Der kommende Landtagswahlkampf hat sich längst in den gerade absolvierten Kommunalwahlkampf gemischt. Beide Regierungsparteien versuchen dem Volke seit Monaten zu erklären, welche Erfolge sie da in den fünf Jahren Regieren errungen haben. Am 16. April verkündete das FDP-geführte Verkehrsministerium: "Der Zustand der sächsischen Bundesstraßen hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert."

Staatsminister Sven Morlok setzte noch eins drauf: “Unser Schwerpunkt für den Erhalt der Straßen zeigt erste Wirkung. Der Gesamtwert der sächsischen Bundesstraßen mit dem Zustand ?sehr gut? bis ?gut? hat sich deutlich von 36,3 Prozent auf 56,7 Prozent verbessert.”

Das ist höchstens die halbe Wahrheit, sagte sich Eva Jähnigen, die als Abgeordnete für die Grünen das Thema seit Jahren beackert. “Was er vergaß zu erwähnen: Der Zustand der sächsischen Staatsstraßen (Netzlänge 4.792 Kilometer) hat sich in den letzten Jahren noch einmal verschlechtert.”

Das geht nun wieder aus der aktuellen Antwort des Wirtschaftsministers an Eva Jähnigen hervor.

Laut Ministerium befinden sich 37 Prozent der Bundesstraßen (Netzlänge 2.368 Kilometer) im Freistaat in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand (2005: 41 Prozent). Bei den Staatsstraßen liegt dieser Wert bei mehr als 63 Prozent. Hier hat sich die Zahl seit 2005 um weitere vier Prozentpunkte verschlechtert, stellt die Abgeordnete fest.
Und das trifft auch auf die Region Leipzig zu. 44 Prozent – also 316,4 von 712,089 Kilometer Staatsstraßen in Leipzig und den beiden Landkreisen hatten 2013 nur noch einen Zustand im Bereich 4,5 bis 5, weitere 18,7 Prozent (134,5 Kilometer) kamen auf eine Zustandsnote zwischen 3,5 und 4,5. Was im Klartext heißt – um einmal Sven Morlok selbst zu zitieren – 62,7 Prozent der Sächsischen Staatsstraßen in Westsachsen waren “in einem desaströsen Zustand”. Bei den 579,4 Kilometer Bundesstraße waren im Jahr 2012 immerhin nur 18,3 Prozent im Notenbereich 4,5 bis 5, weitere 14,2 Prozent im Bereich 3,5 bis 4,5.

Gerade die Sächsischen Staatsstraßen haben unter der Amtszeit Sven Morloks also besonders massiv gelitten.

“Minister Morlok hat Schwierigkeiten mit der Wahrheit. Denn er hat es versäumt, die marode Straßeninfrastruktur in Sachsen bedarfsgerecht zu sanieren und instand zu halten”, kritisiert Eva Jähnigen, die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag ist. “Stattdessen wurde Geld in deutlich überdimensionierten Neubauten verschwendet, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie der TU Dresden im Auftrag der Grünen-Fraktion nachweist.”

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Pikanterweise hatte Morlok als Oppositionsabgeordneter 2009 zum selben Thema eine Kleine Anfrage eingereicht und eine Pressemitteilung versandt. Damals kam der FDP-Abgeordnete zu dem Schluss: “Der Zustand sächsischer Straßen ist desaströs. Reichlich 40 Prozent der Bundesstraßen und deutlich über die Hälfte der Staatsstraßen in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand – das ist ein Armutszeugnis für die Verkehrsinfrastrukturpolitik der Staatsregierung. Wer Sachsens Straßen befährt, wird von den Zahlen nicht überrascht sein. Jetzt wird es Zeit, dass auch endlich die Staatsregierung das Alarmzeichen wahrnimmt. Wir brauchen für sächsische Straßen eine Investitionsoffensive. Mit dem Ausbessern von ein paar Schlaglöchern hier und dort ist es längst nicht getan.”

“Offensichtlich hat Herr Morlok mit der Übernahme des Ministeramtes die eigenen Forderungen schnell vergessen. CDU und FDP hatten fünf Jahre Zeit den Straßenzustand zu verbessern. Dass die Staatsstraßen in einem schlechteren Zustand sind als 2009, ist jetzt Morloks Armutszeugnis”, zieht Jähnigen Bilanz.

Tatsächlich hat Sven Morlok das Amt des Sächsischen Verkehrsministers zu einem Zeitpunkt übernommen, ab dem der Neubau schon aus Kostengründen drastisch hätte reduziert werden müssen. Das verbaute Geld hätte zum größten Teil in die Sanierung der vorhandenen Straßensubstanz fließen müssen. Genau das ist nicht passiert.

Die Kleine Anfrage als PDF zum download.

Pressemitteilung Sven Morlok FDP Fraktion Januar 2009: www.fdp-fraktion-sachsen.de/online/fdp/fdp-fraktion.nsf/News.xsp?id=1A8F744D14C53F1FC125783400412AA5

Gutachten der Fakultät Verkehrswissenschaften “Friedrich List” Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der TU Dresden im Auftrag der Grünen-Landtagsfraktion “Verkehrsprognosen in Sachsen: Vergleich der Prognosen und der IST-Entwicklung bei Sachsens Straßenbauprojekten”: www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Verkehrsprognose_TU-DD_2014_04_14_neu.pdf

Die Kleine Anfrage Eva Jähnigen “Gesamtzustand der Staats- und Bundesstraßen im Freistaat Sachsen” als PDF zum Download.

Das bunte Notenbild, das Sven Morlok am 16. April veröffentlichte als PDF zum Download.

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