und “Sächsische” aber praktisch parallel fragten, muss sich die “Bild”-Befragung natürlich an der Befragung der “Sächsischen Zeitung” messen lassen, die mit 1.003 Befragten eine doppelt so große Datenmenge zur Verfügung hatte. Das kann etwa beim CDU-Ergebnis eine Rolle spielen. “Bild” sieht die CDU bei 40, die “SZ” bei 43 Prozent. Die SPD taucht in beiden Befragungen bei 14 Prozent auf, die Linke bei 19 und 20 Prozent. Die Grünen kämen auf 6 bzw. 7 Prozent.Ist da noch Bewegung in der Wählermeinung? Möglich ist das schon, denn mittlerweile nehmen nicht nur die Grünen den neuen konservativen Bewerber AfD ernst und setzen sich öffentlich mit den Argumenten dieser Partei auseinander, die Leipzigs CDU-Kreisvorsitzender Robert Clemen als national-konservativ bezeichnet. Die nationale Komponente taucht im Wahlkampf der AfD immer wieder auf. Die konservative ist unübersehbar, wenn sie sich zu Problemen der Zeit oder der Region zu Wort meldet. Wobei der Konservatismus weit über das hinausgeht, was die CDU vertritt. Im Grunde ist die AfD eine anti-moderne Partei und brilliert immer wieder mit Lösungsvorschlägen, die weit hinter dem politischen Diskussionsstand der Gegenwart zurückbleiben.
Das mag einige Wähler ansprechen, die gern wieder so etwas hätten wie die gute alte Zeit. Aber so recht frisch wirkt das auch im sächsischen Wahlkampf nicht mehr als Debattenbeitrag. Und als Protestpotenzial? – Auch die AfD erfährt, dass die Gunst des Protestwählerpotenzials immer flüchtiger wird. Im Januar begann der Höhenflug der AfD in den Wählerumfragen, schnellte die für den Europawahlkampf aus dem Boden gestampfte Alternative für Deutschland (AfD) von 6 auf 7 und 8 Prozent. Aber seit Juli weist die Kurve eher nach unten, folgten auf 7 erst 6, jetzt in der Umfrage der “Sächsischen Zeitung” erstmals wieder 5 Prozent.
Möglich, dass sich dann einige konservative Wähler doch wieder lieber für das Original CDU entscheiden. Was dann, wenn die AfD genauso wie FDP und NPD an der 5-Prozent-Hürde scheitern würde, ein Novum in der jüngeren sächsischen Geschichte ergeben würde: eine Mehrheit der CDU im Landtag, auch wenn es nur ein Wahlergebnis von 43 Prozent für die CDU geben würde. Denn Linke, SPD und Grüne kämen bislang erst auf 41 Prozent. Andererseits sieht auch das wie ein Kopf-an-Kopf-Rennen aus.
Da lohnt es sich für manche Partei und manchen Kandidaten noch, ihre Wähler zu mobilisieren.
Keine Kommentare bisher