Stelldichein auf dem Augustusplatz, 26. August, fünf Tage vor der Wahl: Die Grünen sind mit ihrer Bundesvorsitzenden Simone Peter da, auch die Grünen-Spitzenkandidaten zur Landtagswahl sind gekommen, Volkmar Zschocke und Claudia Maicher, und die CDU hat Stanislaw Tillich, ihren Spitzenkandidaten, entsandt. Er schwingt die Schaufel, der Schlot qualmt.
Der Nieselregen kann dem Feuerchen keinen Abbruch tun. Die Brennvorräte sind gut gefüllt: Briketts aus sächsischer Braunkohle und ein paar Dörfer. Auch das Dorf Pödelwitz aus dem Leipziger Südraum steht zum Verfeuern bereit. Die Mibrag hat es auf ihre Abbaggerliste gesetzt.
Aber was ist das eigentlich: Ein Test für Schwarz-Grün, wie ihn just am Dienstag, 26. August, “Spiegel Online” im Interview mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann thematisierte?
Aber dieser Stanislaw Tillich, der da eifrig fürs Foto posiert auf Leipzigs Augustusplatz, ist natürlich nicht der richtige. Der richtige hat den jüngsten Erweiterungsplänen für den Kohleabbau in der Lausitz zumindest nicht widersprochen. Als die Genehmigung für Nochten im Landtag abgestimmt wurde, so wird erzählt, verließ er den Saal. Was am Ergebnis nichts ändert. Sachsens aktuelle Regierung ist auf Braunkohleabbau gepolt, der ein oder andere Minister schwärmt auch gern von der unvergleichlichen Billigkeit der heimischen Kohle.
Aber das kann nur sagen, wer mit Scheuklappen durch die Welt läuft: Kein Brennstoff wird in Deutschland so reichlich subventioniert wie die Kohle. Die Arbeitsplätze sind längst nur noch zu halten, weil jedes Jahr Millionen in den Kohlebergbau fließen.
“Die hoch subventionierte Braunkohle sichert auch keine Arbeitsplätze sondern verhindert den Ausbau von Erneuerbaren Energien, die wiederum Arbeitsplätze schaffen könnten”, stellt Jürgen Kasek fest, der Vorsitzende der Grünen in Leipzig und ebenfalls Direktkandidat für die Landtagswahl. “Braunkohle ist der fossile Energieträger mit den höchsten klimaschädlichen CO2 Emissionen. Die spezifischen Klimafolgekosten sind daher am höchsten. Braunkohle ist zudem einer der am höchsten subventionierten Wirtschaftsbereiche überhaupt, wie erst das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie im Auftrag des Umweltbundesamtes herausgefunden hat. Deutschlandweit wird die Summe an direkten und indirekten Subventionen mit 960 Millionen jährlich angegeben.”
So heißt es im Gutachten: “Zu den direkten Subventionen zählen direkte Investitionszuschüsse in Millionenhöhe an die Betreiber von Braunkohlenkraftwerken für den Neubau und die Modernisierung dieser Kraftwerke und für weitere Investitionen in die Braukohlewirtschaft. Bei Umlage von einmalig erhaltenen Begünstigungen auf die betriebswirtschaftlich übliche Nutzungsdauer der jeweiligen Investitionsobjekte beträgt die Höhe der direkten Subventionen mindestens zwölf Millionen Euro jährlich. Weniger im öffentlichen Bewusstsein – aber wirtschaftlich bedeutsamer – ist der Verzicht auf die Besteuerung der Braunkohle – gleiches gilt für die Steinkohle und Uran – bei der Strom- und Wärmeerzeugung. Die Steuervergünstigungen für die Kohle führen dazu, dass Energieträger mit geringerem CO2-Gehalt – wie Heizöl und Erdgas, die tendenziell weniger zum Treibhauseffekt beitragen – benachteiligt sind.”Und das sind nur die Subventionen. Da sind die Folgekosten beim Verlust von Natur- und Kulturräumen noch gar nicht berücksichtigt.
“Allein in den bereits genehmigten sächsischen Tagebauen liegt genug Braunkohle bis 2040. Die Ausweitung von Nochten II ist energiepolitisch unnötig. In den sächsischen Orten Klein Trebendorf, Mulkwitz, Rohne und Schleife droht nun den Menschen die Vertreibung aus ihrer Heimat, allein wegen des Interesses von Kohlekonzernen”, erklärte Volkmar Zschocke im Zusammenhang mit der Antikohlekette am 23. August in der Lausitz. “Es ist gut, dass mit der gestern eingereichten Klage gegen Nochten II überprüft wird, ob die Tagebaugenehmigung der Staatsregierung rechtens ist. Das Bundesverfassungsgericht hat im Garzweiler II-Urteil (NRW) deutlich gemacht, dass die energiepolitischen Ziele für die Kohleverstromung mit den Grundrechten der betroffenen Bewohner in jedem einzelnen Fall der Enteignung gründlich abgewogen werden müssen. – Wir Grüne wollen die Lausitz und den Leipziger Südraum mit einem Braunkohleausstiegsplan für Sachsen aus der energiepolitischen Sackgasse, in die sie die Staatsregierung geführt hat, herausführen.”
Ist natürlich die Frage: Wäre so etwas mit einer CDU als Regierungspartner überhaupt umsetzbar? Wären die Grünen stark genug, das auch in einem Koalitionsvertrag hieb- und stichfest zu verankern und umzusetzen?
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“Gerade am Wochenende bei der Antikohlekette haben mehr als 7.500 Menschen ein Zeichen gegen Braunkohle und die Zerstörung ihrer Heimat gesetzt. Es wird Zeit, dass auch die sächsische Landesregierung begreift, dass Braunkohle keine zukunftsfähige Energie ist”, spricht Jürgen Kasek seine Hoffnung aus. “Dass im 21. Jahrhundert immer noch Menschen vertrieben werden und die Natur in diesen Ausmaßen zerstört wird ist ein untragbarer Zustand. Kohle hat keine Zukunft. Dass dabei ausgerechnet, die sich sonst so heimatverbunden gebende CDU, genau diese Heimat zerstört, Kultur vernichtet und die Schöpfung zerstört, zeigt das die CDU eine Partei ohne Wertfundament ist und das christlich im Namen lediglich ein schmückender aber inhaltsleerer Beisatz ist.”
Ist das schon eine Antwort auf die Frage Schwarz/Grün?
Zumindest war die Botschaft auf dem Augustusplatz deutlich, wo die Grünen den CDU-Spitzenkandidaten schippen ließen, gleich mal ein ganzes Haus auf der Schippe und ab in den Ofen, der düsteren, schwarzen Qualm über den Augustusplatz aufsteigen ließ.
Die Studie für das Bundesumweltamt findet man hier.
Der Kretschmann-Einwurf zu Schwarz/Grün in Sachsen: www.spiegel.de/politik/deutschland/ministerpraesident-kretschmann-plaediert-fuer-schwarz-gruene-koalition-in-sachsen-a-987919.html
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