Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet in der Ausgabe Nummer 24 vom 7. Juni 2014 in dem Artikel "Fundstück im Pappkarton" über mögliche Querverbindungen in dem Dresdner Mordfall an den Brüdern Sven und Michael Silbermann zum sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrund" bzw. zu den beiden rechtsextremen Attentätern Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe.

Dass dieser Mordfall durch die Sächsische Staatsregierung zur neuerlichen Überprüfung auf eine mögliche rechtsextreme Tatmotivation an das Bundeskriminalamt gemeldet wurde, wurde im Januar 2014 durch die Kleine Anfrage (Drs 5/13323) “Überprüfung von Altfällen auf politisch rechte Tatmotivation oder Bezug zum ‘Nationalsozialistischen Untergrund'” des Grüne-Landtagsabgeordneten Miro Jennerjahn bekannt. Sven und Michael Silbermann waren im November 1995 mit Merkmalen brutaler körperlicher Gewalteinwirkung tot aufgefunden worden.

“Der Spiegel-Artikel deutet an, dass ein oder mehrere Mitglieder des später als ‘Nationalsozialistischer Untergrund’ bezeichneten Trios Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe Kenntnis über diese Mordfälle hatten oder sogar tiefer in diese verstrickt waren”, merkt Miro Jennerjahn an. “Wieder einmal werden solch brisante Informationen durch Medienberichte bekannt statt durch Erklärung des Innenministers Markus Ulbig (CDU). Innenminister Markus Ulbig muss schnellstmöglich erklären, ob die in dem Spiegel-Bericht genannten Informationen der Wahrheit entsprechen. Ich erwarte Aufklärung darüber, seit wann sächsische Behörden und der Innenminister selbst Kenntnis davon hatten.”

Die Antwort, die Markus Ulbig im Januar gab, klingt eher so, als sei das Sächsische Innenministerium ganz froh, solche verdächtigen Fälle an das Bundeskriminalamt abgeben zu können. Die Frage ist natürlich, wie viel die sächsischen Ermittler selbst über den Doppelmord von 1995 herausbekommen haben. War es wirklich nur der Verdacht, die Fälle könnten dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sein? Oder hatte spätestens die AG Fallanalyse schon Hinweise auf Verbindungen zu den drei Thüringer Extremisten, die wenig später in Sachsen untergetaucht sind?

“Weshalb hat der Innenminister nicht bereits auf meine Kleinen Anfrage ‘Überprüfung von Altfällen auf politisch rechte Tatmotivation oder Bezug zum ‘Nationalsozialistischen Untergrund” darüber informiert? Es steht der Verdacht im Raum, dass Innenminister Ulbig die Kleine Anfrage nicht vollständig beantwortet hat”, mutmaßt nun Jennerjahn, der schon im Februar von einer Salami-Taktik in der Informationspolitik des Innenministers sprach. “Ich habe den Spiegel-Artikel zum Anlass genommen, um eine neuerliche Anfrage an die Sächsische Staatsregierung zu stellen, in der ich Antwort auf diese offenen Fragen erwarte.”

In seiner neuen Anfrage formuliert er nun:

1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über mögliche Verbindungen der beiden Mordopfer zu Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und/oder Beate Zschäpe und zu welchem Zeitpunkt lagen diese vor?

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2. Laut Informationen des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel”, lagen bereits nach den Mordtaten an Sven und Michael Silbermann Spuren vor, die ins Neonazi-Milieu führten. Die Ermittlungen der Polizei hätten sich jedoch schon bald auf Drogen- und Waffengeschäfte, einen möglichen Streit im Rotlichtmilieu und Verbindungen zur algerischen Mafia konzentriert. Welche konkreten Ermittlungsansätze wurden nach den Mordtaten 1995 verfolgt und weshalb konnte nicht schon zum damaligen Zeitpunkt ein rechtsextremistisches Tatmotiv erkannt werden?

3. Welche Erkenntnisse hatten Ermittler der sächsischen Polizei seit wann darüber, dass sich in den sichergestellten Unterlagen der im Januar 1998 in Jena durchsuchten Garagen von Bönhardt, Mundlos und Zschäpe auch ein Zeitungsartikel über die Morde an Sven und Michael Silbermann befand und welche Schlussfolgerungen haben die Ermittler der sächsischen Polizei daraus gezogen?

4. Hat Sven Silbermann vor seinem Tod mit der sächsischen Polizei oder dem sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz zusammengearbeitet und falls ja mit welchen Behörden geschah dies wann und in welcher konkreten Form?

5. Aus welchen Gründen hat die Staatsregierung nicht schon in Beantwortung der Kleinen Anfrage 5/13323 über mögliche Verbindungen der nun neuerlich überprüften ungeklärten Mordfälle zum so genannten “Nationalsozialistischen Untergrund” bzw. zu Uwe Bönhardt, Uwe Mundlos und/oder Beate Zschäpe informiert?
Die Kleine Anfrage von Miro Jennerjahn vom 11.12.2013 als PDF zum download.

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